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AIDS/850: AIDS-Therapien für Kinder unzureichend, Forschungsinitiative hilft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. September 2011

Gesundheit: AIDS-Therapien für Kinder unzureichend -
Forschungsinitiative hilft

Von Fabiana Frayssinet

HIV-positive Kinder in Ruanda - Bild: © Aimable Twahirwa/IPS

HIV-positive Kinder in Ruanda
Bild: © Aimable Twahirwa/IPS

Rio de Janeiro, 1. September (IPS) - Die internationale Forschungsinitiative DNDi, in der Entwicklungsländer eine Schlüsselrolle einnehmen, will die Entwicklung von AIDS-Medikamenten für Kinder voranbringen. Damit reagiert sie auf das abnehmende Interesse der Pharmaindustrie an diesem Bereich, seit in den Industriestaaten die Mutter-Kind-Übertragung weitgehend gestoppt werden konnte.

Das von der 'Drugs for Neglected Diseases Initiative' (DNDi) gestartete Programm konzentriert sich auf Behandlungsmöglichkeiten für unter dreijährige Kinder. Für diese Altersgruppe gibt es bisher kaum geeignete antiretrovirale Medikamente (ARV). Die Forschungsinitiative verfolgt das Ziel, die neuen Präparate zwischen 2014 und 2016 verfügbar zu machen.

Wie DNDi-Direktor Bernard Pécoul gegenüber IPS erklärte, kann die Infektion von Kindern durch ihre Mütter in den entwickelten Ländern durch eine effiziente Vorsorge fast vollständig ausgeschlossen werden. Die Pharmakonzerne sähen deshalb nur wenige Anreize für Investitionen in diesem Bereich.


Kinder mit HIV meist in Ländern des Südens

Die meisten HIV-positiven Kinder lebten aber in Entwicklungsländern. Ihre Eltern seien so arm, dass sie sich kostspielige Behandlungen nicht leisten könnten, so der Chef der Initiative, die 2003 von dem französischen Institut Pasteur, staatlichen Forschungseinrichtungen in Frankreich, Brasilien, Indien und Kenia sowie dem malaysischen Gesundheitsministerium gegründet worden ist.

Beteiligt sind an DNDi außerdem die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sowie als ständiger Beobachter das Sonderprogramm gegen tropische Krankheiten, das von dem UN-Entwicklungsprogramm UNDP, der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation WHO aufgelegt wurde.

Weltweit tragen rund 2,5 Millionen Kinder unter 15 Jahren das Immunschwächevirus in sich. Doch nur 28 Prozent von ihnen, die auf die antiretroviralen Medikamente dringend angewiesen sind, haben nach Angaben des UN-Aids-Programms (UNAIDS) Zugang zu den Präparaten.

Ohne Behandlung stirbt statistisch gesehen ein Drittel dieser Kinder bereits im ersten Lebensjahr, die Hälfte vor dem zweiten Geburtstag. 80 Prozent der Heranwachsenden kommen über ihr fünftes Lebensjahr nicht hinaus. Wie Pécoul betont, empfiehlt die WHO zwar die sofortige Behandlung von Kleinkindern. Eine korrekte Verabreichung von ARV sei für diese Altergruppe aber noch nicht festgelegt.

Leena Menghaney von Ärzte ohne Grenzen hält ein rasches Eingreifen auf dem Subkontinent für dringend notwendig. Nach dem Stand vom vergangenen Juni sind von den insgesamt rund 1,1 Milliarden Indern etwa 400.000 Erwachsene und 25.000 Kinder als HIV-positiv registriert. Infizierte und AIDS-kranke Minderjährige seien eine vernachlässigte Bevölkerungsgruppe, betonte sie.

Wie Pécoul erläuterte, wird bei Kindern in armen Weltregionen eine Kombinationstherapie durchgeführt, die aufgrund des hohen toxischen Gehalts der Präparate nicht mehr angezeigt sei. Nevirapin sei außerdem nicht für Kinder geeignet, die bereits im Mutterleib infiziert wurden. Das Virus könne bei ihnen inzwischen soweit mutiert sein, dass es gegen das Medikament immun geworden sei.


Tuberkulose häufige Todesursache

Dem Mediziner zufolge ist es schwierig, Unverträglichkeiten zwischen ARV und Tuberkulose-Präparaten zu verhindern. In manchen afrikanischen Staaten sind bis zu 80 Prozent der Bevölkerung mit Tuberkulose-Erregern und dem HI-Virus infiziert. Eine Tuberkulose-Erkrankung gehöre zu den häufigsten Todesursachen bei HIV-positiven Kindern und Erwachsenen, warnte Pépoul.

In Kenia schrecken viele Eltern zudem aus Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung davor zurück, ihre Kinder über ihren Gesundheitszustand aufzuklären. Die WHO rät hingegen dringend dazu, älteren Kindern die Wahrheit zu sagen. Damit könne die Effizienz der antiretroviralen Therapie erhöht werden.

Offiziellen Schätzungen zufolge sind 1,4 Millionen der 41 Millionen Kenianer mit dem AIDS-Virus infiziert. Etwa 180.000 sind Kinder. Doch nur 40.000 kranke Kinder haben Zugang zu ARV. In dem ostafrikanischen Land erfolgen 90 Prozent aller HIV-Ansteckungen bereits im Mutterleib.


Zahl HIV-positiver Kinder in Brasilien rückläufig

Die anhaltende Dürre im Osten Afrikas und die daraus resultierende Mangelernährung sind eine weitere Hürde bei der Behandlung AIDS-infizierter Kinder. Wenn diese zu geschwächt sind, verzichten Ärzte oft darauf, ihnen Medikamente zu geben.

In Brasilien, wo insgesamt 192 Millionen Menschen leben, wurden zwischen 1980 und 2010 rund 593.000 Fälle von voll ausgebrochenen AIDS-Erkrankungen erfasst. Allein im Jahr 2009 wurden mehr als 38.000 neue Fälle bekannt. Die Zahl HIV-positiver Kinder unter fünf Jahren sank zwischen 1999 bis 2010 signifikant von 954 auf 468. Experten führen diesen positiven Trend auf bessere Präventionsmaßnahmen zurück. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.dndi.org/
http://www.fiocruz.br/cgi/cgilua.exe/sys/start.htm?tpl=home
http://www.icmr.nic.in/
http://www.kemri.org/
http://www.who.int/en/
http://www.unaids.org/en/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=98953
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=104922

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2011