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AFRIKA/1180: Simbabwe - Festnahmen und politische Spannungen trüben Hoffnung auf einen Wandel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2013

Simbabwe: Festnahmen und politische Spannungen trüben Hoffnung auf einen Wandel nach Pro-Demokratie-Referendum

von Nyarai Mudimu


Bild: © Nyarai Mudimu/IPS

Die prominente simbabwische Menschenrechtlerin Beatrice Mtetwa bei ihrer Ankunft vor dem Amtsgericht in Harare
Bild: © Nyarai Mudimu/IPS

Harare, 21. März (IPS) - Politische Spannungen zwischen den beiden größten Rivalen der simbabwischen Koalitionsregierung und die fortgesetzte Unterdrückung der Zivilgesellschaft haben wenige Tage nach dem Referendum zugunsten einer neuen Verfassung Zweifel aufkommen lassen, dass eine Demokratisierung des Landes bevorsteht.

Rund drei Millionen Simbabwer stimmten am 17. März in einem Referendum für den Entwurf einer neuen Verfassung, die den Weg für Wahlen noch in diesem Jahr freimachen soll. 179.489 stimmten dagegen. 56.627 Stimmzettel waren ungültig.

Doch noch am selben Tag wurde die prominente Menschenrechtsaktivistin Beatrice Mtetwa wegen Behinderung der Justiz festgenommen. Sie soll Polizisten, die ein Büro zur Unterstützung von Ministerpräsident Morgan Tsvanigirai durchsuchen wollten, um Vorlage eines Durchsuchungsbefehls gebeten haben. Im Zuge der Razzia wurden vier weitere Büro-Mitarbeiter verhaftet.


Anti-demokratische Kräfte am Werk

"Das Vorgehen gegen Einzelpersonen und Organisationen, die sich für die Demokratie einsetzen, verdeutlicht, dass es Kräfte gibt, die noch nicht bereit für das demokratische Zeitalter sind, das mit der neuen Verfassung kommen soll", meinte Nixon Nyikadzino von der Menschenrechtsorganisation 'Crisis in Zimbabwe Coalition', die mehr als 350 lokale zivilgesellschaftliche Vereinigungen zusammenschließt.

Die Partei von Staatspräsident Robert Mugabe, die regierende ZANU-PF, und die von Tsvangirai geführte oppositionelle Bewegung für den demokratischen Wandel (MDC-T), waren 2008 nach massiver Gewalt im Zusammenhang mit den Wahlen übereingekommen, die Macht zu teilen. Mugabe ist seit 33 Jahren im Amt. Seiner Regierung werden Korruption, Machtmissbrauch, politische Einschüchterung und Menschenrechtsverstöße angelastet.

Mit ihrer Unterstützung der Verfassungsreform stimmten die Simbabwer für eine Begrenzung der Präsidentschaft auf höchstens zwei Amtsperioden von jeweils fünf Jahren. Der Entwurf enthält zudem klare Regelungen, die den Sicherheitskräften jegliche politische Neutralität abverlangen. Auch dürfen sie demnach nicht in den Wahlprozess eingreifen.

Auf Mtetwa und die anderen vier Angeklagten kommen nun Verfahren wegen Übertretung des 'Official Secrets Act' zu. Das Gesetz ist vage gehalten und erlaubt das Vorgehen gegen alle, die die Sicherheit und die Interessen Simbabwes gefährden könnten, wobei das Wort 'Interesse' nicht näher definiert wird.

Den Fünf wird ferner vorgeworfen, im Besitz von Gegenständen zur Durchführung krimineller Handlungen gewesen zu sein. Auch sollen sie illegal Archive über Regierungsvertreter angelegt haben, die sie als korrupt erachteten.

Am 20. März hatte das Amtsgericht von Harare den Antrag der Beschuldigten, auf Kaution freigelassen zu werden, abgelehnt, obwohl der simbabwische High Court die Polizei am 18. März dazu aufgefordert hatte, Mtetwa freizulassen. Die Polizei weigerte sich, der Aufforderung nachzukommen. So wurde die Menschenrechtsaktivistin in Untersuchungshaft gehalten und dann dem Amtsgericht vorgeführt.

Juristen haben die Vorgehensweise entschieden verurteilt. "Wir würden gern wissen, wie es möglich ist, dass ein untergeordnetes Gericht das Urteil eines übergeordneten Gerichts für null und nichtig erklären kann", sagte der Sprecher der Simbabwischen Rechtsanwälte für Menschenrechte, Kumbirai Mafunda, gegenüber IPS.

"Der High Court hatte ihre Freilassung angeordnet. Erst widersetzte sich die Polizei und nun auch noch ein untergeordnetes Gesetz", kritisierte Mafunda. "Es ist uns noch immer ein Rätsel, wie das Gericht zu einer solchen Entscheidung kommen konnte. Wir sind noch immer dabei, die Entscheidung zu prüfen."


Hinhaltetaktik

Nyikadzino hat die Weigerung des Gerichts, die fünf auf Kaution freizulassen, nicht überrascht. "Doch das ist eine typische Verfahrensweise: dich so lange in U-Haft zu halten wie sie nur können, weil sie wissen, dass sie keinen Fall haben", meinte der Menschenrechtsaktivist.

Die Polizei beharrt indes darauf, richtig gehandelt zu haben. So erklärte die Sprecherin der Nationalpolizei, Charity Charamba, gegenüber IPS, dass Mtetwas Mitbeschuldigte keine Mitarbeiter des Büros des Ministerpräsidenten gewesen seien. Die betreffenden Personen seien für Nichtregierungsorganisationen tätig gewesen, die in der Demokratischen Allianz in Simbabwe zusammengeschlossen seien.

Im Januar hatte die internationale Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW) das simbabwische Justizsystem als nach wie vor extrem ZANU-PF-lastig bezeichnet. In einer Mitteilung vom 19. März legte HRW eine Liste "politisch motivierter Übergriffe gegen zivilgesellschaftliche Aktivisten und Organisationen" vor.

ZANU-PF-Sprecher Rugare Gumbo wies die Anschuldigungen zurück. "Wir wissen, dass dieser Sensationalismus ein Schachzug von Tsvangirai und seinen Handlangern ist, damit das Gipfeltreffen der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) noch vor den allgemeinen Wahlen stattfindet. Lassen wir die Polizei und Gerichte ihre Arbeit tun. Wir sind über die Machenschaften (der MDC-T) im Bilde."

Tsvangirai warnte seine Anhänger vor einer Zunahme der Gewalt von Seiten der ZANU-PF. "Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es vor jedem Wandel gewisse Elemente gibt, die ihn zu verhindern suchen", sagte er. "Im Jahr 2000 hatten wir den Verfassungsentwurf abgelehnt. Kurz darauf kam es zu Landnahmen und Gewalt. Und als wir 2008 das GPA unterzeichneten - wie viele Menschen wurden da festgenommen?", fragte Tsvangurai auf einer Pressekonferenz in Harare am 19. März.

Berichten zufolge hat Mugabe unterdessen zugesagt, den Verfassungsentwurf nach 30 Tagen dem Parlament zur Verabschiedung vorzulegen. Es werde nichts abgeändert. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.crisiszimbabwe.org/
http://www.ipsnews.net/2013/03/arrests-intimidation-and-no-new-zimbabwe/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2013