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FORSCHUNG/728: Unzählige Tiere müssen für unnötige und unsichere Versuche leiden (AG STG)


Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner - 4. Oktober 2012

Todesfälle durch Medikamente

Aktuelle Recherche der AG STG beweist:
Bisherige Zulassungsverfahren von Medikamenten bieten keine zuverlässige Sicherheit für Patienten



In den Jahren 2011 und 2012 mussten über zwanzig Medikamente vom Schweizer Markt genommen oder nachträglich mit Zulassungsbeschränkungen versehen werden. Bei allen traten unerkannte und teilweise lebensgefährliche Nebenwirkungen auf. Diese blieben in den gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen unerkannt. Unzählige Tiere mussten für unnötige und unsichere Versuche leiden.

Menschen, die auf Medikamente angewiesen sind, verlassen sich auf deren Sicherheit und positive Wirkung. Nicht immer zu Recht. Eine fundierte Recherche der AG STG zeigt, dass Medikamentenversager an der Tagesordnung sind. Alleine in den Jahren 2011 und 2012 haben 23 Medikamente schwerwiegende Nebenwirkungen verursacht, teilweise fehlte zudem der versprochene Nutzen gänzlich. In allen Fällen wurden die Medikamente ausführlich an Tieren getestet und für wirksam und ungefährlich befunden. Tierversuche sollen angeblich dazu dienen, genau solche Gefahren vorauszusehen, versagen aber regelmässig.

Die AG STG bezeichnet es als gravierend, dass jährlich mehrere hundert Millionen Schweizer Steuerfranken in die Tierversuchsforschung fliessen, aber keine nennenswerte Beträge in die Entwicklung von sicheren, tierversuchsfreien Forschungsmethoden. Tierversuche sind grausam und unnötig. Sie spiegeln eine falsche Sicherheit für den Menschen vor und behindern den Fortschritt massgeblich.

Todesfälle durch Medikament von Novartis

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA veranlasste im Januar 2012 eine Überprüfung des erst 2011 zugelassenen Medikamentes Fingolimod (Gilenya®) der Firma Novartis, das zur Therapie von schweren Formen Multipler Sklerose eingesetzt wird. Grund der Überprüfung: 11 unerklärte, plötzliche Todesfälle.[1] Die im Zulassungsverfahren vorgeschriebenen Tierversuche zeigten das Risiko nicht an und täuschten eine falsche Sicherheit vor. Aktuelle Zahlen zur Situation in der Schweiz liegen uns noch nicht vor. Auf eine entsprechende Anfrage seitens der AG STG hat sich die Swissmedic (Schweizerisches Heilmittelinstitut) bislang nicht geäussert.

Die AG STG veröffentlicht online laufend aktuelle Beispiele von Medikamenten, bei denen die vorgeschriebenen Tierversuche versagten. Dies ist nach Auswertungen der amerikanischen Zulassungsbehörden für Medikamente FDA bei 92% aller Medikamenten-Neuentwicklungen der Fall. [2][3]

Medizinischer Fortschritt wird verhindert

Sowohl das Schweizer Gesetz, das Tierversuche für Medikamente vorschreibt, als auch die fehlende finanzielle Förderung für tierversuchsfreie innovative Forschungsmethoden verhindern den medizinischen Fortschritt. In der Schweiz unterstützen Bund und Kantone die Tierversuchs-Forschung jährlich mit mehreren hundert Millionen Franken Steuergeld. An die 3R-Forschung, die sich einer Reduktion der Tierzahl und der Verringerung von Tierleid widmet, gehen nur knapp 400.000 Franken. Explizit tierversuchsfreie innovative Forschungsmethoden werden vom Bund überhaupt nicht gefördert, obwohl sie oft für den Menschen verlässlichere Resultate bringen würden.[4]

Umdenken dringend notwendig

Es ist erwiesen, dass Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf Menschen übertragbar sind.[5] In tierversuchsfreien Forschungsmethoden liegt die Zukunft. Sie sind methodisch besser, häufig billiger und schneller und liefern zuverlässiger auf den Menschen übertragbare Resultate als Tierversuche.

Die Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner fordert seit Langem die konsequente Förderung und Anwendung von tierversuchsfreien Forschungsmethoden, statt der Verschwendung von Geldern für gefährliche, völlig veraltete Testmethoden. Innovative, tierversuchsfreie Forschungsmethoden sind ein klarer Fortschritt und nicht ein Ersatz für Tierversuche.

Will die Schweiz auch in Zukunft zu den führenden Forschungsnationen gehören, so ist ein Umdenken in Politik und Forschung unabdingbar. Wir müssen uns vom Tierversuch verabschieden und den Weg frei machen für schnellere, preiswertere und vor allem zuverlässigere Methoden.


Die Organisation AG STG (Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner) besteht seit 1981. Sie lehnt Tierversuche aus medizinischen, aus wissenschaftlichen sowie aus ethischen Gründen ab. Die Organisation engagiert sich für einen innovativen, zukunftsorientierten und führenden Forschungsstandort Schweiz und somit für eine Wissenschaft ohne Tierversuche. Die medizinische Wissenschaft muss sich endlich wieder am Menschen orientieren und dabei die Ursachenforschung und die Vorbeugung gegen Krankheiten in den Vordergrund stellen.


Quellen

[1] "TODESFÄLLE UNTER MS-MITTEL FINGOLIMOD (GILENYA): EMA ÜBERPRÜFT KARDIOVASKULÄRE SICHERHEIT UND FORDERT STRIKTERE ÜBERWACHUNG, Arznei-Telegramm (blitz-a-t), vol. 24.01.2012, 2012.

[2] Innovation Stagnation. Challenge and Opportunity on the Critical Path to New Medical Products. U.S. Department of Health and Human Services. Food and Drug Administration (FDA), 2004, S. 8

[3] Crawford, Lester M: Speech before PhRMA Annual Meeting. FDA (U. S. Food and Drug Administration), 2004

[4] http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20111085

[5] Perel P, Roberts I, Sena E, et al. Comparison of treatment effects between animal experiments and clinical trials: systematic review. BMJ 2007; 334(7586):197.

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Quelle:
AG STG - Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner
Ansprechpartnerin: Cristina Roduner, Medienstelle
E-Mail: cristina.roduner@agstg.ch
Internet: www.agstg.ch


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2012