Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → KRANKHEIT

MELDUNG/057: Versorgungssituation bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht optimal (DCCV)


DCCV, Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung, e.V. - 13.09.2011

Versorgungssituation von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa-Betroffenen noch nicht optimal


Kiel / Berlin - Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind keine seltenen Erkrankungen: Mehr als 320.000 Menschen, das sind etwa 0,4 Prozent der deutschen Bevölkerung, sind hierzulande betroffen. Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind nicht heilbar und charakterisiert durch Krankheitsschübe mit zum Teil schweren Verläufen. Da sie meist bei jungen Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren zum ersten Mal auftreten und erheblich in die Lebensplanung, Berufsausübung und Entwicklungsmöglichkeiten der Betroffenen eingreifen, haben Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auch eine nicht zu unterschätzende volkswirtschaftliche Bedeutung: Je schlechter Betroffene versorgt werden, desto häufiger brechen die Krankheiten aus und desto weniger können die Erkrankten einer geregelten Beschäftigung nachgehen. Was das für Betroffene bedeutet und welche Forderungen sich daraus ableiten lassen, ist ein Thema bei der Pressekonferenz zum Crohn & Colitis-Tag 2011, am 15. September 2011 in Leipzig.

Die harmloseren Symptome von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, die allerdings die Patienten nachhaltig in Ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können, sind Übelkeit, krampfartige Bauchschmerzen, Durchfälle und Schwäche. Die auftretenden schwereren Verläufe mit ausgeprägten Bauchschmerzen, Fieber, Blutungen aus dem Darm und Einengungen des Darmlumens, begleitet von einer ausgeprägten Entzündungsreaktion, können dazu führen, dass intensive medikamentöse Therapien auch mit stationären Aufenthalten notwendig werden und dass Erkrankten Teile des Darms entfernt werden müssen.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa begleiten Betroffene ein Leben lang, die Krankheiten sind nicht heilbar. Wer die Diagnose gestellt bekommt, ist fortan auf Medikamente angewiesen und auf mindestens einen Experten, der sich mit den Spezifika der Krankheiten auskennt. Aber: "Erhebungen des Kompetenznetzes Darmerkrankungen belegen, dass die ärztliche Betreuung dieser CED-(chronisch entzündlichen Darmerkrankungen)-Patienten nicht flächendeckend überall gleichmäßig gut gewährleistet ist.", weist Dr. Bernd Bokemeyer, niedergelassener Gastroenterologe in Minden und Vorstandsmitglied im Kompetenznetz Darmerkrankungen auf einen Versorgungsengpass hin.

Das bestätigt auch Birgit Kaltz, Vorstandsmitglied der DCCV, Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung e. V. und des Kompetenznetzes Darmerkrankungen: "Gerade in spezialisierten Praxen, Ambulanzen und Kliniken in Deutschland werden Crohn und Colitis inzwischen oft sehr gut behandelt. Aber trotzdem gilt auch für die CED-Versorgung, was für das Deutsche Gesundheitssystem insgesamt gilt: Es gibt eine deutliche Aufteilung in die Sektoren "ambulante Behandlung", "stationäre Behandlung" und "Rehabilitation". Der Wechsel von Crohn- und Colitis-Patienten zwischen den einzelnen Sektoren ist oft mit einem deutlichen Bruch der Behandlung verbunden. " Die Folge davon sind unter anderem unnötige Umstellungen in der Therapie und Doppeluntersuchungen. "Betroffene müssen oft genug selber dafür sorgen, dass Untersuchungsergebnisse weitergegeben werden, Kommunikation stattfindet und gemeinsame Behandlungsstrategien verfolgt werden. Das belastet natürlich die Betroffenen zusätzlich und unterstreicht den Eindruck einer noch nicht ausreichenden Versorgung - dazu kostet es das Gesundheitssystem viel Geld und auch das wäre durch eine bessere Versorgung vermeidbar.", resümiert Birgit Kaltz.



Wie lässt sich die Versorgung verbessern?

Die gastroenterologische Fachgesellschaft DGVS hat Leitlinien für die Behandlung mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa entwickelt, die laufend aktualisiert und erweitert werden. Leitlinien sind Hilfen für Ärztinnen und Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. "Die Umsetzung der Leitlinien zur Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist in Deutschland nicht sehr befriedigend.", merkt Dr. Bokemeyer an. Derzeit werden verschiedene Konzepte diskutiert und Studien ausgewertet, die eine Optimierung der CED-Betreuung zum Ziel haben. In einem Konsensusprozess wurden dazu unter Beteiligung aller mit der Betreuung der CED-Patienten befassten Gruppen Versorgungspfade zur CED-Betreuung entwickelt, die allerdings in der Praxis nicht in allen Punkten ganz einfach umzusetzen sind. Die erfolgversprechendsten Ansätze zur Verbesserung der Versorgung von CED-Patienten sieht Dr. Bokemeyer in einer Kombination der interdisziplinären Zusammenarbeit aller Beteiligten, z. B. durch CED-Fallkonferenzen in CED-Zentren mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung, die ob ihres Spezialisierungsgrads nur so auf Dauer lebensfähig wären. "Durch eine Optimierung der ärztlichen Zusammenarbeit mit einer entsprechenden Begleitung durch eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Systems, könnte es in Zukunft gelingen, die CED-Versorgung in Deutschland zu verbessern. Und das würde sich volkswirtschaftlich positiv auswirken, da viele teils junge Patientinnen und Patienten so länger arbeitsfähig bleiben würden. Auf dieser Basis erlaubt Dr. Bokemeyer einen Ausblick: "Alle Beteiligten sind sich des Problems bewusst und erarbeiten deswegen gemeinsam dieses Optimierungskonzept, das wir in Zukunft zu einer breiteren Diskussion stellen werden."



Crohn & Colitis-Tag 2011

Neben einer verbesserten Versorgung setzen sich das Kompetenznetz Darmerkrankungen und der DCCV für einen intensiveren Austausch von ÄrztInnen und Betroffenen ein. Unter dem Motto " Hochaktiv" veranstalten sie den Crohn & Colitis-Tag 2011, der im Aktionszeitraum vom 16. September bis 15. Oktober statt findet und in verschiedenen Veranstaltungsformaten über die Erkrankungen informiert. Ziel ist, eine breite Öffentlichkeit über die chronischen Krankheiten und deren Bedeutung für Betroffene zu sensibilisieren.

Crohn & Colitis-Tag 2011:
Aktionszeitraum mit Veranstaltungen, Seminaren, Informationsständen
vom 16. September bis 15. Oktober 2011
Informationen im Internet:
www.crohn-colitis-tag.de



Weitere Informationen:

DCCV, Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung, e.V.
Reinhardtstr. 18, 10117 Berlin
E-Mail: info@dccv.de
www.dccv.de

Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V.
Haus 27 (HNO), Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel
E: sekretariat@kompetenznetz-ced.de
www.kompetenznetz-ced.de


*


Quelle:
DCCV, Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung, e.V.
Presse, Christina Seddig
Telefon: 0711 8931-442, Fax: 0711 8931-167
E-Mail: seddig@medizinkommunikation.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2011