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DR. BALL/1291: Pharmaindustrie und Krankenkassen in Sektlaune (SB)


Pharmahersteller und Krankenkassen sehen sich auf der Sonnenseite


Die zurückliegenden Gesundheitsreformen haben viele Gewinner und einen Verlierer: den Bundesbürger. Während die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) als Träger des Gesundheitswesens zum fünften Mal in Folge deutliche Gewinne einfahren konnten (diesmal nach Welt-Online 730 Millionen Euro, wobei AOK, Barmer Ersatzkasse, DAK und Techniker Krankenkasse allein ein Plus von fast 1,4 Milliarden Euro erzielten und nur die Insolvenz von kleinen Kassen den Gesamtwert nach unten drückten), die Ärzte gerade um einen größeren Anteil an den Gewinnen feilschen und auch die Pharmaindustrie sich laut eines Berichts in der Online-Ausgabe des "Deutschen Ärzteblatts" über ein sattes Plus von 3,7 Prozent freuen konnte, müssen immer mehr Bundesbürger auf eine medizinische Versorgung verzichten, weil sie sich diese nicht mehr leisten können.

Praxisgebühr, Zuzahlungen und Zusammenstreichen des Leistungskatalogs waren neben der Einführung der Gesundheitsfonds die Grundpfeiler der zurückliegenden Gesundheitsreformen. Während Heilbehandlungen im zunehmenden Maße dem Rotstift zum Opfer fallen und auf bestimmte Krankheiten wie Krebs spezialisierte Stationen schließen müssen, warten Tausende auf eine Therapie. So berichtete Beatrix von Kalbenin in der WDR-Sendung "Servicezeit: Gesundheit" vom 3. März 2008 (18:20 - 18:50 Uhr), daß arme Menschen in Deutschland deutlich früher als wohlhabende sterben. Die medizinische Behandlung für Versicherte sei zunehmend eine Frage des Einkommens, da die Krankenkassen immer mehr Leistungen aus dem Behandlungskatalog strichen. In der Folge verzichteten Patienten notgedrungen auf bestimmte Behandlungen, weil sie diese nicht bezahlen oder keine private Zusatzversicherung abschließen können. Professor Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), verweist auf Studien, nach denen die soziale Schichtzugehörigkeit über den gesamten Lebenslauf eng mit den gesundheitlichen Chancen zusammenhängt. Chronische Krankheiten träten bei ärmeren Menschen zwei- bis dreimal häufiger auf.

Während auch in Deutschland die Schwachen und Alten zunehmend um ihre Existenz fürchten müssen, befinden sich die Vorstandsetagen der Krankenversicherungen und Pharmahersteller in Sektlaune. Schließlich hat die Vergangenheit gezeigt, daß ihnen ein warmer Geldregen gewiß ist, selbst wenn ihr Unternehmen keine Gewinne abwirft. Und falls ihnen das Leben in Deutschland nicht mehr gefällt oder sie die Dienste eines Gesundheitswesens benötigen, das nicht wie hierzulande nur noch aus seinen rudimentären Resten besteht, stehen ihnen genügend Möglichkeiten im Ausland offen. Es liegt somit allein an den Verlierern der Gesundheitsreformen, den Armen und Schwachen, ob sie angesichts dessen die Hand um mildtätige Spenden bittend den Reichen entgegenstrecken oder sie zur Faust geballt den Reichen vor die Nase halten.

19. März 2009