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ASIEN/697: Burma - Druck auf ethnische Gruppen wächst, neue Gefechte mit Armee im Grenzgebiet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2010

Burma: Druck auf ethnische Gruppen wächst - Neue Gefechte mit Armee im Grenzgebiet

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 13. Dezember (IPS) - An der Grenze zwischen Burma und Thailand liefern sich Rebellen des Karen-Volks heftige Gefechte mit dem burmesischen Militär. Damit wächst die Gefahr weiterer Gewaltausbrüche in einem Gebiet, das sich seit mehr als sechs Jahrzehnten der Kontrolle der Armee entzieht.

Die jüngsten Kämpfe begannen Anfang November, als Mitglieder der Bewegung 'Demokratische buddhistische Karen-Armee' (DKBA) die burmesische Grenzstadt Myawaddy angriffen und besetzten. Seitdem sind etwa 35.000 Zivilisten, die der ethnischen Minderheit angehören, nach Thailand geflohen.

Wie viele Menschen bei den Vorstößen des Militärs getötet wurden, ist bislang unklar. Beobachter in der thailändischen Grenzstadt Mae Sot gehen von mindestens vier Opfern aus. "Die Lage ist ernst, und das Regime scheint sehr aufgebracht zu sein", sagte der burmesische Sicherheitsexperte Win Min, der im Exil lebt. Die Junta wolle zeigen, dass sie alle aufständischen Bewegungen gleichzeitig bekämpfen und andere Gruppen von koordinierten Attacken abhalten könne.

Seit April 2009 verfolgten die Generäle offen den Plan, die unterschiedlichen ethnischen Rebellenbewegungen in einer einheitlichen Grenzschutztruppe (BGF) unter dem direkten Kommando der Armee zusammenzufassen. Mehrere Gruppen, darunter auch die DKBA, lehnten dies ab.

"Das Regime will nun kleinere und schwächere Gruppen bekämpfen, die Widerstand gegen die Gründung der BGF geleistet haben", sagte Win Min im Interview mit IPS. "Dabei hat die Junta auch die DKBA im Visier." Jedes Jahr sei das Militär ein Stück weiter auf das von den Minderheiten bewohnte Territorium vorgerückt.


Unruhen trotz Waffenstillstandsabkommen

Die von Exil-Burmesen gegründeten Medien warnten inzwischen auch vor dem Ausbruch neuer Gefechte in den Gebieten der Ethnien Kachin und Shan. Deren Kampfverbände hatten gemeinsam mit 15 anderen bewaffneten Gruppen zwischen 1989 und 1995 Waffenstillstandsabkommen mit dem Regime geschlossen.

Nach Angaben der Organisation 'Human Rights Watch' (HRW) ist trotz dieser Vereinbarungen der Frieden in einem Gebiet nahe der Grenze zu China bedroht. Die Menschenrechtsaktivisten rechnen damit, dass die Spannungen dort auch im kommenden Jahr anhalten werden. Auch in Teilen des so genannten 'Shan-Staates' ist es zu Unruhen gekommen.

In dem südostasiatischen Land, das von der Junta in Myanmar umbenannt wurde, hat das Militär die Macht seit 1962 fest im Griff. Die Burmanen sind einem Bevölkerungsanteil von etwa 60 Prozent die größte der mehr als 130 registrierten Ethnien. Insgesamt leben in dem Staat rund 56 Millionen Menschen.

Seit der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht 1948 hat die Vielzahl der unterschiedlichen Volksgruppen verhindert, dass die Burmanen ihre Herrschaft über das ganze Territorium ausdehnen konnten. In den Jahren unmittelbar nach der Staatsgründung erstreckte sich der Einfluss der Zentralregierung lediglich auf die Hälfte des Landes. Die nach und nach auf rund 400.000 Mitglieder aufgestockten Streitkräfte haben inzwischen einen Großteil des Staatsgebiets unter ihre Kontrolle gebracht. Etwa 45.000 Rebellen leisteten der Armee Widerstand.

Die Gebietseroberungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten überzeugten die Junta davon, dass das Land nur mit militärischen Mitteln zu einen sei. "Als die Uniformierten in die Vergangenheit zurückblickten, sahen sie ein Land, das in kleine Teile zu zerfallen drohte und seither immer mit Gewalt zusammengeschweißt werden musste", schrieb der Historiker Thant Myint-U in seinem Buch 'Der Fluss der verlorenen Fußspuren'. Das Militär habe vor der Herausforderung gestanden, Myanmar eine neue Identität zu verschaffen.


Neue Verfassung untermauert Vormacht des Militärs

Die neue Staatsverfassung, die 2008 nach einem von Unregelmäßigkeiten überschatteten Referendum in Kraft trat, bekräftigt die Machtstellung der Generäle. Anfang November dieses Jahres fanden erstmals seit 20 Jahren wieder allgemeine Wahlen statt, bei denen die Junta ihre Herrschaft unter fragwürdigen Umständen behaupten konnte.

Der Druck auf die Rebellenbewegungen nimmt nun weiter zu. "Die burmesische Junta hat den Gruppen ein Ultimatum für den Beitritt zur BGF gestellt", sagte Kheunsal Jaiyen von dem Nachrichtendienst Shan Herald, der in Nordthailand arbeitet. Sollten sie nicht darauf eingehen, würden sie für illegal erklärt. Das Regime werde seine Mehrheit im Parlament und die Verfassung dazu nutzen, alle Rebellen unter seine Kontrolle zu zwingen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.hrw.org/asia/burma
http://www.shanland.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=53835


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2010