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PFLEGE/389: Palliativmedizin - Leitfaden verbessert Sterbebegleitung (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009

Palliativmedizin: Leitfaden verbessert Sterbebegleitung


fzm - Jeder zweite Deutsche stirbt im Krankenhaus. Ein in England entwickelter Leitfaden soll Ärzten und Pflegepersonal helfen, diesen Patienten ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Eine Studie in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) zeigt, dass der "Liverpool Care Pathway" auch an einer deutschen Klinik erfolgreich eingesetzt werden kann.

Am Evangelischen Krankenhaus Oldenburg kümmert sich ein Palliativteam aus Ärzten und Pflegepersonal um sterbende Patienten. In der Vergangenheit war die Kommunikation zwischen den beiden Berufsgruppen häufig schwierig, berichten Mirja Martens, Krankenschwester am Palliativzentrum und Dr. Steffen Simon, Vorsitzender des Instituts für Palliative Care, beide Oldenburg. Es gab tradierte Vorurteile: Die Pflegekräfte warfen den Ärzten vor, den Tod nicht akzeptieren zu können, während aus Sicht der Ärzte die Pflegekräfte keine Verantwortung für das Schicksal der Patienten tragen. Der "Liverpool Care Pathway" (LCP) hat hier Spannungen abgebaut, finden die Autoren: Die Verständigung im Team hat sich deutlich gebessert.

Der "Pflegepfad", so die Übersetzung von "care pathway", beginnt mit der Feststellung, dass der Sterbeprozess begonnen hat. Dies stellt eine Zäsur dar: Alle unangemessenen lebensverlängernden Maßnahmen werden eingestellt. Ärzte und Pflegekräfte überdenken ihre Betreuungsziele für die letzten Tage oder Stunden des Patienten. Der LCP hat hier zu einem offeneren und sensiblen Austausch zwischen Ärzten und Pflegekräften geführt, so Martens und Simon.

Die Ziele betreffen in erster Linie die Beschwerden des Patienten. Auf einer Checkliste wird festgehalten, ob er unter Schmerzen, Unruhe, Luftnot, Übelkeit oder anderen Symptomen leidet. Für viele Beschwerden macht der LCP Behandlungsvorschläge. Er unterstützt die Ärzte, die richtige Dosierung der Medikamente zu finden, berichten Martens und Simon. Die Checkliste erfasst auch organisatorische Fragen: Wurde der Hausarzt benachrichtigt, wurden Angehörige ausreichend informiert? Zum LCP gehören auch Broschüren und andere Informationsmaterialien. Sie helfen dem Patienten und seinen Angehörigen, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen, sagen die Palliativexperten.

In einer Pilotstudie hat Dr. Simon zehn Mitarbeiter der Palliativstation in Oldenburg nach ihren ersten Erfahrungen befragt. Die Fachkräfte beurteilten den LCP überwiegend positiv. Sie betrachten ihn als ein einfaches und hilfreiches Instrument für die Sterbebegleitung. Viele sehen durch den Leitfaden ihr berufliches Selbstvertrauen gesteigert. Sie finden, dass der LCP die Sicherheit und Wachsamkeit in der Betreuung verbessert. Es gab aber auch kritische Rückmeldungen: Checklisten könnten auch dazu verleiten, dass die Sterbebegleitung nur "abgehakt" wird, war zu hören. Auch könne die Konzentration auf festgelegte Ziele die ganzheitliche Sicht einschränken. Insgesamt überwog aber das Lob mit einer Gesamtnote von 8,2 von 10 möglichen Punkten.

Das Evangelische Krankenhaus Oldenburg war in Deutschland das erste Zentrum, das den LCP eingeführt hat. In England wird er in 1200 Einrichtungen und weltweit an 230 Institutionen und in 17 Ländern angewendet, berichtet Dr. Simon.


S.T. Simon et al.:
Sterbebegleitung im Krankenhaus - erste Erfahrungen mit dem "Liverpool Care Pathway" (LCP) in Deutschland.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (27): S. 1399-1404


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2009