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AFRIKA/1045: Kapverden - Vorkämpfer für die Unabhängigkeit - Erster Staatschef Pereira gestorben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. September 2011

Kapverden:
Vorkämpfer für die Unabhängigkeit - Erster Staatschef Pereira gestorben

Von Mario Queiroz


Lissabon, 23. September (IPS) - Im Alter von 87 Jahren ist in Portugal einer der Großen der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung und der erste Präsident der Kapverden gestorben. Aristides Pereira stand von 1975 bis 1991 an der Spitze des Inselstaates vor der Westküste Afrikas, nachdem sich das Land vom kolonialen Joch befreit und die 560-jährige Präsenz Portugals auf dem schwarzen Kontinent zu Ende ging.

Pereira überlebte andere afrikanische Befreiungskämpfer der ersten Stunde wie Amilcar Cabral aus Guinea, Agostinho Neto aus Angola, Eduardo Mondiane und Samora Moises Machel aus Mosambik um Jahrzehnte. Am 22. September starb er an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruches und einer Diabetes. Seit Anfang August war er im Krankenhaus der Universität Coimbra, 190 Kilometer nördlich von Lissabon, behandelt worden.

"Pereira hat sich seinen Platz in der Geschichte errungen", sagte der frühere portugiesische Präsident und Regierungschef Mario Soares im Gespräch mit IPS. Er sei immer ein "ernsthafter Mensch von großem Prestige und ein großer Kämpfer" gewesen, den er hoch geschätzt habe. Die kapverdische Gesundheitsministerin Cristina Fontes, erklärte, Pereiras Tod sei ein "immenser Verlust für die Nation".


Zwei Länder - ein Kampf

Mit 20 Jahren hatte Pereira seine Heimat verlassen, um als Funktelegrafist im benachbarten Guinea-Bissau zu arbeiten. Ende der vierziger Jahre schloss er sich gemeinsam mit Cabral dem aktiven Widerstand gegen die Kolonialmacht an. 1956 gründeten die beiden die Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und der Kapverden (PAIGC).

Getreu dem Slogan 'Guinea-Bissau und Kapverden: ein Kampf, eine Partei, zwei Länder' übernahm Pereira 1964 das Amt des stellvertretenden Partei-Generalsekretärs. Nach dem Tod Cabrals, der 1973 wahrscheinlich von Angehörigen der portugiesischen Marine auf dem Territorium des heutigen Staates Guinea getötet worden war, führte Pereira die Partei.

Als sich noch im selben Jahr Guinea-Bissau für unabhängig erklärte, wurde Amilcars Bruder Luís Cabral als Präsident vereidigt. Portugal erkannte die Staatsgründung erst ein Jahr später an, nachdem dort linke Offiziere die seit 1926 herrschende Diktatur mit einem Putsch von der Macht vertrieben hatten.

Pereira regierte die Kapverden seit der Unabhängigkeit 1975 und blieb zugleich Parteichef in seinem Land und in Guinea-Bissau. Sechs Jahre später spaltete sich der kapverdische Flügel der Partei ab. Der Traum von der Einheit beider Länder war damit endgültig geplatzt.

Pereira habe weniger als Kämpfer im Dschungel von Guinea, denn als rechte Hand Cabrals in der Parteiführung einen wichtigen Beitrag zur Unabhängigkeit der Kapverden geleistet, erklärte der ehemalige Oberst Vasco Lourenço. Pereira sei ein "bescheidener, aufrichtiger und charakterfester Mensch" gewesen, hob er hervor. Mit Geduld und Beharrlichkeit habe er den Unabhängigkeitsprozess auf den Kapverden konsolidiert.


"Vater der Nation"

1991 unterlag Pereira bei den ersten demokratischen Wahlen seinem Herausforderer António Mascarenhas Monteiro von der liberalen Bewegung für die Demokratie. Der Ex-Präsident zog sich daraufhin aus der Politik zurück, trat aber bei internationalen Konferenzen auf, schrieb seine Memoiren und engagierte sich für die vom ihm mitbegründete Weltkoalition für Afrika.

Seine Anhänger und Kritiker würdigten ihn gleichermaßen als 'Vater der Nation'. Auf neun der insgesamt zehn Vulkaninseln der Kapverden leben insgesamt rund 500.000 Menschen. Pereira hatte immer auf internationale Unterstützung für seinen Staat gedrungen, der nur über begrenzte eigene Ressourcen verfügt. Inzwischen gehören die Kapverden zu den Ländern Afrikas, in denen die größten wirtschaftlichen und sozialen Fortschritte verzeichnet werden. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. September 2011