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AFRIKA/950: Diktaturen nicht unbesiegbar - Äthiopischer Politologe zieht Lehren aus Tunesien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Januar 2011

Afrika: Diktaturen nicht unbesiegbar - Äthiopischer Politologe zieht Lehren aus Tunesien


Berlin, 28. Januar (IPS) - Der tunesische Volksaufstand gegen einen von vielen Despoten Afrikas hat das Potenzial, auf dem schwarzen Kontinent einen Flächenbrand auszulösen: in Ägypten wächst der Druck der Massen auf das Regime von Staatspräsident Hosni Mubarak, und auch in Algerien machen immer mehr Menschen ihrem Unmut Luft.

Für den äthiopischen Politikwissenschafter Alemayehu G. Mariam, der an der 'California State University' lehrt, bewahrheitet sich derzeit das, was schon Indiens Befreier Mahatma Gandhi Trost gespendet hat: dass es Tyrannen gibt, die unbesiegbar erscheinen, doch am Ende von der Geschichte hinweggefegt werden.

Gandhi zwang die Briten zum Abzug aus Indien. Nelson Mandela gelang die Abschaffung der Apartheid in Südafrika. In Tunesien hingegen schlugen 'No Names' den ungeliebten Staatspräsidenten Zine El Abidine Ben Ali in die Flucht. Gerade aus dieser 'Jasminrevolution' lassen sich Mariam zufolge einige nützliche Erkenntnisse gewinnen:

Wenn Afrikas Diktaturen fallen, dann Knall auf Fall und ohne Vorwarnung. Noch vor Wochen habe niemand eine derartig schnell verlaufende Absetzung Ben Alis für möglich gehalten, schreibt der Professor in einem Beitrag. Gleichwohl lehre das Beispiel Tunesien auch, dass immer ein Risiko besteht, dass eine unorganisierte und zerstrittene Opposition den auf der Straße erzielten Sieg gefährde.

In seinem Artikel 'Ethiopia - As African Tyrants Fall', der sich wie eine Anleitung für eine erfolgreiche Abschaffung der Diktaturen liest, empfiehlt der Politologe, möglichst schnell nach dem Sturz eines Despoten den Polizeistaat abzuschaffen, um zu verhindern, dass ihm weitere Menschen zum Opfer fallen. In Tunesien hat der Volksaufstand bereits mehr als 100 Todesopfer gefordert.

"Die Funktionsweise von Polizeistaaten in Krisensituationen ist altbekannt: Diktatoren erklären den nationalen Notstand, verhängen Ausgangssperren und geben Tötungsbefehle aus, um die Bevölkerung zu terrorisieren, die Hoffnung der Menschen zunichte zu machen und ein Klima der Verzweiflung, Machtlosigkeit, Isolation und Angst zu erzeugen", schreibt Mariam in seinem Artikel.

Tunesien habe ferner gezeigt, dass die Liebe des Westens zu Afrikas Diktatoren nicht allzu tief geht. So habe der Westen Ben Ali als großen Modernisierer und als Bollwerk gegen den religiösen Extremismus gefeiert, ihn dann aber ganz schnell fallengelassen, so der Professor. Wichtig sei deshalb, rechtzeitig Koalitionen und Allianzen gegen Diktatoren zu schmieden. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass alte Despoten lediglich durch neue ersetzt würden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2011