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INFEKTION/1126: Magen-Darm-Grippe - Erreger nach Alter und Jahreszeit verschieden (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 18. Januar 2011

Magen-Darm-Grippe - Erreger nach Alter und Jahreszeit verschieden


fzm - Plötzlicher Durchfall und Übelkeit sind die untrüglichen Zeichen einer so genannten Magen-Darm-Grippe. Diese infektiöse Gastroenteritis wird jedoch keinesfalls von Grippeviren ausgelöst, sondern durch eine Vielzahl von Bakterien, Viren und auch Parasiten. Jahreszeit und Alter der Patienten liefern den Ärzten wichtige Hinweise, nach welchem Erreger sie suchen müssen. Experten geben in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) auch Tipps, wie man sich am besten schützen kann.

Wenn der Hausarzt nicht sicher ist, welcher Erreger die Gastroenteritis auslöst, schickt er eine Stuhlprobe ans Labor. Das Institut für Virologie, Infektiologie und Epidemiologie e. V. in Stuttgart hat in den Jahren 2002 bis 2008 fast einhunderttausend Stuhlproben untersucht. Bei der Auswertung ist die Mitarbeiterin Dr. Elena Terletskaia-Ladwig mit ihrem Team auf jahreszeitliche Schwankungen gestoßen. In den Wintermonaten weisen die Stuttgarter Labormediziner in fast jeder zweiten Stuhlprobe Noroviren nach, zwei bis drei Monate später, im Frühjahr, sind Rotaviren die häufigsten Erreger. Rotaviren treten vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auf, Noroviren können auch Erwachsene infizieren. Vor allem ältere Menschen sind gefährdet.

Beide Viren sind hoch ansteckend. Sie werden von Mensch zu Mensch übertragen, wenn die Viren aus dem Darm durch Hygienefehler in den Mund anderer Menschen gelangen. Gegen Rotaviren gibt es einen Impfstoff für Säuglinge, gegen Noroviren nicht. Die Zahl der Norovirus-Infektionen ist zuletzt stark gestiegen. In den Jahren 2007 und 2008 waren sie in Deutschland die am häufigsten gemeldeten Krankheitserreger überhaupt. Dr. Terletskaia-Ladwig und Mitautoren der Studie führen dies allerdings eher auf eine vermehrte Aufmerksamkeit der Ärzte, die häufiger Tests anfordern, denn auf eine wirkliche Zunahme zurück. Die Labormediziner vermuten, dass viele Virusinfektionen, insbesondere Rotavirusinfektionen nicht durch Stuhlproben diagnostiziert werden.

Die wichtigste vorbeugende Maßnahme gegen Viren ist das gründliche Händewaschen. Wasser und Seife können die Viren jedoch nicht komplett beseitigen, warnt Dr. Terletskaia-Ladwig. Besser sind alkoholische Händedesinfektionsmittel. Sie sollten von allen Menschen benutzt werden, die mit Infizierten Kontakt haben. Zur Unterbrechung einer Übertragungskette müssen auch verunreinigte Gegenstände und Flächen desinfiziert werden.

In den Sommermonaten wird die akute Gastroenteritis in den meisten Fällen von Bakterien verursacht. Dr. Terletskaia-Ladwig: Sie gelangen überwiegend durch verunreinigte oder verdorbene Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Eier in den Körper. Säuglinge erkranken selten, da sie gestillt oder mit Babynahrung gefüttert werden. Die meisten Infektionen treten im Alter von ein bis elf Jahren auf. Salmonellen sind in diesem Alter der wichtigste Erreger. Bei älteren Menschen kommt es zunehmend zu Erkrankungen mit Clostridium difficile. Dieses Bakterium kann Toxine bilden. Es kommt dann zu einer C. difficile-assoziierten Diarrhö (CDAD), einer lebensgefährlichen Durchfallerkrankung. Gefährdet sind laut Dr. Terletskaia-Ladwig vor allem ältere Menschen mit Grunderkrankungen, die längere Zeit im Krankenhaus behandelt oder über eine Sonde ernährt werden. Eine CDAD tritt häufig nach einer Antibiotikatherapie auf. Die Abhängigkeit der Erreger vom Alter und Jahreszeit liefert den Ärzten wichtige Hinweise, nach welchen Erregern sie suchen müssen. Dr. Terletskaia-Ladwig und ihre Kollegen raten Ärzten, die Stuhlproben im Spätherbst auf Noroviren und Bakterien, im Winter auf Noroviren und Rotaviren, im Frühjahr auf Rotaviren testen zu lassen. Im Sommer und Frühherbst dagegen sollte gezielt nach Bakterien gesucht werden.


E. Terletskaia-Ladwig et al.:
Epidemiologische Aspekte gastrointestinaler Infektionen.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2011; 136 (3): S. 69-75


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Quelle:
FZMedNews - Dienstag, 18. Januar 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2011