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FORSCHUNG/179: DGPPN-Preis für Empirische Forschung in der forensischen Psychiatrie verliehen (idw)


Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) - 23.11.2012

DGPPN-Preis für Empirische Forschung in der forensischen Psychiatrie verliehen



Die DGPPN hat in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit zum zweiten Mal den mit 2.500 Euro dotieren DGPPN-Preis für Empirische Forschung in der forensischen Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie verliehen. Ausgezeichnet wurden PhD, M.A. Klin. Psych. Katinka von Borries, Radboud Universität Nimwegen sowie Dr. rer. nat. Dipl. Psych. Peter Fromberger, Ludwig-Meier-Institut für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Georg-August-Universität Göttingen. Die Preisverleihung fand am 23. November 2012 im Rahmen des diesjährigen DGPPN Kongresses statt.

PhD, M.A. Klin. Psych. Katinka von Borries von der Radboud Universität Nimwegen erhält den DGPPN-Preis für Empirische Forschung in der forensischen Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie für ihre Arbeiten "Reinforcement Learning in Psychopathy" unter Rückgriff auf MRI, EEG, Eyetracking und Hormone".

Nach ihrem Studium richtete sich ihr Interesse auf sowohl die Grundlagenforschung als auch die praxisgerichtete Seite der Forensischen Psychiatrie. Sie bekam die Gelegenheit sich auf beides zu richten. In einer Doktorarbeit wurde aus neurokognitiver Perspektive das verminderte Lernverhalten von forensisch psychiatrischen Patienten mit Psychopathie erforscht. Hierzu wurde bei dieser Gruppe einerseits Ereigniskorreliert Potentiale gemessen, die in dem sogenannten Fehlermonitoring System entstehen (die Error-related Negativity). Auf der anderen Seite wurde fMRI eingesetzt, um auch Gehirnstrukturen zu erforschen, die dem Lernverhalten unterliegen. Um diese Grundlangeforschung auch der Behandlung von forensisch psychiatrischen Patienten zugutekommen zu lassen, ist auf Grund dieser und anderer Einsichten eine neurokognitive Testbatterie entwickelt worden. Diese Testbatterie wird in der klinischen Praxis eingesetzt um kognitive Profile von Patienten zu erstellen (funktionelle Diagnostik). Diese Profile (in Kombination mit anderen diagnostischen Informationen) sollen dem behandelnden Team helfen ein passendes Therapieprogramm (was muss behandelt werden und wie) zusammen zu stellen und dies auch regelmäßig zu evaluieren (sieht man Veränderungen). "Mit diesem Projekt versuchen wir Brücken zu bauen zwischen der Grundlagenforschung und der klinischen Seite der Forensischen Psychiatrie" sagt Katinka von Borries über ihr Forschungsprojekt.

Dr. rer. nat. Dipl. Psych. Peter Fromberger wurde mit seinen Untersuchungen zur "Erfassung pädosexueller Präferenzen mit Hilfe von Augenbewegungen" ausgezeichnet.

Die Missbrauchsskandale der vergangenen Jahre u. a. in der katholischen Kirche machten auch der breiten Öffentlichkeit das Ausmaß und die Folgen von Kindesmissbrauch deutlich. Für die Beurteilung und Behandlung von Menschen mit pädophilen Neigungen ist es aber von entscheidender Bedeutung, vorhandenes sexuelles Interesse an Kindern objektiv und zuverlässig erfassen zu können. In der klinischen Praxis wird meist versucht, pädophile Neigungen durch Selbstauskünfte der Probanden zu ermitteln. Angesichts der Angst vor juristischen und sozialen Folgen, zeigten sich Selbstauskünfte aber als wenig zuverlässig. Neue sexualwissenschaftliche Theorien nehmen an, dass sexuell relevante Reize automatisch die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Diese Prozesse sind nur in geringem Ausmaß bewusst durch den Probanden beeinflussbar. Im Rahmen unseres Forschungsprojektes konnten zum ersten Mal mit Hilfe von Augenbewegungen diese automatischen Prozesse auch bei Menschen mit pädophilen Neigungen sichtbar gemacht werden: Menschen mit pädophilen Neigungen richten automatisch ihre Aufmerksamkeit auf Kinder, wobei das Gesicht und der Schambereich von Kindern die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zudem konnte erstmals nachgewiesen werden, dass anhand von Augenbewegungen pädophile Probanden mit hoher Genauigkeit klassifiziert werden können. Somit stellt das Forschungsprojekt einen entscheidenden Schritt hin zu theoretisch fundierten, objektiven diagnostischen Verfahren in der Diagnostik von Menschen mit pädophilen Neigungen dar.


Kontakt:
Prof. Dr. med. Peter Falkai
Präsident DGPPN
Direktor der Psychiatrischen Klinik der
Ludwig-Maximilians-Universität
Nussbaumstr. 7
80336 München
E-Mail: Peter.Falkai@med.uni-muenchen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/307/dgppn-preis-10.html


Hintergrund:
Mit dem DGPPN-Preis für Empirische Forschung in der forensischen Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie sollen herausragende Forschungsarbeiten in der forensischen Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie als zukunftsweisend anerkannt und gefördert werden. Ziel ist es, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Fachbereichen, die sich im Bereich der empirischen forensischen Forschung engagieren, in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit zu fördern. Der mit 2.500 Euro dotierte Preis wird von der DGPPN in Verbindung mit der Stiftung für Seelische Gesundheit verliehen. Sie fördert die seelische Gesundheit der Bevölkerung und setzt sich für die Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Menschen ein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution805

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)
Franziska Hoffmann, 23.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012