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AFRIKA/865: Sierra Leone - Frauen drängen in die Armee, bereits 700 Soldatinnen im Einsatz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2010

Sierra Leone: Frauen drängen in die Armee - Bereits 700 Soldatinnen im Einsatz

Von Mohamed Fofanah

Soldatinnen in Freetown - Bild: © Mohamed Fofanah/IPS

Soldatinnen in Freetown
Bild: © Mohamed Fofanah/IPS

Freetown, 24. September (IPS) - Maiatu Sesay steht in Grundstellung und wartet auf weitere Befehle. Nach einer kurzen Anweisung rührt sie sich, greift zu ihrer AK47, lädt durch und feuert zusammen mit ihren männlichen Kollegen eine Gewehrsalve in den grauen Himmel. Der Vorgang ist von historischer Bedeutung, denn Sesay ist die erste Frau in Sierra Leone, die Salutschüsse zu Ehren eines gefallenen Soldaten abgab.

In dem westafrikanischen Nachkriegsland sind Soldatinnen zwar noch immer ein ungewöhnlicher Anblick, doch immer mehr Frauen wollen in die sierraleonischen Streitkräfte (RSLAF) eintreten. Hinter dem Trend steht eine Politik, Frauen in Sierra Leone zu mehr Chancengleichheit zu verhelfen. Sie wird vom 'Women Peace and Security Network (WISPEN) mit Sitz in Accra (Ghana) und dem UN-Frauenfonds (UNIFEM) gefördert.

Sierra Leone ist eine patriarchalische Gesellschaft, in der Frauen mit vielen Formen einer strukturellen Diskriminierung zu kämpfen haben. Besonders schlimm erging es den Sierraleoninnen im zehnjährigen Bürgerkrieg von 1991 bis 2002. Einem Bericht der nationalen Wahrheits- und Versöhnungskommission zufolge wurden Mädchen und Frauen von Soldaten systematisch vergewaltigt. Ziel war es, ein Klima der Angst zu schüren.

Doch die Armee ist nicht mehr das, was sie einmal war. "Wir reißen die Mauern und Barrieren ein, die unseren Frauen den Weg in die RSLAF versperren", versicherte der Chef Stabschef Brigadegeneral Robert Yira Koroma. So seien die Aufnahmebedingungen gelockert worden, um Frauen den Weg für den Eintritt in die Armee freizumachen.

Nach Angaben von Oberst Michael Samura verfügen die RSLAF über 8.500 Truppen, 300 von ihnen Frauen, die auch zu internationalen Kriseneinsätzen herangezogen werden. "Wir haben bereits sieben Soldatinnen als Blauhelme nach Darfur geschickt", berichtete Samura. Weitere 20 Frauen sind bereits auf ihren Einsatz in der südsudanesischen Krisenregion vorbereitet worden. Außerdem gibt es inzwischen vier weibliche Kolonnenführer.


Frauenfreundliches Umfeld

Die RSLAF sind nach eigenen Angaben darum bemüht, in den Kasernen ein frauenfreundliches Umfeld zu schaffen. So gibt es eine Stelle, die Mobbing, Sexismus und andere Übergriffe vor allem auf die weiblichen Armeeangehörigen entgegenwirkt. "Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche Soldatinnen und Soldaten in Anspruch nehmen können, um sich Hilfe zu suchen", so Komora.

Die größte Herausforderung der militärischen Gleichstellungspolitik ist die Rekrutierung. "Es gibt nach wie vor das Problem, kompetente Frauen für den Militärdienst zu finden", sagte Koroma. Wer in die Armee eintreten will, muss einen Sekundarstufenabschlusses vorweisen können.

Kestoria Kabia ist die erste Frau, die es in die Position eines Brigadegenerals gebracht hat. "Wir versuchen so viele Frauen wie möglich anzuwerben, die Interesse an einer militärischen Laufbahn haben", versicherte sie. "Auch wollen wir gewährleisten, dass Frauen in der Armee unter besten Bedingungen arbeiten können und nicht diskriminiert werden." (Ende/IPS/kb/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2010