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AFRIKA/928: Côte d'Ivoire - Nach Protesten gegen Gbagbo, Verletzten medizinische Hilfe versagt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Dezember 2010

Côte d'Ivoire:
Nach Protesten gegen Gbagbo - Verletzten medizinische Hilfe versagt

Von Alexis Adele


Abidjan, 23. Dezember (IPS) - Drei Tage lang ließ sich Ousmane Traoré in einer privaten Klinik im Norden von Abidjan behandeln, dem Regierungssitz Côte d'Ivoires. Er hatte während einer Protestkundgebung gegen Staatspräsident Laurent Gbagbo Kopf- und Bauchverletzungen erlitten. Doch das staatliche Hauptkrankenhaus in Treichville, im Süden der Stadt, war nicht bereit, ihn aufzunehmen.

"Als ich von der Polizei angeschossen wurde, brachte mich ein Mann zum städtischen Krankenhaus. Aus meinen Wunden tropfte sehr viel Blut", sagt Traore. Ich wartete dort eine halbe Stunde und nichts geschah. Später sagte mir ein Arzt, dass man ihm untersagt habe, verletzte Demonstranten zu versorgen."

Traore war nicht der einzige Patient, der von den öffentlichen Gesundheitszentren abgewiesen wurde. So sah sich ein Dutzend anderer Demonstranten ebenfalls gezwungen, anderswo Hilfe zu suchen. Sie alle hatten an den Protesten vom 19. Dezember für das Ende der Amtszeit von Staatspräsident Gbagbo teilgenommen. Bei Zusammenstößen mit der Polizei starben nach UN-Angaben rund 50 Menschen.

Auch Lamine Tiotes Freund musste sterben, weil sich niemand um seine Verletzungen gekümmert hatte. "Wir warteten stundenlang, doch niemand vom Krankenhauspersonal kam, um sich seiner anzunehmen. Er starb in meinen Armen", berichtet Tiote. "Ich schrie um Hilfe, doch keiner reagierte. Es war einfach unglaublich", sagt er bitter.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bestätigte, dass Demonstranten, die bei den Protestaktionen schwer verletzt worden waren, nicht ärztlich versorgt wurden. Sie berief sich auf Berichte von Augenzeugen, wonach die Sicherheitskräfte Ärzten und Pflegekräften verboten hatten, verletzte Demonstranten zu versorgen.

Nach Angaben von Gabriel Beugré, dem Leiter des Militärkrankenhauses im nördlichen Abidjan-Viertel Abobo, mussten aber auch zahlreiche Sicherheitskräfte behandelt werden. "Obwohl unsere Möglichkeiten beschränkt sind, versorgen wir sie alle", versichert er.

Seit den Wahlen vom 28. November ist die Situation in Côte d'Ivoire angespannt. Nach Erkenntnissen der unabhängigen Wahlkommission erreichte Alassane Ouattara 54 Prozent der Stimmen. Gbagbo unterlag mit 46 Prozent. Paul Yao N'Dré, Direktor des Verfassungsrats, erklärte hingegen Gbagbo mit einer Stimmenmehrheit von 51 Prozent zum Wahlsieger.

Gbagbo und Ouattara haben sich beide als Präsidenten des westafrikanischen Landes vereidigen lassen. Nun geht in Côte d'Ivoire die Sorge um, dass der Streit um die Macht das Land erneut an den Rand des Bürgerkrieges führen könnte. International gilt Ouattara als Wahlsieger.


Nahrungsmittelpreise steigen

Die Schließung der Landesgrenzen und die fortgesetzten Zusammenstöße zwischen den Anhängern beider Präsidenten behindern die Nahrungsmitteleinfuhren, was wiederum zu einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise führte. "Auf unseren Märkten ist längst nicht mehr alles zu haben", bestätigte Catherine Kouassi aus Yopougon, einem Viertel im Norden von Abidjan. "Und die Nahrungspreise sind um 50 bis 75 Prozent gestiegen."

Angesichts der angespannten Lagen hätten die Lastwagenfahrer eine Erhöhung ihrer Transportkosten beschlossen, berichtet die Ivorerin Rosine Tah. Dies wiederum führe dazu, dass die Verbraucher stärker zur Kasse gebeten würden.

Auf dem Plateau-Dokoui-Markt werden Auberginen im Zehnerpack inzwischen zu einem US-Dollar gehandelt. Das Kilo Fleisch kostet 2,50 bis drei Dollar. "Wenn wir nicht aufpassen, werden sich nur die wenigsten in den kommenden Tagen Lebensmittel leisten können", mahnt der Wirtschaftsanalyst Thomas Konan.

Der 35-jährige Taxifahrer Raoul Kodjo hofft inständig, dass sich die Situation bald wieder normalisieren wird. "Seit einer Woche läuft mein Geschäft nicht mehr", erzählt er. "Wir brauchen eine schnelle Lösung, um aus der Krise zu kommen."

Berichten zufolge hat das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) damit begonnen, den ivorischen Flüchtinge, die vor der Gewalt nach den Wahlen geflohen sind, zu helfen. Es sieht sich nach eigenen Angaben in der, bis zu 30.000 Menschen zu versorgen. (Ende/IPS/kb//2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2010