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FORSCHUNG/229: Miniaturisierte Fasersonden - Gehirnzellen bei der Arbeit beobachten (idw)


Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.- 03.01.2018

Gehirnzellen bei der Arbeit beobachten


Tomas Cizmar erforscht neue Methoden zur Kontrolle der Lichtleitung in optischen Fasern. Das Ziel seiner Forschungsaktivitäten ist es, miniaturisierte Fasersonden herzustellen, mit denen er einzelne Gehirnzellen in einem lebenden Organismus bei ihrer "Arbeit" beobachten kann. Indem sie die dabei ablaufenden Prozesse besser verstehen, hoffen Forscher Antworten auf bisher nur unzureichend verstandene biologische Abläufe zu finden. Etwa wie sich Erinnerungen in unserem Gehirn verankern und wie wir sie wieder abrufen. Die Technologie könnte nützlich sein, um den Beginn von Alzheimer oder anderen schweren neurologischen Erkrankungen besser zu verstehen.

Tomas Cizmar ist seit dem 2. Januar 2018 Professor für Wellenleiteroptik und Faseroptik an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wird am Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT) die Abteilung Faseroptik leiten. Die Forschungsgebiete des Physikers umfassen optische Manipulation kleinster Partikel, die Untersuchung von Lichtleitprozessen in optischen Fasern sowie deren Anwendung in haarfeinen endoskopischen Fasersonden für die biomedizinische Bildgebung.

Um hochaufgelöste Bilder aus schwer zugänglichen Körperregionen wie dem Gehirn zu erhalten ohne dabei das Gewebe großflächig zu schädigen, sind haarfeine Endoskopiesonden nötig. Herkömmliche faserbasierte Endoskope wären für solche Eingriffe viel zu groß. Sie bestehen meist aus einem Bündel mehrerer optischer Fasern, in dem jede Faser ein Pixel des Bildes überträgt. Eine von Tomas Cizmar entwickelte holographische Methode erlaubt es nun, hochaufgelöste Bilder durch eine einzelne, nur ein Zehntel Millimeter dünne, optische Faser zu übertragen. "Die komplexe und schwer vorhersagbare Lichtleitung in solchen multimodalen Fasern verhinderte bis vor Kurzem ihren Einsatz in der Mikroskopie. Die Bildinformationen kamen völlig durcheinander und verzerrt aus der Faser. Mittels digitaler Holographie und Computeralgorithmen ist es uns gelungen, die verzerrten Bilder wiederherzustellen. Die hochauflösende Mikroskopie mit extrem dünnen Fasern öffnet ein Fenster, um Prozesse in vorher unerreichbaren Regionen lebender Organismen zu studieren - eventuell auch irgendwann beim Menschen", so Tomas Cizmar über die Zukunft der Technologie.

Für sein Forschungsprojekt LIFEGATE erhielt Tomas Cizmar den anerkannten Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats - eine Auszeichnung für exzellente Wissenschaftler. In den kommenden fünf Jahren unterstützt der Forschungsrat das Projekt des 38-jährigen Forschers am Leibniz-IPHT finanziell. Am Institut möchte er zunächst die Lichtleitprozesse in multimodalen Fasern genauer erforschen. Um die Technologie letztendlich auch in der Mikroendoskopie einsetzen zu können, müssen die Fasern vor allem flexibel sein. Das ist eine Herausforderung, denn beim Verbiegen der Fasern verzerrt das übertragene Bild auf unterschiedliche Weise. Eine Lösung des Problems verspricht sich der Forscher von einem genaueren Verständnis der Lichtausbreitung in der Faser. Die bisher relativ langsame Übertragungsgeschwindigkeit möchte Cizmár durch schnellere Grafikprozessoren und bessere Datenverarbeitungsalgorithmen erhöhen. "Am IPHT kann ich eine einzigartige technologische Infrastruktur für meine grundlagenorientierte Forschung im Bereich Faseroptik und -technologie nutzen. Zudem lässt sich die holografische Mikroendoskopie mit den hier etablierten Bildgebungstechniken kombinieren und so die Palette an lichtbasierten Technologien für die Medizin und Biologie erweitern", begründet der gebürtige Tscheche seine Entscheidung nach Jena zu kommen. Parallel zu den Arbeiten am Leibniz-IPHT, forscht er zusammen mit Partnern am Institute of Scientific Instruments in Brno/Tschechien an der Integration der Fasern in Mikroendoskopiesonden und deren experimenteller Anwendung.

Über Tomas Cizmar:
Von 2003 bis 2007 arbeitete der Physiker in der Gruppe von Prof. Pavel Zemánek am Institute of Scientific Instruments der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und der Masaryk Universität in Brno, wo er im Jahr 2006 auf dem Gebiet der Wellen- und Partikeloptik promoviert wurde. Anschließend forschte Cizmár als Postdoc in der Gruppe von Prof. Kishan Dholakia an der University of St. Andrews, Schottland in zahlreichen Projekten zum Thema optische Manipulation und biomedizinische Photonik. Mit einem Forschungsstipendium wechselte er 2010 von der School of Physics & Astronomy zur School of Medicine, um dort innovative Konzepte für die holographische Endoskopie, ein neues Gebiet der komplexen Photonik, zu etablieren. Bevor Cizmár nach Jena kam war er Dozent an der University of Dundee und University of St. Andrews. In seiner Forschergruppe "Complex Photonics" in Dundee untersuchte er neue Methoden zur optischen Manipulation, Photonik in chaotischen Systemen und Lichtleitungsprozesse in optischen Fasern.

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien:
Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) erforscht die wissenschaftlichen Grundlagen für photonische Verfahren und Systeme höchster Sensitivität, Effizienz und Auflösung. Gemäß dem Motto "Photonics for Life - from ideas to instruments" entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Leibniz-IPHT maßgeschneiderte Lösungen für Fragestellungen aus den Bereichen Lebens- und Umweltwissenschaften sowie Medizin.


Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.leibniz-ipht.de/institut/presse/aktuelles/detail/gehirnzellen-bei-der-arbeit-beobachten.html

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.
Dr. Anja Schulz, 03.01.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2018

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