Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

AFRIKA/1014: Kenia - Frauen führen mühsamen Kampf um Landrechte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2011

Kenia: Frauen führen mühsamen Kampf um Landrechte

Von Miriam Gathigah

Frauen sind Stützen der Wirtschaft, besitzen aber kaum Land - Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Frauen sind Stützen der Wirtschaft, besitzen aber kaum Land
Bild: © Miriam Gathigah/IPS

Nairobi, 22. Juli (IPS) - An Landtitel zu kommen, ist in Kenia nicht einfach. Selbst der Agrarminister gibt zu, dass in seinem Amt Korruption verbreitet ist. Vor allem Frauen geraten in dem ostafrikanischen Staat rasch ins Hintertreffen, wenn sie Rechtsansprüche auf Land geltend machen wollen.

"Mächtige Leute machen gemeinsame Sache mit bestechlichen Beamten in meinem Ministerium, um illegale Besitzrechte zu erwerben", räumte der zuständige Minister James Orengo kürzlich ein.

Rechtsexperten werfen ihm nun Untätigkeit im Kampf gegen die Korruption vor. Sie sehen die Gefahr, dass insbesondere Frauen weiterhin keinen Zugang zu eigenem Land erhalten. "Der Kampf gegen Bestechlichkeit rückt so sehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit, dass sich niemand mehr um Landtitel für Frauen kümmern wird", warnte die Frauenrechtlerin Grace Gakii aus Nairobi.

Die Landesverfassung sieht vor, dass Frauen Land besitzen und auch erben dürfen. Wenn aber das Ministerium nicht mitziehe, werde sich die Situation nicht zugunsten der Frauen verändern, hieß es aus dem Umfeld der unabhängigen G10-Allianz, einem Zusammenschluss von zehn Frauenorganisationen.

Besonders benachteiligt sind arme Frauen, die aufgrund mangelnder finanzieller Mittel im Kampf um Landbesitz unterliegen. Das Recht steht in diesem Fall nicht auf ihrer Seite. So erstaunt es wenig, dass in Kenia erst magere drei Prozent und in Tansania ein Prozent der Frauen Landtitel besitzen.


Schuften ohne Mitspracherecht

"In den meisten afrikanischen Staaten ist die Wirtschaft abhängig von Frauen, denen das Recht auf eigenes Land vorenthalten wird", kritisierte Mwanahamisi Salimu von der Hilfsorganisation Oxfam in Tansania. Frauen schufteten den ganzen Tag auf den Feldern, über die sie keine Entscheidungsgewalt hätten, sagte sie. In den Kornkammer-Regionen seien sie eine wichtige Stütze der Wirtschaft. Gleichwohl werde ihre Leistung kaum anerkannt und schlecht entlohnt.

Elizabeth Nzioki, die die Besitzverhältnisse von Frauen in ländlichen Gegenden untersucht hat, sieht es zwar als einen Vorteil, dass im Zuge der Landreform den Familienvorständen ein Recht auf Besitztitel zugestanden wurde. Das Problem besteht allerdings darin, dass fast ausschließlich Männer Land erhalten.

Wenn sich in Kenia ein verheiratetes Paar trennt, wird die Angelegenheit noch komplizierter. In dem Gesetz über Ehe und Eigentum ist nicht festgelegt, wie das Land unter diesen Umständen aufgeteilt werden soll. Da die Titel meist auf den Namen des Mannes ausgestellt wurden, bleiben sie nach der Scheidung in der Regel vollständig in seinem Besitz. Nur Mütter von Söhnen erwerben einen Anspruch. Wenn sie Töchter haben, gehen sie dagegen leer aus.

In Tansania sehe es nicht viel anders aus, beklagte Salimu. 99 Prozent der Frauen, die den Großteil der Feldarbeit leisten, haben in rechtlichen Fragen kein Wort mitzureden. Als gravierend beschreibt die Oxfam-Mitarbeiterin die Zustände innerhalb konservativer Volksgruppen wie den Chagga in der tansanischen Kilimandscharo-Region, die Land ausnahmslos an Männer vergeben.

Ein Stück Land wird auch als Grabstätte genutzt. Wenn eine Frau unverheiratet stirbt, wird sie auf einem öffentlichen Friedhof bestattet, wo sie rasch vergessen wird, berichtete Salimu. Um dies zu verhindern, nähmen Chagga-Frauen sogar eine unglückliche Ehe und Übergriffe von Seiten ihrer Männer in Kauf. Auf öffentlichen Friedhöfen begraben zu sein, gelte als Schande und stelle den Menschen mit einem Tier auf eine Stufe.

In Kenia haben sich Frauen inzwischen zusammengeschlossen, um sich gegenseitig zu helfen und ihre finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Nach dem Chama-Modell sparen bereits Tausende Frauen Geld an, von dem sie dann Land für die Mitglieder ihrer Gemeinschaft kaufen. "Dank dieser Strategie besitze ich mittlerweile etwa 2.000 Quadratmeter Land", sagte Miriam Njoki, die keine männlichen Erben hat.


Frauen in Dorfgemeinschaften werden nicht für voll genommen

Selbst in den Ländern des Kontinents, in denen Frauen ein Recht auf Grundbesitz zugestanden wird, blockieren traditionelle Praktiken und Regelungen die Umsetzung der offiziellen Gesetze. Diese Einflüsse seien etwa in Malawi und Tansania spürbar, wo rund 80 Prozent des Landes von Dorfgemeinschaften verwaltet werde, erläuterte die Juristin Maggie Banda vom 'Womens Legal Resources Centre' in Malawi. Dort arbeiten Bäuerinnen aber auch schon in Gruppen zusammen, um Anbau auf eigenen oder gepachteten Äckern zu betreiben.

"Auch in Staaten wie Simbabwe, wo viele Frauen Land besitzen, ist ihre Lage alles andere als ideal. 20 Prozent der Frauen haben dort zwar eigenes Land, doch sie ziehen daraus kaum Profit", sagte Elizabeth Mpofu, die das Simbabwische Forum der Bio-Kleinbauern (SOFF) leitet. Um durch Land Geld verdienen zu können, braucht man erst einmal Kapital.

Den Mitgliedern von SOFF gelingt es allerdings, mit biologischem Anbau Gewinne zu erzielen. "Wir verwenden Saatgut und Dünger aus unserer Region", sagte Mpofu. "Nun wollen wir eine eigene Saatgut-Genbank aufbauen und unseren selbst hergestellten Naturdünger verkaufen." (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.oxfam.org.uk/oxfam_in_action/where_we_work/tanzania.html
http://www.esaff.org/Zimbabwe/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56481

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2011