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AFRIKA/1033: Mosambik - Subventionen gegen Unruhen? (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 3, Mai/Juni 2011

Subventionen gegen Unruhen?

von Alcino Moiana


Die mosambikanische Regierung hat neue Subventionen eingeführt, um die Auswirkungen von steigenden Lebensmittelpreisen abzufedern. Aber wird das ausreichen, um den Volkszorn zu dämpfen und mögliche neue Brotaufstände der Bevölkerung zu verhindern? Im September 2010 waren 13 Menschen bei solchen Aufständen zu Tode gekommen.


Im vergangenen September hatte Mosambik gewalttätige Ausschreitungen wegen gestiegener Lebensmittelpreise erlebt. Die Regierung hatte dem sozialen Druck schließlich nachgegeben und einige kurzfristige Subventionsmaßnahmen eingeführt. Die Mehrheit der Bevölkerung verurteilte diese Maßnahmen, doch wurden sie von vielen begrüßt, da sie davon zunächst profitierten. Beiden Gruppen liegt an möglichst geringen Lebenshaltungskosten. Die Ablehnung galt der finanziellen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen, ist das Land doch in hohem Maße abhängig von ausländischer Hilfe, die zu nahezu 50 Prozent des gesamten Staatshaushalts beiträgt.

Zu den Maßnahmen der Regierung gehörte, die Subventionierung der Bäckereien wieder aufzunehmen. Der Anstieg des Weizenpreises auf dem Weltmarkt hatte diese gezwungen, den Brotpreis zu erhöhen. Daneben subventionierte die Regierung den Benzinpreis, um eine Erhöhung der Kosten im öffentlichen Transport zu vermeiden, der vom Privatsektor beherrscht wird. Doch all diese Maßnahmen waren nur kurzfristig angelegt, da die Regierung von neuen Studien effektive Maßnahmen zur Minimierung der Lebenshaltungskosten erwartet. Da die Ereignisse auf der internationalen politischen Arena zu einem Anstieg des Rohölpreises geführt haben, sind auch die Preise für Grundnahrungsmittel weltweit erheblich gestiegen. Arme Länder wie Mosambik sehen ihre Maßnahmen zur Reduzierung der Lebenshaltungskosten bedroht. Wegen der damit verbundenen hohen Ausgaben für den Staatshaushalt kann die Regierung ihre Subventionen nicht mehr aufrecht erhalten.

Sechs Monate nach den anfänglichen Aufständen spürte die Regierung, dass die Schlinge um den Hals immer enger wird. Deswegen kündigte sie Ende März mit der Einführung von Lebensmittelkörben und Transportzulagen für die am meisten gefährdeten Haushalte neue Verordnungen an. Im Gegensatz zu den Maßnahmen nach dem letzten September, die sich auf einzelne Sektoren wie die Bäckereien und auf Transportunternehmer konzentrierten, zielen die neuen Maßnahmen direkt auf Einzelpersonen.

Das Ministerium für Planung und Entwicklung hat klar gestellt, dass sich die Regierung damit von der Last hoher Ausgaben für Subventionen befreien will. Die Frage drängt sich auf, woher die Regierung das Geld bekommen hat, das sie in den letzten Monaten zur Subventionierung der Bäckereien und Tankstellen genutzt hatte, und wie sie nun zu überleben gedenkt, wo sie doch höchst abhängig von ausländischer Hilfe ist?

Die Frage stellt auch nach der Vertrauenswürdigkeit der Regierung, ob sie tatsächlich in der Lage ist, diese Maßnahmen auch einzuführen. Wie werden die Anspruchsberechtigten ermittelt? Verfügt die Regierung über die technischen Mittel, um die Einführung der Maßnahmen zu überwachen und sicher zu stellen, dass diese auch bei den Anspruchsberechtigten ankommen? Da die Maßnahmen ja auf Haushalte mit geringem Einkommen abzielen, auf Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 67 US-Dollar, stellt sich die Frage, wie die Auswahl vonstatten gehen soll, denn die Mehrheit der Bevölkerung, die weniger als diese Summe verdient, ist im informellen Sektor tätig. Dieser ist desorganisiert und zudem gibt es keine Daten darüber, wie viele Arbeitskräfte dieser Sektor absorbiert.

Die Regierung beabsichtigt die Einführung eines Ausweises für den öffentlichen Transport, der Anspruchsberechtigten (Studenten, gering verdienende Arbeiter) einen ermäßigten Fahrpreis einräumt. Was ist mit den Arbeitslosen? Das öffentliche Transportsystem Mosambiks wird von 15-und 29-sitzigen Minibussen beherrscht. Hat die Regierung eine Vorstellung, wir ihr Plan gelingen soll, wo doch die einfachen Bürger bereits von den Fahrern dieser Minibusse unter Druck gesetzt werden, um die Einnahmen zu erzielen, die sie den Eigentümern am Abend abliefern müssen?

Eine weitere Entscheidung der Regierung ist eine stufenweise Anhebung der Benzinpreise in den nächsten fünf Monaten um monatlich zehn Prozent, was bedeutet, dass der Benzinpreis sich im August 2011 um 50 Prozent erhöht haben wird. Die Besitzer von Privatfahrzeugen dürften damit Schwierigkeiten bekommen, ihr Auto täglich zu benutzen, und müssen daher auf den öffentlichen Transport zurückgreifen, um ihr Ziel zu erreichen. Das wird den Transportsektor einem Stresstest aussetzen, ist er doch schon jetzt kaum in der Lage, die Menge an Menschen aufzunehmen, die auf ihn angewiesen sind, besonders zu Rushhour-Zeiten.

Hat die Regierung mit der Einführung dieser so genannten innovativen Maßnahmen eine gründliche Untersuchung hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit gemacht oder versucht sie bloß, Wasser mit einem Sieb zu schöpfen? Die Einführung all dieser Maßnahmen wird wohl lediglich die Unfähigkeit der Regierung aufzeigen, das soziale Problem der Armen zu lösen. Dabei läuft ihr die Zeit davon, denn neue soziale Unruhen stehen bevor, wenn nicht ein Wunder dabei hilft, die Herzen vieler Armen mit dem Geist des Friedens zu beseelen.


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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
39. Jahrgang, Nr. 3, Mai/Juni 2011, S. 27 - 28
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2011