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SUCHT/612: Rebhabilitation - "Die werden doch sowieso alle wieder rückfällig" - Vorurteil! (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2012

Rehabilitation

"Die werden doch sowieso alle wieder rückfällig" - Vorurteil!



...und es lohnt sich doch, sagen die Verantwortlichen der
Tagesrehaeinrichtung für Suchtkranke (TASK) in Kiel. Wenig
vergleichbare Einrichtungen im Land.

Die Arbeit mit Suchtkranken wird oftmals als mühsam und zuweilen frustrierend erlebt. "Die werden doch sowieso alle wieder rückfällig", raunt so manch einer hinter vorgehaltener Hand. Tatsächlich aber zeichnet die Studienlage hierzu ein ganz anderes Bild. So sind ein halbes Jahr nach einer Rehabilitation 67 Prozent der Patienten noch abstinent, nach 1½ Jahren sind es immerhin noch 50 bis 53 Prozent (Küfner et. al. 1986, Roghmann und Lüdtke 1991).

Dass sich die Arbeit mit dieser Patientengruppe in jedem Falle "lohnt", weiß Dr. Jakob Koch, der seit 2008 ärztlicher Leiter der Tagesrehabilitation für Suchtkranke Menschen Kiel (TASK) ist. In der TASK werden Patienten entwöhnt, die abhängig von Alkohol, Medikamenten oder pathologischem Glücksspiel sind. Ziel der Entwöhnungsbehandlung, die in der Regel zulasten der Rentenversicherung durchgeführt wird, ist es, die Funktion des Suchtmittels zu erkennen und alternative Verhaltensweisen aufzubauen und zu erproben. Das tagesklinische Setting erlaubt den Patienten den direkten Transfer in den Alltag sowie die therapiebegleitende Einbeziehung der Angehörigen in die Behandlung. Das bedeutet, sie sind zu Hause weiterhin mit ihren Problemen konfrontiert und können die am Tage erarbeiteten Ideen zur Problemlösung direkt in ihrem Umfeld erproben und anschließend nachbesprechen. So können sie Stück für Stück lernen, anders als bisher mit Problemen umzugehen.

Die Behandlung, die sich über einen Zeitraum von zwölf Wochen erstreckt, setzt auf Nachhaltigkeit. So wird im Rahmen spezieller Gruppenangebote besonders auf das Thema Rückfallprophylaxe eingegangen und es werden individuelle Strategien im Umgang mit Suchtdruck erarbeitet. Tägliche Atemalkoholkontrollen sowie Urinkontrollen dienen der Abstinenzsicherung. Bei wiederholter Rückfälligkeit wird die Behandlung beendet.

Die TASK - eine Einrichtung der Evangelischen Stadtmission Kiel gGmbH - geht jetzt ins fünfte Jahr und blickt auf einige Patientenkohorten zurück. Beim jährlich stattfindenden Ehemaligentreffen berichtet mancher Patient natürlich auch von einem Rückfall. Dabei sollte jedoch differenziert werden: Ob jemand einen Tag lang seine Substanz konsumiert und anschließend die Notbremse zieht oder aber wieder über Monate in altes Fahrwasser gerät, macht einen großen Unterschied. In jedem Fall sind Erkenntnisse und Strategien aus der Rehabilitation nicht verloren gegangen - sie sind meist nur aus dem Fokus der Betroffenen geraten.

Interessierte können sich in der wöchentlich stattfindenden Informationsrunde montags um 15:30 Uhr in der TASK über das Konzept und die Aufnahmemodalitäten informieren. Eine vergleichbare Einrichtung gibt es nach Angaben der Verantwortlichen in Schleswig-Holstein nur in Lübeck. Informationsmaterial kann bei der Tagesrehabilitation Kiel (TASK Schulenhof 1, 24113 Molfsee, Tel. 0431/65947-14, Fax -16, E-Mail task@stadtmission-kiel.de) angefordert werden. (PM)

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201205/h12054a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildung der Originalpublikation:

Dr. Jakob Koch (Foto)

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Juni 2012
65. Jahrgang, Seite 32
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2012