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GEWALT/247: Amoklauf - den Opfern langfristig beistehen (idw)


Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) - 28.11.2013

Amoklauf: den Opfern langfristig beistehen



In den Zeiten weltweiter Berichterstattung lösen Amokläufe in regelmäßigen Abständen große Betroffenheit aus. Im Fokus stehen dabei fast immer die Täter und Fragen nach den möglichen Ursachen. Die Opfer und ihre Angehörige sind in aller Regel nicht im Blickpunkt, dabei ringen sie oft noch Jahre nach den furchtbaren Ereignissen um Normalität und leiden an psychischen Erkrankungen. Auf dem DGPPN Kongress fordern heute in Berlin nationale und internationale Experten, die Versorgung von Opfern weiter auszubauen. Gleichzeitig setzen sie sich dafür ein, Amokläufer nicht automatisch mit Menschen mit psychischen Erkrankungen gleichzusetzen.

Amokläufe treten fast immer ohne Vorwarnung auf. Die individuelle Motivation der Täter ist höchst unterschiedlich. Hinter den Taten können psychische Störungen stecken, doch oft ist auch keine Erklärung möglich. Nur in seltensten Fällen nahmen Amokläufer vor ihrer Tat eine psychologische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch. "Amokläufer sind in der Regel nicht unsere Patienten", stellt Professor Thomas E. Schläpfer, Bonn, von der DGPPN fest. "Menschen mit psychischen Erkrankungen sind weder gefährlich noch aggressiv. Nur in Ausnahmefällen kommt es manchmal zu kritischen Situationen. Deshalb ist es wichtig, dass psychiatrische Patienten im Rahmen der Berichterstattung zu Amokläufen nicht stigmatisiert werden."

Die DGPPN setzt sich nicht nur auf ihrem diesjährigen Kongress dafür ein, den Blick auf die Opfer und ihre Angehörigen zu lenken. Wer einen Amoklauf miterleben musste, leidet oft noch Jahre danach an den psychischen Folgen. Zu den häufigsten Krankheitsbildern gehören posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen, Angstzustände oder Schlafstörungen. "Für viele Opfer ist der Weg zurück in ihr gewohntes Leben nicht mehr möglich. Das Erlebte hinterlässt in der Psyche tiefe Spuren. In der unmittelbaren Zeit nach der Tat werden die Opfer therapeutisch betreut. Doch wie sieht es nach ein oder zwei Jahren aus?", fragt Professor Henning Saß, Vorsitzender der unabhängigen Expertenkommission für Recht und Psychiatrie der DGPPN. Die Fachgesellschaft fordert deshalb, die Versorgung der Opfer weiter auszubauen, um eine Chronifizierung der Störungen zu vermeiden. Dazu müssten die Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie dringend mit einbezogen werden.

Der DGPPN Kongress ist Europas größte Fachtagung auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit. Über 9000 Ärzte, Wissenschaftlicher und Therapeuten werden vom 27. bis 30. November in Berlin erwartet. Mit dem Leitmotiv "Von der Therapie zur Prävention" steht in diesem Jahr ein hochaktuelles Thema im Vordergrund. Das umfangreiche Programm spricht nicht nur die Fachwelt und Politik an, sondern richtet sich mit einer Reihe von Veranstaltungen auch an das breite Publikum.


Kontakt
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Reinhardtstraße 27 B
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E-Mail: pressestelle@dgppn.de

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
Jürg Beutler, 28.11.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2013