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ASIEN/814: Pakistan - Gemeinsam gegen US-Drohnen, Parteien vor den Wahlen auf Stimmenfang (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. September 2012

Pakistan: Gemeinsam gegen US-Drohnen - Parteien vor den Wahlen auf Stimmenfang

von Ashfaq Yusufzai


Protest in Peshawar gegen US-Drohnen-Angriffe - Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Protest in Peshawar gegen US-Drohnen-Angriffe
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, Pakistan, 17. September (IPS) - Politische Parteien in Pakistan verstärken ihren Widerstand gegen Angriffe US-amerikanischer Drohnen und eine geplante Militäroperation zur 'Säuberung' der Grenzregionen nahe Afghanistan von extremistischen Kämpfern.

"Bisher hat lediglich die von Imran Khan geführte Bewegung für Justiz (Pakistan Tehreek Insaf) gegen die Drohnen-Angriffe und die Militärkampagne in Waziristan protestiert", sagte der frühere Bürgermeister von Mardan, Muhammad Azeem. Mardan ist einer der 25 Distrikte in der nördlichen Unruheprovinz Khyber Pakhtunkhwa. Dort und in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) nehmen die Drohnen Ziele unter Beschuss.

"Da die Wahlen immer näher rücken, versuchen nun auch andere Parteien aus den anti-amerikanischen Gefühlen Kapital zu schlagen, um sich Wählerstimmen zu sichern", erklärte Azeem. Im kommenden Jahr soll in dem südasiatischen Land das nächste Mal gewählt werden.

Religiös orientierte Parteien unter Führung von 'Muttahida Majlis Amal' (MMA) hatten 2003 die Wahlen dank ihrer Verbindungen zu den Taliban gewonnen. Sie stellten die Regierungen in den Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan. Nach ihrer Machtübernahme distanzierten sie sich von den Taliban und wurden 2008 wieder abgewählt.

Die beiden größten religiösen Parteien 'Jamaat Islam' (JI) und 'Jamiat Ulemai Islam' (JUI) sind inzwischen auch aus dem Dornröschenschlaf erwacht und versuchen die anti-amerikanische Stimmung für sich zu nutzen. So erklärte der JI-Vorsitzende Munawar Hassan am 5. September auf einer Kundgebung in der Stadt Nowshera in Khyber Pakhtunkhwa, dass sich seine Partei einer Militäroffensive der Regierung entgegenstellen werde.

"Amerikanische Agenten versuchen Unruhe im Land zu stiften, indem sie die Armee zu einem Einsatz in Nord-Wasiristan drängen. Wir werden das aber nicht zulassen", versicherte er auf einer Wahlveranstaltung.


Regierung wird Tatenlosigkeit vorgeworfen

Der politische Analyst Javid Hussain hob hervor, dass eine Militäroperation bereits seit 2005 in allen sieben Teilen der FATA im Gang sei. Bisher habe kein Vertreter der Regierung etwas dagegen unternommen, kritisierte er. Die Einmischung der USA und ihrer Verbündeten in innere Angelegenheiten des Landes bringe die Freiheit und die Autonomie Pakistans in Gefahr.

Auch der JUI-Chef Maulana Fazlur Rehman übte bei seinen öffentlichen Auftritten Kritik an den US-Drohnen- und Militäreinsätzen. Anfang September sagte er in Islamabad, dass seine Partei die Bewohner der Stammesgebiete bei einem Armeeeinsatz nicht im Stich lassen werde.

Proteste kommen auch von den kleinsten politischen Parteien Pakistans. "Die Drohnen-Angriffe richten sich gegen die Souveränität des Landes", sagte Ikramullah Khan von der 'Swabi Qaumi Mahaz'. "Sie haben unschuldigen Frauen und Kindern das Leben gekostet und verstoßen somit gegen die Charta und die Konventionen der Vereinten Nationen." Einen möglichen Militäreinsatz in Nord-Waziristan bezeichnete er als eine Katastrophe.

Etwa 300.000 Menschen der 5,8 Millionen Einwohner der Stammesgebiete seien durch Militäroperationen vertrieben worden, sagte Khan. Ein weiterer Einsatz werde noch mehr Menschen zu Binnenflüchtlingen machen.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der regierenden 'Pakistans Peoples' Party' (PPP), Aftab Ahmed Khan, hat der Einsatz von Gewalt dem Terrorismus nicht nur in den Stammesgebieten weiteren Aufschwung gegeben. "Wir würden es der Regierung niemals erlauben, in Nord-Waziristan zu militärischen Mitteln zu greifen. Militäroperationen spielen den Taliban zu und führen nicht zum Frieden." Die Unruhen müssten durch einen Dialog beigelegt werden.


Staatspräsident von mehreren Seiten unter Druck

Staatschef Asif Ali Zardari von der PPP, der Witwer der ermordeten Präsidentin Benazir Bhutto, versucht unterdessen, trotz des Drucks aus Washington den Beginn der Operation in Nord-Waziristan hinauszuzögern. Auch die Pakistanische Muslim-Liga (Nawaz) will erreichen, dass die Regierung von dem Vorhaben Abstand nimmt und den Konflikt auf dem Verhandlungsweg zu lösen versucht.

Imran Khan will Vertreter internationaler Medien mit nach Waziristan nehmen, um ihnen das Ausmaß der Zerstörung durch die Drohnen-Angriffe zu zeigen. "Die Regierung sollte zurücktreten, wenn sie das Leben der Bevölkerung nicht mehr schützen kann", forderte er. "Unschuldige Menschen bei Drohnen-Angriffen und Militäreinsätzen zu töten, wird nur noch mehr Terroristen hervorbringen." (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2012