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FORSCHUNG/891: Mukoviszidose - Nano-Transportsystem liefert inhaliertes Wirkstoff-Paket hochdosiert in die Lunge (idw)


Universität des Saarlandes - 02.12.2014

Mukoviszidose: Nano-Transportsystem liefert inhaliertes Wirkstoff-Paket hochdosiert in die Lunge



Ein neuartiges Nano-Transportsystem für Medikamente ermöglicht, Wirkstoffe in hoher Konzentration zu verpacken, gezielt abzuliefern und erst dort freizusetzen, wo sie wirken sollen. Nazende Günday-Türeli, Mitarbeiterin der Firma MJR PharmJet aus dem Starterzentrum der Saar-Universität und Doktorandin in Saarbrücken und Marburg, entwickelte die Technologie als Behandlungsmethode gegen Infektionen, die bei Mukoviszidose auftreten. Die neue Methode kann aber auch bei Wirkstoffen gegen verschiedenste Krankheiten oder in der Kosmetik zum Einsatz kommen. Für die beste Innovation in der Kategorie "Formulierung" wurde Günday-Türeli hierfür mit dem internationalen CPhI Pharma Award ausgezeichnet.

Die Technologie entwickelte sie mit Forschern vom Saarbrücker Campus, des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und der Philipps-Universität Marburg.

Gegen viele Krankheiten existieren heute wirksame Arzneistoffe. Um zu wirken, müssen sie im Körper aber genau dorthin gelangen, wo sie wirken sollen. So auch die antibiotischen Wirkstoffe gegen Infektionen, die häufig bei Patienten mit cystischer Fibrose, auch Mukoviszidose genannt, auftreten: Bei dieser Erbkrankheit sitzt zähflüssiger Schleim in den Bronchien fest, der Krankheitserregern einen Nährboden bietet und gleichzeitig Hindernis für Arzneimittel ist. Wird der Wirkstoff über die Blutbahn nach dem Gießkannenprinzip überallhin transportiert - also nicht nur, sondern auch an den Wirkort, in diesem Fall die Lunge, - dann zeigt er auch an Orten Wirkung, wo er es gar nicht soll: Nebenwirkungen treten auf. Deshalb arbeitet die pharmazeutische Forschung heute daran, den Wirkstoff-Transport zu verbessern und gezielter zu machen: Wie bei einem Paketdienst soll das Wirkstoff-Paket gepackt, gezielt zugestellt und erst vor Ort ausgepackt werden.

Nazende Günday-Türeli hat als Doktorandin im Team von Professor Marc Schneider in Saarbrücken und Marburg und als Mitarbeiterin der MJR PharmJet GmbH eine neue Methode entwickelt, antibiotische Wirkstoffe in Nano-Behältnissen zu verkapseln. Diese Nanopartikel-Transporter werden von der MJR PharmJet mithilfe ihrer patentierten "Mikrojetreaktor-Technologie" hergestellt. Der Wirkstoff wird dabei nicht verändert und kann hochdosiert geladen werden. Er wird vom Patienten inhaliert, überwindet die Barriere aus Lungenschleim und Biofilm und liefert das Antibiotikum gezielt am Infektionsherd ab. Nach der Wirkstoff-Lieferung werden die Nano-Transporter vom Körper abgebaut. Der Wirkstoff-Paketdienst wurde für Antibiotika entwickelt, er kann aber auch Medikamente gegen verschiedenste Krankheiten zustellen und beispielsweise auch bei Nahrungsergänzungsmitteln oder Kosmetik zum Einsatz kommen.

Der gezielte Wirkstoff-Transport über die körpereigenen Barrieren wie Darm- oder Lungenschleimhaut ist ein Forschungsschwerpunkt der pharmazeutischen Forschung an der Saar-Universität in der Arbeitsgruppe von Professor Claus-Michael Lehr am Lehrstuhl Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie der Saar-Uni und der Abteilung "Wirkstoff-Transport" am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) auf dem Campus. Beide sind gemeinsam mit Professor Marc Schneider, der jetzt von der Universität Marburg nach knapp zwei Jahren wieder zurück an die Saar-Uni wechselt, beteiligt am Projekt FiDel, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird, und in dessen Rahmen die neue Technologie entwickelt wurde.

Für die Entwicklung erhielt Nazende Günday-Türeli den CPhI Worldwide Pharma Award 2014. Die CPhI fördert Innovationen in der Pharmazie von der Entdeckung neuer Wirkstoffe bis zum Fertigarzneimittel, veranstaltet weltweit große Messen, Ausstellungen und Konferenzen.
(www.cphi.com)


Die MJR PharmJet GmbH
(www.mjr-pharmjet.de) hat ihren Sitz im Starterzentrum der Saar-Uni in Homburg und bietet Lösungen in der Formulierungsentwicklung für Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika. Seit gut zwanzig Jahren bietet die Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer der Saar-Uni Gründern aus der Universität für den Start in die Selbstständigkeit Räume und Unterstützung in räumlicher Nähe zu den Uni-Forschern. In mittlerweile drei Starterzentren werden günstig Geschäftsräume zur Verfügung gestellt und alle Gründungsphasen mit einem großen Angebot unterstützt - wie Seminare, Workshops oder Coaching-Programme. Rund 1.500 Arbeitsplätze und 273 Firmen sind so inzwischen entstanden. Die Universität des Saarlandes ist im Hochschulranking der Gründungsförderung unter den Top 10 der Hochschulen in Deutschland.


Kontakt:
Prof. Dr. Claus-Michael Lehr
Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie
E-Mail: lehr@mx.uni-saarland.de


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mjr-pharmjet.de
http://www.cphi.com

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image252573
Nazende Günday-Türeli

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution8

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität des Saarlandes, Claudia Ehrlich, 02.12.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2014


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