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ASIEN/639: Afghanistan - US-Sicherheitsfirmen ausgewiesen, Karsai fürchtet mehr Korruption (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. August 2010

Afghanistan: US-Sicherheitsfirmen ausgewiesen - Karsai fürchtet mehr Korruption

Von William Fisher


New York, 25. August (IPS) - Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat private US-Sicherheitsfirmen für vier Monate des Landes verwiesen. Diese Unternehmen seien "mafia-ähnliche Gruppen", die von den US-Steuerzahlern finanziert würden, um in Afghanistan "Terrorakte" auszuführen, sagte der Staatschef. Mit der Maßnahme will er auch eine Zunahme der Korruption verhindern.

Politische Beobachter rechnen nun damit, dass sich die Sicherheitslage in dem unruhigen Land verändern wird. Kritikern wenden ein, dass sich durch eine solche Entscheidung die Durchführung etlicher ausländischer Projekte verschleppen könnte. Außerdem werde die Strategie unterlaufen, mit der der Oberkommandierende der NATO-Truppen, General David Petraeus, Afghanistan befrieden will.

Internationale Finanzorganisationen wie die Weltbank sowie Botschaften, Konsulate und Nichtregierungsorganisationen dürfen weiterhin bleiben. Beobachter erklären sich Karsais feindselige Haltung gegenüber US-Sicherheitsfirmen mit den negativen Auswirkungen ihrer Arbeit auf die afghanische Politik.

Die Unternehmen begleiten internationale Truppen, bewachen Militäreinrichtungen und leisten Personenschutz. Die US-Armee und ihre Verbündeten sind vielen Afghanen aber mittlerweile verhasst, weil im Kampf gegen Taliban-Extremisten auch zahlreiche Zivilisten getötet wurden. Petraeus braucht jedoch den Rückhalt der Bevölkerung und will die Afghanen daher davon überzeugen, dass das Militär sie vor den Taliban schützen kann.

Die privaten US-Firmen sind wegen ihrer Aktivitäten auch mit den US-Behörden in Konflikt geraten. Das Unternehmen 'Xe Services', das früher unter dem Namen 'Blackwater International' bekannt war, hat sich mit dem US-Außenministerium inzwischen darauf geeinigt, 42 Millionen US-Dollar Strafe wegen Verstöße gegen die Exportbestimmungen zu zahlen.


Unerlaubtes Militärtraining

Xe Services wird vorgeworfen, ohne Genehmigung Waffen nach Afghanistan geschickt und dort ausländische Zivilisten zu Soldaten ausgebildet zu haben. Zudem soll die Firma vorgeschlagen haben, Soldaten im Südsudan in Kampftechniken zu unterweisen. Taiwanesischen Polizisten wollte Xe Services außerdem ein Heckenschützen-Training anbieten.

Das Unternehmen ist jedoch zuversichtlich, nach der Einigung weiterhin Aufträge von der US-Regierung zu erhalten. Allerdings müssen sich nach wie vor fünf frühere Manager von Blackwater unter anderem wegen Strafvereitelung vor Gericht verantworten.

Auch der irakische Innenminister Jawad al-Bolani kündigte an, ehemalige Blackwater-Mitarbeiter auszuweisen und Waffen ausländischer Sicherheitsfirmen zu beschlagnahmen. Die Regierung hatte zuvor entrüstet auf den Freispruch von Blackwater-Mitarbeitern vor einem US-Gericht reagiert. Ihnen war vorgeworfen worden, 2007 in Bagdad 14 irakische Zivilisten getötet zu haben. Die Angeklagten erklärten, sie hätten in Notwehr gehandelt.

Gegen das Urteil will die US-Regierung Berufung einlegen. Die irakische Regierung arbeitet mit US-Juristen zusammen, um ein Verfahren gegen das Unternehmen vorzubereiten.

Für viele Iraker war der ungesühnte Tod der 14 Zivilisten ein beredtes Beispiel dafür, dass Mitarbeiter ausländischer Sicherheitsfirmen nach der US-Invasion 2003 in dem Land weitgehende Straffreiheit genossen. Erst im vergangenen Jahr schlossen beide Staaten ein Abkommen, in dem der irakischen Regierung in solchen Fällen volle Souveränität zugesichert wird.

Karsai erklärte unlängst gegenüber dem US-Fernsehsender ABC, dass der endgültige Abzug der US-Sicherheitsfirmen bis Ende des Jahres erfolgt sein sollte. "Ein Grund dafür, dass ich sie erst einmal für vier Monate ausweise, liegt darin, dass ihre Anwesenheit das Wachstum des Landes und die Entwicklung unserer Streitkräfte behindert", so der Staatschef. Außerdem sei zu befürchten, dass die Korruption unter Staatsbeamten zunehme.


Kerry stärkt Karsai den Rücken

Karsai erhielt vorsichtige Unterstützung von dem demokratischen Senator John Kerry, der dem auswärtigen Ausschuss des Hauses vorsitzt. Eine Neuorganisation der Sicherheitsstrukturen in Afghanistan sei notwendig, sagte er. "Es ist im Interesse von Präsident Karsai, dass die Afghanen selbst rasch für Sicherheit in ihrem Land sorgen können", betonte Kerry bei einem jüngsten Kurzbesuch in Afghanistan.

US-Regierungsbeamte bezweifeln jedoch, dass die Armee und Polizei in Afghanistan bereits in der Lage sind, die Arbeit der Sicherheitsfirmen selbst auszuführen. Es wird sogar befürchtet, dass die Korruption immer weiter um sich greift, wenn das afghanische Militär eine größere Rolle als bisher spielt. (Ende/IPS/ck/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2010