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INFEKTION/1124: AIDS ist nicht die einzige sexuell übertragbare Infektion (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 01.12.2010

AIDS ist nicht die einzige sexuell übertragbare Infektion

- Herpes, Hepatitis, Chlamydien, HPV-Feigwarzen - Schutz ist nötig und möglich
- RUB-Experte fordert: Impfung muss populärer werden


Anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember lenkt RUB-Mediziner Prof. Dr. Norbert Brockmeyer das Augenmerk auch auf andere sexuell übertragbare Krankheiten: Äußerst häufig und teils vermeidbar sind zum Beispiel Infektionen mit Herpesviren, Feigwarzen oder Hepatitiserregern. "Wir müssen uns dem wichtigen Thema Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten verstärkt annehmen. Wenn wir es schaffen, gerade die jungen Leute hierfür zu sensibilisieren, haben wir gute Chancen eine Kehrtwende zu erreichen", so Brockmeyer, der das Zentrum für sexuell übertragbare Krankheiten (sexually transmitted diseases, STD) an der Dermatologischen Klinik der RUB leitet und Präsident der Deutschen STD-Gesellschaft ist.

Jede/r sollte sich Gedanken machen

"Gefährdet sind doch in erster Linie Sexarbeiterinnen und Männer, die Sex mit Männern haben!" So denken viele, wenn es um sexuell übertragbare Krankheiten geht - und machen sich über Ansteckungsrisiken wenig Gedanken. Während über die Risiken einer HIV-Infektion vergleichsweise gut informiert wird, ist der Kenntnisstand über andere STD in der Allgemeinbevölkerung relativ gering und dadurch bedingt das Präventionsverhalten leider oft unzureichend. Bedeutend ist, dass sexuell übertragbare Erkrankungen auch das Infektionsrisiko für HIV deutlich erhöhen.

Junge Frauen von HPV am häufigsten betroffen

Es gibt eine Reihe von Infektionskrankheiten, von denen gerade sexuell aktive junge Menschen häufig betroffen sind: Chlamydien, Genitalherpes oder auch die Humanen Papillomviren sind sehr leicht übertragbar. "Wichtig ist, dass wir mit der Aufklärung über die individuellen Risiken, die Übertragungswege und Präventionsmöglichkeiten von STD bereits in der Schule beginnen", meint Prof. Brockmeyer. "Gerade in Hinblick auf HPV haben wir in Deutschland bislang unsere Chancen nicht wirklich genutzt. Während in Australien bereits alle jungen Mädchen in der Schule geimpft werden, gehen wir in Deutschland dieses Thema sehr zurückhaltend an - und die Ausbreitung nimmt weiter zu." Tatsächlich haben sich bis zu 50% aller jungen Frauen mit dem Virus infiziert - glücklicherweise wird es bei den meisten jedoch durch die körpereigene Immunabwehr unschädlich gemacht. Die häufigste Krankheitsfolge sind Feigwarzen, nur in seltenen Fällen (etwa bei 1% der Frauen, die sich mit einem Hochrisiko HPV-Typ angesteckt haben) kann HPV schwerwiegende Krankheiten wie zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs auslösen. In Deutschland erkranken jährlich ca. 6500 Frauen an dieser Krebsart, etwa 2000 sterben im Jahr daran, meistens weil der Krebs zu spät erkannt wurde. "Krebs-Vorsorgeuntersuchungen sind daher enorm wichtig", so Prof. Brockmeyer.

Chlamydien weit verbreitet, Kondome schützen

Auch Chlamydien-Infektionen werden sehr häufig bei sexuellen Kontakten übertragen. In Industrieländern ist diese Infektionskrankheit die am häufigsten diagnostizierte bakterielle Geschlechtskrankheit - schätzungsweise vier Millionen Europäer infizieren sich jährlich mit Chlamydien. "Manch einer denkt, Kondome bräuchte man nur zum Schutz gegen HIV. Doch dass Kondome auch das Risiko für andere sexuell übertragbare Erkrankungen senkn, gerät manchmal in Vergessenheit" meint Brockmeyer. Auch dass Unfruchtbarkeit häufig durch eine Chlamydien-Infektion bedingt sein kann, ist vielen nicht bewusst.

Lippenherpes kann Genitalherpes hervorrufen

Ein weiteres Beispiel: Genitalherpes. Dieser tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern, da wie bei den meisten STD Übertragungen vom Mann auf die Frau häufiger vorkommen als umgekehrt. In Europa ist Schätzungen zufolge einer von vier bis fünf Erwachsenen betroffen. Was manchen nicht bewusst ist: Auch der so genannte "Lippenherpes" kann eine genitale Infektion auslösen (z.B. durch Oralverkehr). Beide Herpesarten sind jedoch recht gut behandelbar, auch wenn das Virus im Körper bleibt und schubweise wieder aktiv werden kann.

Fachliche Beratung in Anspruch nehmen

Immer noch ist das Thema sexuell übertragbare Krankheiten tabubesetzt, viele Betroffene zögern, bevor sie sich ärztlichen Rat suchen. Die Deutsche STD-Gesellschaft hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, das Wissen über STD sowie zu Präventionsmöglichkeiten zu fördern - denn nicht nur in der Allgemeinbevölkerung besteht hier ein großer Aufholbedarf, auch für Fachleute ist die Weiterbildung im Bereich STD wertvoll und notwendig. Informationen zur Deutschen STD-Gesellschaft, auch zur Mitgliedschaft:
info@dstdg.de



Weitere Informationen

Prof. Dr. med. Norbert H. Brockmeyer
Sprecher KompNet HIV/AIDS
Direktor Forschung und Lehre
Leiter Hauttumorzentrum Ruhr-Universität
Leiter Zentrum für Sexuelle Gesundheit, Klinik für
Dermatologie, Venerologie und Allergologie der
Ruhr-Universität
E-Mail: n.brockmeyer@derma.de

Redaktion:
Meike Drießen



Dr. Josef Koenig
Ruhr-Universität Bochum
Pressestelle
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Universitätsstraße 150
44801 Bochum
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pressestelle@presse.rub.de


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung Nr. 407
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef Koenig, 01.12.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2010