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LATEINAMERIKA/1032: Kolumbien aktuell - Juni 2009 (ask)


Kolumbien-aktuell Nr. 488 vom 26. Juni 2009

Inhalt:
1. Schwere Angriffe gegen die Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen - 1. Teil
2. Chronologie: 1. - 31. Mai 2009


1. Menschenrechte: Schwere Angriffe gegen die Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen in Kolumbien - 1. Teil

Seit dem Jahr 2005 haben die Menschenrechtsorganisationen Kolumbiens ihre Anstrengungen darauf ausgerichtet, die schwere Menschenrechtskrise des Landes zu überwinden. Durch einen kollektiven Prozesses und in Übereinstimmung mit den sozialen Organisationen begannen sie mit der Regierung und mit Begleitung der internationalen Gemeinschaft einen Nationalen Menschenrechts-Aktionsplan zu diskutieren. Doch die wiederholten Angriffe auf die Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen bilden enorme Hindernisse bei diesem Prozess.

Die grossen Schwierigkeiten, auf welche die Regierung bei der Verabschiedung von Freihandelsabkommen bei verschiedenen Ländern aufgrund der Hinterfragung der Menschenrechtsverletzungen gestossen ist, haben die Notwendigkeit aufgezeigt, dass die kolumbianische Regierung fassbare Resultate vorweisen kann, um so ihren Willen zu zeigen, den Menschenrechtsverletzungen gegenüber zu treten. Mit dem Ziel, die Unterzeichnung von Freihandels- und Investitionsabkommen zu erreichen, ist die Formulierung eines Nationalen Menschenrechtsaktionsplans, welcher zwischen der Regierung Kolumbiens und den zivilgesellschaftlichen Organisationen mit der Begleitung der internationalen Gemeinschaft ausgehandelt wird, eine immer wichtigere Aufgabe. Dies, weil die kolumbianische Regierung von breiten Kreisen auf internationaler Ebene wegen ihrer Menschenrechtslage zutiefst hinterfragt wird. Aus diesem Grund wurde die Notwendigkeit zu Übereinkommen zwischen der Regierung und den Menschenrechtsorganisationen über die fehlenden Garantien für die Teilnahme und den freien Zugang der Zivilgesellschaft in diesem Diskussionsprozess des Nationalen Menschrechtsplanes immer dringender.

Die Menschenrechts- und Friedensplattformen Kolumbiens verpflichteten sich am 10. November 2008 zu einem Verhandlungsprozess mit der Nationalen Regierung mit dem Ziel, die notwendigen Garantien für die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte und für die legitime Arbeit der Menschenrechts- und sozialen Organisationen zu erreichen. In diesem Prozess haben diese Plattformen festgestellt, dass entgegen den vereinbarten Zielen, die Angriffe der Regierung und verschiedener staatlicher Autoritäten auf die Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen und der sozialen Organisationen und deren Mitglieder sich in schwerwiegender Weise verschärft haben.

In diesem Kontext von Angriffen, Drohungen, Morden und Feindseligkeiten von Seiten der Regierung gilt eine besondere Sorge den Angriffen und der Verfolgung unserer Organisationen, wie sie von verschiedenen Regionalen militärischen Geheimdiensten (Regionales de Inteligencia Militar del Ejército - RIME), dem Geheimdienst SIJIN der Nationalpolizei oder vom Sicherheits- und Geheimdienst DAS, welcher direkt dem Präsidenten untersteht, vorangetrieben werden. Die Angriffe haben sich auch in der Form der Kriminalisierung der Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen verschärft, wie sie in illegaler Weise aufgrund von Geheimdienstberichten oder Aussagen von Informanten im Dienste der Militäreinheiten gemacht werden. Die direkt den Militäreinheiten zugeordneten Beamten der Staatsanwaltschaft haben solche illegalen Machenschaften zur Verfolgung sozialer Führungspersonen und MenschenrechtsverteidigerInnen rechtlich zu decken versucht.

In den letzten Wochen sind diese Angriffe, Drohungen und willkürlichen strafrechtlichen Ermittlungen in folgenden Modalitäten zum Ausdruck gekommen.

1. Verfolgungen, Telefonüberwachung und Überwachung der e-mails

Obwohl die Medien breit über die Verfolgungen und das Abhören der Telefone durch den direkt dem Präsidenten unterstellten Geheimdienst DAS gegen JournalistInnen, RichterInnen und OppositionspolitikerInnen berichteten, wurde auch bekannt, dass seit dem Jahr 2004 die Menschenrechtsorganisationen und deren Mitglieder Ziel systematischer Bespitzelung waren. Die Zeitschrift Semana, welche über die massive Überwachung der Kommunikation durch den DAS berichtete, informierte auch, dass nebst den Richtern und Journalisten "viele der bekanntesten Menschenrechtsorganisationen des Landes ihre eigene Akte beim DAS haben: Redepaz (Ana Teresa Bernal), die Comisión Colombiana de Juristas (Gustavo Gallón), Codhes, Cinep und das Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo. Gegen diese letzte Organisation wurde in einer Operation mit der Bezeichnung 'Transmilenio' alles erhoben: Finanzen, Bewegungen, Aufenthalte, Zusammensetzung der Familien und Transportmittel, und anderes mehr. Diese Operation begann im Jahr 2004 und hatte als Hauptziel Alirio Uribe, den Präsidenten des Anwaltkollektivs".[1]

Zudem bestätigte sich bei den heute vom Obersten Gerichtshof vorangetriebenen Prozessen das Vorhandensein von Akten gegen die Menschenrechtsorganisationen, von denen der Grossteil zusammen mit der Regierung am Tisch für Garantien mitarbeiten. In diesen Prozessen werden Abhörungen und die Registrierung von Telefonanrufen und e-mails u.a. gegen die folgenden Organisationen aufgeführt: Führungsgremium von Justapaz; die Comisión Colombiana de Juristas; Justicia y Paz; Cinep; Anwaltskollektiv José Alvear Restrepo; Asfaddes; Codhes; Anwaltskollektiv Luis Carlos Pérez, Permanentes Menschenrechtskomitee, Corporación Siempreviva, Humanidad Vigente; Lateinamerikanisches Institut für alternative Rechtsdienste ILSA; Redepaz; Caritas Diocesana; Movimiento Cimarrón; Asamblea Permanente por la Paz; Minga und Indepaz. Zudem wurden Akten mit Informationen aus der Überwachung von Gewerkschaften erstellt, so der CUT, der CTC, Asonal Judicial, Sindess und Sintrateléfonos und Telefonverzeichnisse und Geheimdienstberichte über Bewegungen und familiäre Informationen insbesondere über Gustavo Gallón (Comisión Colombiana de Juristas CCJ), Camilo González Posso (Indepaz), Carlos Rodríguez und Gloria Flórez (Minga), wie auch die Überwachung des Hilfswerkes Diakonia Colombia. Wie auch die Richter des Obersten Gerichtshofes deutlich gemacht haben, ist es nicht glaubwürdig, mittlere Kaderleute für diese systematische und nachhaltige Spionage gegen die Menschenrechtsorganisationen und deren Mitglieder durch den direkt dem Präsidenten unterstellten Geheimdienst DAS verantwortlich zu machen. Es ist nicht glaubwürdig, dass diese ohne den Willen jener gehandelt haben, welche die Geheimdienstaktivitäten leiten und kontrollieren, Operationen anordnen und auch über deren Resultate informiert werden müssen.

Diese illegale Überwachung zeigt eine Praxis der systematischen und generalisierten Verfolgung während der vergangenen sechs Jahre bis heute. Nicht nur eine grosse Zahl von Menschenrechtsorganisationen waren davon betroffen, sondern in vielen Fällen ist die Mehrzahl der Mitglieder Ziel dieser minutiösen Verfolgung geworden, wobei die Intimität und die persönliche Freiheit der MenschenrechtsverteidigerInnen und deren Familien verletzt wurden. Der erste Bericht der Ermittlungseinheit der Staatsanwaltschaft (CTI) über die illegale Telefonüberwachung durch den DAS bestätigt die gründliche Überwachung des DAS gegen 41 Angestellte des Anwaltskollektivs José Alvear Restrepo CCAJAR, insbesondere gegen den Präsidenten Alirio Uribe Muñoz. In einer der über ihn angelegten Akten "werden Aktivitäten sichtbar, welche mit dem Ziel gemacht wurden, öffentliche und private Daten zu sammeln, Wege, Aufenthaltsorte, die Familienzusammensetzung, Transportmittel und Informationen über die Finanzen der Mitglieder von CCAJAR festzuhalten". Die Überwachung und das Abhören der Kommunikation von Alirio Uribe erlaubte "seine persönliche Identität, den Lebenslauf, biographische Informationen, Anwaltsausweis, Pass, Anwaltszulassung, Zivilstand, Studiengänge, Wohnadresse, Gewohnheiten, Stärken und Schwächen, besuchte Orte, Familienstruktur, Namen der Kinder und der Eltern, sowie von Freunden und Arbeitskollegen, Bankkonten, Kreditkarten und Auslandkontakte" zu kennen. In der Akte sind Farbfotos und die entsprechenden Negative von Wohnblöcken. Das Vorhandensein einer Anleitung für die Überwachung und die Bedrängung von oppositionellen Personen, wie sie die Zeitung El Tiempo am 14. Juni 2009 veröffentlichte[2], verstärkt die Gewissheit, dass es sich bei dieser Praxis der Verfolgung um die Umsetzung einer Staatspolitik gegen politische Oppositionelle und MenschenrechtsverteidigerInnen und deren Organisationen handelt.

Die Ausweitung der Verfolgung und Überwachung bis zu den minderjährigen Kindern, den Ehepartnern und anderen Mitgliedern der Familie von MenschenrechtsverteidigerInnen zeigt sich auch u.a. in den bisher bekannten Fällen von Alirio Uribe, Gustavo Gallón, Gloria Flórez und Ana Teresa Bernal. Dies sind Praktiken, von denen man meinte, sie geschähen nur in den schlimmsten Diktaturen und totalitären Regimes.

2. Illegale Zusammenstellung und Aufbewahrung von Geheimdienstberichten gegen MenschenrechtsverteidigerInnen

Die Menschenrechts- und Friedensplattformen haben in den letzten Wochen Kenntnis von Berichten bekommen, welche von der Geheimdienstzentrale der Armee erstellt wurden. In diesen Berichten werden die Führungsleute von sozialen und Menschenrechtsorganisationen allgemein der Überwachung der Regionalen militärischen Geheimdienste RIME unterstellt. Diese illegale Praxis der RIME kommt konkret in Berichten im Dep. Antioquia und im Dep. Caquetá zum Ausdruck, welche im Jahr 2008 und auch 2009 erarbeitet wurden.

Im Bericht des Regionalen militärischen Geheimdienstes RIME No. 6 (MD-EJC-CIME-RIME6-53.1) werden breite Kreise der sozialen Führungspersonen und der MenschenrechtsverteidigerInnen des Dep. Caquetá mit dem Unterstützungsnetz der Amazonas-Front der FARC in Verbindung gebracht. Die 97 im Bericht erfassten Personen werden mit Namen und/oder alias, mit den Wohnadressen, den Telefonnummern und Fotos aufgeführt. Unter den Erfassten sind mehrere Mitglieder der Nationalen Bewegung von Opfern von Staatsverbrechen MOVICE - Kapitel Caquetá, der Präsident der Vereinigung Caguán Vive, Anwälte von politischen Gefangenen, Professoren der Universität La Amazonía, Mitglieder der Vereinigung Asotaxis, Asogricak, Fensuagro, der regionale Präsident der Universitätsprofessoren ASPU, Asodemca, der Juco, Mitglieder des Alternativen Demokratischen Pols und der Liberalen Partei, wie auch mehrere Kandidaten für die Bürgermeisterämter der Region, ehemalige Gemeindeabgeordnete und Kandidaten für die Departementsversammlung.

Aufgrund dieser Geheimdienstberichte sind gegen zehn der überwachten Personen Strafermittlungen aufgenommen worden und sie sind bei Militäroperationen mit grosser medialer Resonanz verhaftet worden. Der ehemalige Bürgermeister von Cartagena del Chairá und Mitglied der Unión Patriotica, Victor Oime, ist bereits dreimal inhaftiert worden.

Die Erstellung solcher Berichte durch die Regionalen militärischen Geheimdienste RIME zeigt ein militärisch-kriegerisches Vergehen und eine Betrachtung als Feind gegenüber der Arbeit von sozialen und Menschenrechtsorganisationen in den verschiedensten Regionen des Landes. Diese Behandlung, Sichtweise und dieses Vorgehen ist nicht vereinbar mit der Vorherrschaft individueller Freiheiten und den Grundrechten eines Rechtsstaates. Wie kürzlich bekannt wurde, wurden diese Geheimdienstberichte, die Telefon- und e-mail-Überwachungen und die Beschattungen ohne Autorisierung durch die Staatsanwaltschaft gemacht. Die Staatsanwaltschaft hat aber auch nicht die notwendigen Schritte unternommen, um dieses Vorgehen zu überprüfen, zu ermitteln und die Verantwortlichen dieser kriminellen Praktiken zu bestrafen. Im Gegenteil, die Überwachung und Bespitzelung einer breiten Zahl von sozialen und Menschenrechtsorganisationen, wie auch von hohen Richtern, Oppositionspolitikern, JournalistInnen und selbst von Mitgliedern internationaler Menschenrechtsorganisationen zeigen, dass diese Überwachungsinstanzen nicht nur mit einer grossen Freiheit gehandelt haben, sondern auch mit der Zustimmung und dem Wissen der hohen staatlichen Behörden.

Die Medien haben sich in ihrer Berichterstattung auf die illegale Bespitzelung des DAS gegen die hohen Richter konzentriert, doch gibt es immer mehr Hinweise einer ähnlichen Bespitzelung des DAS, wie auch der Regionalen militärischen Geheimdienste RIME und der SIJIN (Geheimdienstabteilung der Nationalpolizei) gegen die MenschenrechtsverteidigerInnen.

Hervorzuheben ist, dass in der Mehrzahl der Fälle die illegal beschaffte und in diesen Geheimdienstberichten aufgearbeitete Information nicht immer für die Eröffnung einer Strafverfolgung herangezogen wird. Oft wird sie aufbewahrt und geheim gehalten mit dem Ziel einer weiteren Bespitzelung und der Suche nach einer geeigneten Möglichkeit, um diese Information für verschiedenste Zwecke einzusetzen, wie den Verkauf der Information an paramilitärische Chefs, was zur Ermordung von MenschenrechtsverteidigerInnen und GewerkschaftlerInnen geführt hat (z.B. im Fall von Alfredo Correa de Andreis und anderer sozialer Führungsleute der Atlantikküste) oder direkte Mordbefehle der Direktion des DAS.[3] Die Medien haben berichtet, dass über Jahre ermittelte Daten aus der illegalen Bespitzelung gegen Ende 2008 in einem Raum im 8. Stockwerk des DAS mit dem Wissen aller Direktoren des DAS unter dem Sigel "ultrageheim" aufbewahrt werden.[4]

3. Eröffnung von Strafverfahren durch die den Militärbasen zugeordneten Staatsanwälte aufgrund von Geheimdienstberichten

Trotz mehrmaliger Verfassungsgerichtsurteile, wonach Geheimdienstberichte für sich allein keine ausreichenden Beweise für die Eröffnung eines Strafverfahrens sind, kommt es häufig vor, dass die den Militärbasen zugeordneten Staatsanwälte falsche Aussagen aus Geheimdienstberichten der Armee übernehmen und unterstützen.

So werden in den Militärstationen aufgenommene, bezahlte Aussagen von Mitgliedern des Informantennetzwerkes oder von demobilisierten Guerilleros (diese müssen Aussagen machen, um in den Genuss von Begünstigungen für Demobilisierte zu kommen) - alles Informationen, welche von den Armeebrigaden koordiniert werden - für die Ausarbeitung von Geheimdienstberichten verwendet, die nachher von den Staatsanwälten, die diesen Militärbrigaden zugeordnet sind, übernommen werden. Diese fragwürdige Form der Eröffnung von rechtlichen Ermittlungen ist im Fall von Arauca von verschiedenen internationalen Menschenrechtsinstanzen in Frage gestellt worden, da gegen die Prinzipien der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz verstossen wird. Dieses fragwürdige Vorgehen hat sich jedoch auf verschiedene Regionen des Landes ausgeweitet und wird generell als wirksames Mittel zur Zerschlagung von sozialen Organisationen eingesetzt und um die Anklagen von Menschenrechtsorganisationen zum Schweigen und Verstummen zu bringen.

Im Dep. Antioquia haben die Berichte der Regionalen militärischen Geheimdienste RIME als Basis dafür gedient, damit die den Brigaden zugeordneten Staatsanwälte Strafverfahren gegen soziale Führungsleute, Studenten, Politiker, Gewerkschaftler und MenschenrechtsverteidigerInnen eröffnet haben. Dies weist auf eine wiederholte und systematische Praxis des Staates hin. So hat die der 4. Armeebrigade zugeordnete Staatsanwaltschaft No. 74 aufgrund von seit dem 26. Februar 2009 erstellten Geheimdienstberichten des Regionalen militärischen Geheimdienstes RIME No. 7 am 3. April 2009 ein Strafverfahren gegen mehrere Mitglieder von sozialen, gewerkschaftlichen und nicht-staatlichen Menschenrechtsorganisationen wieder eröffnet.

Die Benutzung von Aussagen demobilisierter Guerilleros, meist der FARC-Guerilla, welche in der 4. Armeebrigade und vor Militärs gemacht werden, als Grundlage für die Erweiterung von Geheimdienstberichten, auf denen die Strafermittlung beruht, zeigt klar das Ziel auf, die legitime Ausübung von verfassungsmässigen Freiheiten wie der Meinungsäusserungsfreiheit, der Gewissensfreiheit und der Freiheit der Mitbestimmung zu kriminalisieren und zum Schweigen zu bringen. Dieser Prozess gegen Organisationen des Dep. Antioquia beruht auf Geheimdienstberichten der RIME, in denen in tendenziöser Weise eine breite Zahl von StudentInnen, ProfessorInnen und Angestellten der Universität von Antioquia, wie auch Menschenrechts-, Gewerkschafts- und politischen Organisationen, welche nicht der offiziellen Koalition angehören, so z.B. die Alianza Social Indigena und der Alternative Demokratische Pol, der Geheimen Kommunistischen Partei PC3 zugeordnet werden. Ziel dieser irregulären Vorgehensweise sind u.a. die Organisationen Corporación Jurídica Libertad, Nationale Gewerkschaftsschule ENS, Sozial- und Volksbildungszentrum IPC, das Menschenrechtskollektiv Semillas de Libertad, der Zusammenschluss der UniversitätsstudentInnen FEU, die Vereinigung der Studierenden der Sekundarstufe FES, die kolumbianisch-kubanische Vereinigung Medellin, die Vereinigung Sumapaz, das universitäre Menschenrechtskomitee Gustavo Marulanda, die Vereinigung Región, die Bauernvereinigung von Antioquia ACA, die Vereinigung Prometeo de Antioquia, das Jugendnetzwerk Red juvenil, der Zusammenschluss von GesundheitsnutzerInnen und die gewerkschaftlichen Organisationen wie der Zusammenschluss der LehrerInnen von Antioquia ADIDA, Sintrapintuco, Sintratextil, Sintraintabaco, Sintravidricol, die Gewerkschaft der öffentlichen Angestellten, die Gewerkschaft der Bankangestellten, die Vereinigung der Pensionierten der Universität Antioquia und die Gewerkschaft des SENA.

Das rechtliche Verbot, Strafverfahren auf der Grundlage von Geheimdienstberichten zu eröffnen, wird hier übergangen, wie es auch von anderen den Militärbrigaden zugeordneten Staatsanwälten übergangen worden ist. Dabei nutzten diese inoffizielle Zeugen mit zweifelhafter Glaubwürdigkeit, meist demobilisierte Guerilleros, die oft bereits bei anderen Prozessen "benutzt" worden waren. Im Falle des Prozesses in Antioquia, wie auch in anderen Prozessen gegen soziale Führungsleute und MenschenrechtsverteidigerInnen, war die Funktion dieser Zeugen, die haltlosen Anschuldigungen der Geheimdienstberichte über vermeintliche Verbindungen dieser Organisationen mit der geheimen Partei der FARC, dem PC3, zu bestätigen und gezielt Professoren verschiedener Fakultäten der Universität von Antioquia, insbesondere der Rechtsfakultät, wie auch Forscher des Instituts für Regionale Studien INER und einige Führungsleute der Universität solcher Verbindungen zum PC3 zu bezichtigen.

Die Einmischung der militärischen Macht in die Führung der Ermittlungen gegen die MenschenrechtsverteidigerInnen und sozialen Führungspersonen und die Vernachlässigung der Kontrollfunktionen und der Prinzipien der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz werden besonders deutlich im Fall der Regionalen militärischen Geheimdienste RIME. Obwohl diese keinerlei Funktionen zur Ermittlung von Straftatbeständen haben, leiten und koordinieren sie die Erhebung von Beweisen und die Beweisführung. Im Falle dieses Prozesses in Antioquia, welchen die Staatsanwaltschaft No. 74 führt, welche der 4. Armeebrigade zugeordnet ist, kann festgestellt werden, dass es die Generalstaatsanwaltschaft selber ist, welche Abkommen zwischen dem Regionalem militärischen Geheimdienst RIME und den Ermittlungseinheiten der Staatsanwaltschaft (CTI) vereinbart hat, um Prozesse, welche auf der Basis von Geheimdienstinformationen beruhen, möglich zu machen und damit diese Geheimdienstberichte als Beweise zulässig sind. Dieses verfassungswidrige Vorgehen geht soweit, dass die Militärs selber die Führung der Prozesse übernehmen, was offensichtlich wurde, als der Staatsanwalt entschied, diesen Prozess aufgrund eines Berichtes der CTI in Absprache mit dem RIME zu eröffnen, in welchem die vermeintlichen Beweise gegen die Angeschuldigten vorliegen. Der Staatsanwalt kommt aufgrund dieses Berichtes zum Schluss, dass "der Prozess wieder aufgenommen werden kann". (Bericht vom 26. Februar 2009)

Die Unterordnung der den Militärbrigaden zugeordneten Staatsanwälte unter die Geheimdienste, welche die gefälschten Geheimdienstberichte verfassen mit dem Ziel, die Anklage von Menschenrechtsverletzungen und die Verteidigung der Menschenrechte durch die Menschenrechtsorganisationen zu neutralisieren, zu erschweren und die Organisationen einzuschüchtern, steckt voller Irregularitäten und illegaler Handlungen, welche die Garantien der Verfassung und der internationalen Menschenrechtsabkommen verkennen.

Im Fall der Staatsanwaltschaft No. 74, welche der 4. Armeebrigade in Medellín zugeordnet ist, wurde der Strafprozess im Rahmen des Gesetzes 600 des Jahres 2000 geführt, obwohl die vorgeworfenen Taten nach der Einführung des neuen Anklagestrafsystems erfolgten. Dies hat erlaubt, dass der Ankläger und seine militärischen Alliierten die verfassungsmässigen Rechte der Angeschuldigten - ohne die Kontrolle eines überwachenden Richters - einschränken können. Zudem wurden die Angeschuldigten nie über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen informiert, was ihnen die Ausübung ihres Rechtes auf Verteidigung und die Möglichkeit, die zur Anschuldigung eingebrachten Beweise auf der Grundlage von Geheimdienstberichten und Aussagen von Demobilisierten anzufechten und zu widerlegen.

Mit der illegalen Weigerung der Staatsanwaltschaft, das Anklagestrafrecht anzuwenden, versucht sie nicht nur die Kontrolle durch die überwachenden Richter zu umgehen, sondern scheint auch einer Strategie zu gehorchen, welche auf die Beschleunigung von Strafverfahren gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und soziale Führungspersonen ausgerichtet ist. Die Angeschuldigten haben keinerlei Kenntnis über die Beweisführung, welche die Staatsanwaltschaft gemeinsam und in Übereinstimmung mit den Regionalen militärischen Geheimdiensten RIME und auf der Grundlage verfassungswidriger Abkommen mit den Ermittlungseinheiten der Staatsanwaltschaft (CTI) übernimmt. So werden Ermittlungsfunktionen an Geheimdienstabteilungen der Armee delegiert.

Die rechtliche Forderung, keine Ermittlungen allein auf der Grundlage von Geheimdienstberichten zu eröffnen, wird nicht nur durch die komplementären Aussagen von Demobilisierten zu umgehen versucht, sondern auch durch neue Aktivitäten der Geheimdienste gegen die Menschenrechtsorganisationen und mittels öffentlicher Anklagen, welche ebenfalls zur Unterstützung der Geheimdienstberichte dienen sollen. All dies haben die CTI und der Regionale militärische Geheimdienst der 4. Armeebrigade in Zusammenarbeit mit dem der 4. Armeebrigade zugeordneten Staatsanwalt No. 74 angewendet, um das Strafverfahren gegen die sozialen- und Menschenrechtsorganisationen wieder aufzunehmen. So zirkulierte am 4. Mai 2009 im Internet ein gefälschtes Dokument, in dem auf betrügerische Weise die Namen und Unterschriften von Bayron Góngora und Elkin Ramírez, beides Anwälte der Vereinigung Jurídica Libertad, benutzt werden, und in dem die Menschenrechts-, Gewerkschafts- und Studentenorganisationen von Medellin, Antioquia und dem ganzen Land beschuldigt werden, enge Verbindungen zu den Guerillaverbänden der FARC und des ELN zu haben. Damit soll die Kampagne zur Rufschädigung und zur Untergrabung der Glaubwürdigkeit gegen die sozialen- und Menschenrechtsorganisationen weiter geführt und ein Klima zur Unterstützung möglicher Strafprozesse geschaffen werden. Dabei sollen die beschuldigten Organisationen als vermeintliche politische Unterstützung der Guerilla hingestellt werden.

In diesem Fall scheint die Verfolgung gegen MenschenrechtsverteidigerInnen nicht nur eine neue kriminelle Praxis aufzuweisen, sondern erlaubt auch den Schluss, dass die mittels Überwachungen und dem Raub von Daten erlangten Logos der Organisationen, Unterschriften und e-mail Verteilerlisten als Teil einer "offensiven Geheimdienstarbeit" benutzt werden, wie es in der "Anleitung für Überwachungen", auf die in der Zeitung El Tiempo hingewiesen wurde, aufgeführt ist.

Die Kombination von legalen und illegalen Vorgehensweisen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und soziale Führungspersonen zeigte sich im Rahmen dieses Prozesses besonders eindrücklich durch die versuchte Verschleppung von Winston Gallego Pamplona und Jorge Meneses, beides Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Sumapaz. Am 7. Mai 2009 stoppten zwei bewaffnete Männer in Zivil ausserhalb der Universität von Antioquia das Taxi, in dem Winston Gallego und Jorge Meneses unterwegs waren und zwangen diese, ihnen ihre Taschen, Gegenstände und Ausweise auszuhändigen. Aufgrund des Auftauchens der Polizei sahen sich die Angreifer gezwungen, sich als Angehörige der Armee auszuweisen. Obwohl gegen die Angreifer eine disziplinarische Anklage erhoben wurde, wurden den beiden Ausgeraubten ihre Sachen und Ausweise nicht zurück gegeben. Im Gegenteil, am 10. Juni 2009 wurde gegen Winston Gallego Pamplona ein Haftbefehl ausgestellt, nachdem er freiwillig zu einer Befragung erschienen war, die er selber eingefordert hatte. In dieser Befragung legte er selber Beweise vor, um die gegen ihn gerichteten Anschuldigungen zu widerlegen und die Rechtmässigkeit und Legalität seiner Aktivitäten als Menschenrechtsverteidiger zu belegen. Als die Befragung zu Ende war, ordnete die Staatsanwältin seine sofortige Verhaftung an, in klarer Verkennung, dass sich Winston Gallego freiwillig zur Befragung gemelde t hatte und seinen ausdrücklichen Willen bekundet hatte, bei den Ermittlungen mit der Justiz zusammen zu arbeiten. Damit wurden verfassungsmässige Rechte wie die individuelle Freiheit und die Unschuldsvermutung verletzt. Eine grosse Zahl von Mitgliedern der beschuldigten Organisationen des Dep. Antioquia befürchten, dass jederzeit solche Aktionen wie sie gegen Winston Gallego und Jorge Meneses unternommen wurden, auch gegen sie erfolgen.

4. Montagen durch bezahlte Zeugen und Demobilisierte auf der Jagd nach rechtlichen Vorteilen oder durch bezahlte Zeugen im Dienste der Militärbrigaden

Auch in anderen Regionen Kolumbiens haben Menschenrechtsorganisationen gegen das Vorgehen der den Armeeeinheiten zugeordneten Staatsanwälte protestiert. So führen im Dep. Sucre diese Staatsanwälte Hausdurchsuchungen im Morgengrauen durch, an denen auch Vermummte teilnehmen, die - wie festgestellt werden konnte - zur 1. Marineinfanteriebrigade gehören.

Auf der Grundlage einer ähnlichen Kombination von Geheimdienstberichten und illegalen Vorgehensweisen der den Militärstationen zugeordneten Staatsanwälte - die immer mehr den Führungen der Geheimdienste unterworfen werden - nehmen die Strafverfahren gegen soziale Führungsleute und MenschenrechtsverteidigerInnen in vielen Regionen des Landes zu. So befindet sich auch Harry Yesid Caicedo Perlaza, Direktor des Permanenten Menschenrechtskomitees von Nariño und Mitglied der Sozialkoordination des Pazifiks, auf Anordnung der 2. Spezialisierten delegierten Staatsanwaltschaft bei dem GAULA (A.d.Ü. Antientführungseinheit der Armee) unrechtmässig in Buenaventura in Haft. Er wird der Rebellion und der verbrecherischen Verschwörung angeklagt. Die gleiche Situation haben zahlreiche MenschenrechtsverteidigerInnen im Dep. Nariño erlitten, welche auf der Grundlage von Anschuldigungen der Behörden, der Armee oder von in der Region operierenden paramilitärischen Verbänden verfolgt werden.

Im Fall der Verfahren gegen 55 StudentenführerInnen wurde angeklagt, dass die Staatsanwaltschaft weder das Prinzip der Unabhängigkeit der Justiz noch ihre Kontrollfunktion wahrgenommen hat, indem sie zusammen mit der Nationalpolizei Haftbefehle ausstellte. Diese geheimen Verfahren werden zu einer eigentlichen Verfolgung gegen die sozialen und Menschenrechtsorganisationen, denn sie verlängern ohne jegliche Kontrolle und auf unbestimmte Zeit die Wahl eines günstigen Momentes, um Massnahmen gegen die Freiheit und die Rechte der Beschuldigten zu ergreifen.

Diese Montagen mittels bezahlter Zeugen und Demobilisierten auf der Jagd nach rechtlichen Begünstigungen oder bezahlter, im Dienst der Militärbrigaden stehenden "Zeugen" kommen häufig bei Anklagen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen vor und können meist auf die Unterstützung durch die den Armeeeinheiten zugeordneten Staatsanwälte zählen.

Dieses Vorgehen zeigte sich auch in jüngsten Gerichtsurteilen. Der Freispruch Mitte Mai 2009 von Miguel Angel Gonzales Huepa, Führungsmitglied der ACVC, der ungerecht mehr als 16 Monate inhaftiert war, machte klar, dass er Ziel einer Montage von Anklagen war, welche vom Armeebataillon Calibio zusammen mit Demobilisierten, die im Dienste des Bataillons stehen, ausgearbeitet worden war. Mit den gleichen Methoden wurde gegen Andres Gil, einem weiteren Führungsmitglied der ACVC vorgegangen. Er befindet sich noch immer in Haft und gegen zwölf Mitglieder der ACVC wurden Haftbefehle ausgestellt.

Am 13. November 2008 wurde in San Onofre im Dep. Sucre willkürlich Carmelo Agámez, Generalsekretär der Nationalen Bewegung von Opfern von Staatsverbrechen MOVICE - Sektion Sucre, von fünf Personen in Zivil festgenommen. Diese Personen identifizierten sich später als Mitglieder der Nationalpolizei, handelten jedoch ohne richterlichen Befehl. Nach fünf Tagen ohne Anklage in der Gewalt der SIJIN (Geheimdienst der Nationalpolizei) wurde gegen Agámez Anklage wegen Konspiration zur Verübung von Verbrechen in Zusammenarbeit mit den paramilitärischen Gruppen erhoben. Dies, obwohl allgemein bekannt ist, dass Agámez aktiv die Präsenz der Paramilitärs in der Region angeklagt hatte. Carmelo Agámez wurde aufgrund von Montagen angeklagt, die scheinbar von Personen kommen, die mit dem Paramilitarismus in Verbindung stehen und die zur Zeit aufgrund von Aussagen von Mitgliedern von MOVICE - und von Carmelo Agámez im Besonderen - inhaftiert sind.

Diese Methode der Kriminalisierung der MenschenrechtsverteidigerInnen bei der Ausübung ihrer fundamentalen Grundrechte wie der Meinungsäusserungsfreiheit, der Gewissensfreiheit und der Versammlungsfreiheit, zeigte sich auch im Dep. Arauca durch die jüngste Einstellung des Verfahrens gegen Martin Sandoval, den Präsidenten des Permanenten Menschenrechtskomitees und Mitglied der regionalen Equipe der Permanenten Versammlung der Zivilgesellschaft für den Frieden. Auch gegen 13 weitere soziale Führungsleute und MenschenrechtsverteidigerInnen wurde von den Richtern die Einstellung der Prozesse verfügt. Das Gerichtsurteil hält fest, dass es sich um eine Montage von Einheiten der Armee, insbesondere der SIJIN DEARA, mit vermeintlichen, demobilisierten Guerilleros als "Zeugen", die aus ihren falschen Zeugenaussagen ein Geschäft machten, handelte.

So heisst es im Gerichtsurteil: "...dies bedeutet, dass die Zeugin ihre Rolle wie in einem Film auswendig lernte, damit so die Armee positive Ergebnisse vorweisen kann. Es zeigt, wie solche skrupellosen Personen, die sich für solche Situationen anbieten, in ihrem Drang nach leicht verdientem Geld in keiner Weise um den Schmerz, den fahlen Geschmack und die Verunglimpfung vieler Personen, die überhaupt nichts mit illegalen bewaffneten Gruppierungen zu tun haben, kümmern. (...) Diese Zeugin wiederholte exakt und in den gleichen Worten wie ihr Partner es gemacht hatte in seiner ihm von Funktionären der SIJIN DEARA zugewiesenen Rolle, und in der gleichen Weise wie man eine Rolle in einem Film übernimmt, die Anschuldigungen. Diese Rolle wurde Wort für Wort vom gleichen Funktionär ausgearbeitet und manipuliert. Die Staatsanwaltschaft sieht mit Befremden - nachdem sie die Erklärungen der Ankläger analysiert hat - dass diese vermeintlich Demobilisierten mit dem Ziel handelten, den Beschuldigten Schaden zuzufügen und mit diesen Anschuldigungen falsche Erfolgsmeldungen für die Armee zu ermöglichen, wobei sie ein gemeinsames Ziel hatten, die Erreichung von finanziellen Entschädigungen und Bezahlung durch die Sicherheitsdienste."[5]

Die Montagen oder die Zusammenstellung von Drehbüchern durch die Geheimdienste der Polizei und der Armee auf deren Grundlage die Zeugenaussagen formuliert werden, welche von Zeugen oder Demobilisierten vorgetragen werden, die damit Begünstigungen anstreben, haben ihren Ursprung oft in den Erhebungen, welche die Armee in breiten Gebieten des Landes unter der Zivilbevölkerung durchführt. Solche Vorgehensweisen wurden in Arauca, Casanare, Meta und anderen Regionen angeklagt.

Im Urteil zum Freispruch von Martin Sandoval und 13 weiteren sozialen Führungspersonen des Dep. Arauca heisst es: "Was für dieses Gericht klar wurde, ist, dass obwohl das Verfassungsgericht die Erhebungen und die Kompetenzübernahme ziviler Behörden durch die Armee in den Rehabilitations- und Konsolidierungszonen für verfassungswidrig erklärt hat, werden diese Vorgehen in der Region immer noch praktiziert, so z.B. die Erhebungen und die Übernahme von Kompetenzen ziviler Behörden durch die Armee. Es ist völlig üblich, in urbanen und ruralen Zonen die Durchführung solcher illegaler Vorgehensweisen zu sehen. Militärs halten in Heften, Computern oder in speziell vorbereiteten Listen die Personendaten, die Angaben zur Familie, zur Beschäftigung, zum Beruf, die Ausweisnummern, Adressen, etc. fest und fotografieren oder filmen die Personen und deren Ausweise. Die Fahrräder, die Fuhrwerke, die Motorräder und Autos werden registriert. Personen, die auf Polizei- oder Armeeposten mitgenommen werden, werden auf die gleiche Weise erfasst, einige werden bei solchen Operationen festgenommen, die Mehrzahl wird wieder freigelassen, aber ihre Daten werden festgehalten. Mit diesen Daten und den Fotografien werden dann Montagen zusammengestellt, welche mit falschen Zeugenaussagen vervollständigt werden, so wie in diesem Fall mit bezahlten Zeugen oder mit Personen, denen die Daten, Fotos und alles, was sie gegen das Opfer sagen müssen, von den Geheimdiensten vorgegeben wird. Die Beschuldigten werden festgehalten und den Medien als Guerilleros oder Terroristen von grosser Gefährlichkeit vorgeführt, so wie es in diesem Fall geschehen ist, um mit der Verhaftung dieser ehrenwerten, arbeitsamen und guten BürgerInnen der Gesellschaft des Dep. Arauca militärische Erfolge vorweisen zu können."[6]

Wie aus diesem Urteil ersichtlich ist, werden die Urteile des Verfassungsgerichtes, mit welchen versucht wird, die Verletzung der Grundrechte durch gewisse Politiken der Strategie der demokratischen Sicherheit zu verhindern, von der Armee nicht befolgt. Verfassungswidrige Vorgehensweisen kommen weiter gegen marginalisierte Kreise auf dem Land und in verschiedenen Regionen des Landes zum Einsatz, in der Hoffnung, dass die Anklagen und Bitten dieser Opfer weder Gehör finden, noch auf sie eingegangen wird.


*


Chronologie: 1. - 31. Mai 2009

1. Mai 2009

Drogenboss mit einem Ausweis der Präsidentschaft soll sich in offiziellen Fahrzeugen von Uribe bewegt haben. Die Zeitschrift Cambio veröffentlicht einen Artikel, in dem ein bekannter Drogenboss der Vereinigung "Harlista", mit protzigem und elegantem Auftreten, nicht nur im Besitz eines Ausweises war, welcher ihm leichten Zugang zu den Präsidentenbüros erlaubte, sondern sich auch in den offiziellen Fahrzeugen von Uribe bewegte. Der Drogenboss Cristian Borda Gómez arbeitete für die bekannten Drogenhändler und Paramilitärchefs Miguel Angel und Victor Manuel Mejía Múnera, die Einfluss in Arauca, Córdoba und Urabá hatten. Nach einem Geheimdienstbericht von 2006 bewegte sich Borda, alias Tomy, als Sicherheitsunternehmer und hatte geschäftliche Beziehungen und "Freundschaften mit angesehenen Personen auf nationaler Ebene und mit Einfluss in der Regierung und bei militärischen Behörden". Zu diesen Kontakten gehörte Camilo Uribe, Halbbruder von Präsident Alvaro Uribe, mit dem Borda Geschmack und Hobbies teilte, so das Schiessen und die Jagd. So schreibt einer der Journalisten in Cambio: "Es gibt ein Video, auf dem Borda einem seiner Kumpanen sagt, er hätte die Sicherheit von Camilo Uribe infiltriert. Dieses Video ist im Besitz einer ausländischen Agentur."

http://www.cambio.com.co/paiscambio/826/ARTICULO-WEB-NOTA_INTERIOR_CAMBIO-5098452.html

Abteilung für Finanzanalysen des Finanzdepartements in die illegale Überwachung von Richtern des Obersten Gerichtshofes involviert. Die illegale Überwachung der Richter des Obersten Gerichtshofes wurde nicht nur von der politischen Polizei, dem direkt dem Präsidenten unterstellten Sicherheitsdienst DAS durchgeführt, sondern auch von anderen Abteilungen, so von der präsidialen Abteilung für Finanzanalysen, deren Direktor Mario Aranguren irregulär dem DAS geheime wirtschaftliche Daten über die Finanzbewegungen der Richter übergeben hat. Aufgrund der Veröffentlichung dieser Delikte reichte Mario Aranguren seinen Rücktritt ein, den der Präsident aber zurück wies. Präsident Uribe bestätigte den Funktionär in seinem Amt.

http://www.cambio.com.co/secretoscambio/826/ARTICULO-WEB-NOTA_ INTERIOR_CAMBIO-5099002.html

2. Mai 2009

Mord am indigenen Führer Edwin William Legarda war eine "falsche Erfolgsmeldung". Ein Richter verfügte Untersuchungshaft gegen die sieben Militärs, gegen die wegen der Ermordung von Edwin Legarda, dem Ehemann von Aída Quilcué, Führerin der Minga indigena, ermittelt wird. Der Richter folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass die Aussagen der Militärs über den Vorfall nicht übereinstimmten. Die Militärs hatten wahllos auf die fünf Insassen des Fahrzeuges geschossen, welches von Legarda gesteuert worden war.

Der ermittelnde Staatsanwalt geht von "einer geplanten falschen Erfolgsmeldung aus, bei der alle Regeln der Armee zum Schutz der BürgerInnen verletzt wurden". Das Verbrechen geschah am 16. Dezember 2008 als Edwin Legarda in einem Auto des Regionalen Indianerrats des Cauca CRIC in der Nähe von Totoró (Dep. Cauca) unterwegs war und Militärs auf das Fahrzeug schossen und ihn dabei töteten. Ursprünglich hatten die Soldeaten der 3. Armeebrigade ausgesagt, Legarda hätte das Haltegebot an einer Strassensperre des Militärs nicht eingehalten.

http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/muerte-de-indigena-en-cauca -fue-un-falso-positivo-asegura-la-fiscalia_5114327-1

3. Mai 2009

Gegen 50'000 gewaltsam Verschwundene in Kolumbien. Die Einheit Gerechtigkeit und Frieden der Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dass die Zahl der Opfer von gewaltsamen Verschwindenlassen in Kolumbien auf 49'902 Personen gestiegen ist. Diese Zahl ist höher als jene der registrierten Verschwundenen der Länder des Cono Sur.

http://75.125.57.50/pais/103-pais/26610-fiscalia-general-reporta-49902 -registros-de-desaparecidos-

4. Mai 2009

Mögliche Ermittlungen gegen Ankläger von aussergerichtlichen Hinrichtungen. Mit dem Argument, dass der grösste Teil der aussergerichtlichen Hinrichtungen in Wirklichkeit "falsche Anklagen" seien, kündigte der Verteidigungsminister rechtliche Ermittlungen gegen die Personen an, welche diese "falschen Anklagen" gegen die Armee erheben. Aufgrund der Tatsache, dass der Grossteil der aussergerichtlichen Hinrichtungen in der Straflosigkeit verbleiben, ist die Regierung der Meinung, dass es sich um "falsche Anklagen" handelt und versucht so zu verhindern, dass Familienangehörige der Opfer und ihre Anwälte diese Verbrechen anklagen können, in die Mitglieder der Streitkräfte verwickelt sind. Verteidigungsminister Juan Manuel Santos meinte, dass aufgrund von Informationen des Geheimdienstes bekannt sei, dass einige Personen durch falsche Anklagen den Ruf der Armee besudeln möchten. Daher werden konkrete Fälle untersucht, um gegen diese Personen Strafanzeige zu erstatten.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo139210-denuncian -nuevo-caso-de-falso-positivo-despues-de-purga-el-ejercito

6. Mai 2009

Untersuchung gegen Anglo Gold Ashanti wegen unbewilligter Exploration der Mine "La Colosa". Umweltminister Carlos Costa teilte mit, dass der multinationale Bergbaukonzern Anglo Gold Ashanti ohne rechtliche Erlaubnis Explorationen in verschiedenen Bereichen der Mine "La Colosa" in Cajamarca im Dep. Tolima durchführt. Im Moment prüft das Umweltministerium mögliche Sanktionen und schliesst eine Anklage gegen Anglo Gold Ashanti bei der Generalstaatsanwaltschaft nicht aus. So meinte Costa: "Wir müssen die Schäden evaluieren. Das Ministerium kann direkt einige Bussen und Kompensationszahlungen für den verübten Schaden verfügen. Wenn es sich jedoch um ein schwerwiegenderes Delikt handelt, so kann das Ministerium den Fall an die Staatsanwaltschaft weiter geben, welches Strafen verfügen kann. Das Schwerwiegendste in diesem Prozess ist, dass Explorationsarbeiten begonnen wurden, ohne jegliche legale Grundlage, welche für solchen Bergbau notwendig sind." Doch der enorme Einfluss dieses und weiterer Bergbaumultis, welche in Kolumbien tätig sind, erreichte schliesslich, dass das Umweltministerium die Explorationslizenz ohne Umweltverträglichkeitsprüfung ausstellte. Zudem hat das Umweltministerium die Folderung nach Umweltverträglichkeitsprüfungen für die Phase der Explorationsarbeiten aufgehoben. Dies wird zu enormen Umweltschäden führen, gleichzeitig aber höchste attraktiv für Handels- und Investionsabkommen mit multinationalen Firmen sein.

http://www.caracol.com.co/nota.aspx?id=807291

7. Mai 2009

Dokumente bestätigen, dass der DAS die Richter der hohen Gerichte überwachte. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten zu Dokumenten, welche belegen, dass eine hohe Zahl von Richtern des Obersten Gerichtshofes, des Obersten Justizrates und des Verfassungsgerichtes Ziel von Überwachung durch den dem Präsidenten unterstellten Sicherheitsdienst DAS waren. Obwohl dies anfänglich von den Behörden bestritten worden war, beweisen die Dokumente die Überwachung durch den DAS von Richtern, welche später auf verschiedene oppositionelle Politiker, JournalistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen ausgeweitet wurde. Die Dokumente belegen Überwachungen, welche "einen Tag nach einer Sitzung im Präsidentenpalast, an der die damalige DAS-Direktorin Maria del Pilar Hurtado, der Direktor der Abteilung Geheimdienst Hauptmann (i.R.) Fernando Tabares und der Generalsekretär des Präsidenten Bernardo Moreno teilnahmen", aufgenommen wurden. Nach Aussagen der ehemaligen DAS-Direktorin habe Bernardo Moreno seine Sorge über Informationen zum Ausdruck gebracht, "der Gerichthof könnten durch den Drogenhandel und die Staatsanwaltschaft durch Paramilitärs infiltriert sein". Die Überwachung sei auf der Hypothese der Regierung angeordnet worden, dass die Richter Verbindungen mit dem Drogenhandel haben könnten. Deshalb sei eine generelle Überwachung angeordnet worden, um zu schauen, was man finden werde. Alle diese Überwachungen wurden ohne jegliche richterliche Verfügung durchgeführt und waren völlig illegal.

http://www.cambio.com.co/paiscambio/827/ARTICULO-WEB-NOTA_INTERIOR_ CAMBIO-5151908.html

8. Mai 2009

Der ehemalige DAS-Direktor Jorge Noguera Cote wegen Verbrechen an Correa de Andreis vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hält Noguera zudem für mitverantwortlich für die Morde an einem Journalisten, einem Gewerkschafter und einem Politiker. Alle diese Morde wurden von den Paramilitäris verübt. Die Ermordung von Professor Alfredo Correa de Andreis, welcher von Paramilitärs unter dem Kommando von "Jorge 40" im September 2004 in Barranquilla verübt wurde, ist eines der Verbrechen, welche dem ehemaligen DAS-Direktor Jorge Noguera Cote angelastet werden. Selbst nach den schweren Anschuldigungen gegen Noguera hatte Präsident Uribe diesen verteidigt und ihn als "einen guten Jungen" bezeichnet. Nebst dem Delikt der verbrecherischen Verschwörung und Wahlbetrug, macht die Staatsanwaltschaft Noguera für weitere fünf Delikte verantwortlich, darunter vier Morde. Generalstaatsanwalt Iguarán klagte Noguera als Mittäter bei den Morden von Correa de Andreis, der Journalistin Zully Codina Pérez (ermordet in Santa Marta im Jahr 2003), dem Politiker Fernando Pisciotti und dem Gewerkschafter Adán Pecheco an. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass der DAS den Paramilitärs Geheimdienstinformationen übergab, damit diese gegen die Opfer vorgehen konnten. Zudem erhob die Staatsanwaltschaft auch Anklage gegen Noguera wegen der Förderung und Finanzierung des Paramilitarismus, wie auch wegen Bestechung und übermässiger Gebührenerhebung. Noguera soll angeblich einen Teil der Gelder des DAS an die Paramilitärs weitergeleitet haben. Weiter muss er vor Gericht erscheinen, weil er sein Amt als DAS-Direktor dazu benutzte, um ungerechte Entlassungen vorzunehmen und Operationen gegen die Paramilitärs zu verhindern, was die Staatsanwaltschaft als "willkürlich und ungerecht" bezeichnete. Eine weitere Anklage gegen Noguera lautet wegen Fälschung durch Aufhebung, da er angeblich die Haftbefehle gegen Paramilitärs der Gruppe um Hernán Giraldo löschte. Noguera sitzt seit Ende 2008 im Gefängnis La Picota in Bogotá ein. Er ist der höchste offizielle Funktionär, welche in den Skandal der Parapolitik involviert ist.

http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/ex-director-del-das-jorge -noguera-cote-a-juicio-por-crimen-de-correa-de-andreis_5171169-1

11. Mai 2009

Kolumbien verzeichnet 156 Opfer von Antipersonenminen im ersten Trimester 2009. Kolumbien verzeichnete im ersten Trimester dieses Jahres 156 Opfer von Antipersonenminen, von denen 18 starben und 138 verletzt wurden, wie das Observatorium des präsidialen Programmes für die umfassende Aktion gegen die Antipersonenminen (Paicama) bekannt gab. Der Berater der Europäischen Kommission für Zusammenarbeit, Thierry Dedermel, betonte, dass im Jahr 2008 insgesamt 895 Opfer von Minen gezählt wurden. Diese Zahl machte Kolumbien zu einem der Länder, welches am meisten Minenopfer zu beklagen hat. Thierry sagte, dass 692 der 1099 Gemeinden, 62% des Territoriums, von der Verlegung von Minen betroffen sind. Die Folgen davon sind "die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit zu Wasser, zu Land, in die Viehzuchtgebiete und der Schulwege; die Zerstörung von menschlichem Kapital und die gewaltsame Vertreibung". Trotz dieser schwerwiegenden und andauernden Folgen der humanitären Krise weigert sich die Regierung, humanitäre Abkommen und Verhandlungslösungen aufzunehmen und beharrt auf ihrer Meinung, es gebe in Kolumbien keinen bewaffneten Konflikt.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo140363-colombia -registro-156-victimas-de-minas-antipersona-el-primer-trime

13. Mai 2009

Präsidentenberater José Obdulio Gaviria möglicherweise involviert in die illegale Abhörung der Richter der hohen Gerichtshöfe. Der Chef für Gegenspionage des DAS, Hauptmann (i.R.) Jorge Lagos, informierte gegenüber Medien, dass er während seiner Befragung vor der Staatsanwaltschaft zugegeben habe, Informationen, welche er über einige Richter erhalten habe, dem Generalsekretär des Präsidenten, Bernardo Moreno, und dem Präsidentschaftsberater José Obdulio Gaviria übergeben zu haben. Weiter meinte Jorge Lagos, er "habe Finanzinformationen über einige Richter dem Direktor der Abteilung für Finanzanalysen, Mario Aranguren, zukommen lassen". Lagos erwähnte in der Befragung auch Maria del Pilar Hurtado, damalige DAS-Direktorin. Den Presseberichten zufolge bat der Funktionär die Staatsanwaltschaft, seine Familie ins Zeugenschutzprogramm aufzunehmen, damit er alle in seinem Besitz befindlichen Informationen bekannt geben könne.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo140690-jose -obdulio-gaviria-estaria-relacionado-chuzadas

15. Mai 2009

Präsidentenberater José Obdulio Gaviria bezeichnet die Opposition als Schuldige für den Abhörskandal des DAS. Als Teil eines "politischen Krieges" der Opposition bezeichnete Präsidentschaftsberater José Obdulio Gaviria die Ereignisse im DAS in Bezug auf das illegale Abhören von hohen Richtern, Oppositionspolitikern, JournalistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen. Nachdem der Chef der Gegenspionage des DAS zugegeben hatte, dass er sich mit dem Präsidentenberater José Obdulio Gaviria und dem Generalsekretär des Präsidenten getroffen und ihnen Dokumente über die Richter ausgehändigt habe, beschuldigte José Obdulio die Opposition, einen Plan gegen ihn zu haben. "Ich glaube, ich gehöre zur schweren Artillerie des Präsidenten Uribe. So dient es ihr (der Opposition) den Oberst dieser Streitmacht zu zerstören", meinte José Obdulio Gaviria. Beweis dafür ist nach Gaviria, dass der Skandal dem Ansehen des Präsidenten und der Regierung geschadet hat. Gaviria meinte: "Es scheint eine der spitzesten, selbst kriminellen Zellen der Opposition, im DAS drinnen oder den DAS infiltriert zu haben, denn der Schaden, den sie den kolumbianischen Institutionen zugefügt haben, ist enorm. Wir sprechen nicht von meinem Fall oder jenem des Präsidenten oder von Bernardo Moreno. Der Schaden, der dem institutionellen Ansehen der Regierung zugefügt wurde, ist schrecklich."

http://www.eltiempo.com/colombia/politica/oposicion-pudo-haberse -infiltrado-en-el-das-para-provocar-escandalo-dice-jose-obdulio-gaviria_5188254-1

18. Mai 2009

Interamerikanischer Menschenrechtshof verfügt Schutzmassnahmen für die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Interamerikanische Menschenrechtshof traf eine in der Geschichte noch nie dagewesene Entscheidung, dem Richterpräsidenten des Obersten Gerichtshofes von Kolumbien, Cesar Julio Valencia Copete, Schutzmassnahmen zu verleihen. Julio Valencia hatte einen Zusammenstoss mit dem Präsidenten Alvaro Uribe gehabt und den Präsidenten vor der Ermittlungs- und Anklagekommission des Repräsentantenhauses angeklagt. "Die Umstände, mit welchen der Richter Valencia Copete in der letzten Zeit konfrontiert war, haben zu einer Erhöhung seines Sicherheitsrisikos geführt", meint der Interamerikanische Menschenrechtshof in der Begründung des Entscheids. Valencia ist einer der Richter, welche Opfer von Überwachung durch den DAS geworden ist. Präsident Uribe hatte den Richter wegen Verleumdung und Beleidigung angeklagt, da Valencia öffentlich gemacht hatte, dass der Präsident ihn im September 2007 angerufen und gefragt hatte, ob sein Cousin, der damalige Senator Mario Uribe Escobar, wegen vermeintlicher Beziehungen mit paramilitärischen Gruppen angeklagt werde. Obwohl Uribe an Valencia einen Brief schickte und eine Berichtigung verlangte, erklärte Valencia, dass seine Aussagen "strikt und getreu der Realität" sind und "es keinerlei Grund gibt, diese zu berichtigen".

http://www.wradio.com.co/nota.aspx?id=813578

Verhaftung von Juan José Chaux, Ex-Gouverneur des Departement Cauca, wegen Allianz mit Paramilitärs. Die Staatsanwaltschaft erliess Haftbefehl gegen den ehemaligen Gouverneur des Cauca, nachdem der paramilitärische Chef Evert Veloza, alias H.H., in seinem freien Geständnis ausgesagt hatte, dass Chaux sich mehrmals mit paramilitärischen Chefs getroffen und deren Hilfe zur Konsolidierung seiner politischen Absichten gesucht hätte. Chaux war zum Botschafter Kolumbiens in der Dominikanischen Republik ernannt worden. Nach H.H. hatte Chaux an einem Treffen in Urabá teilgenommen, als er Kandidat für das Gouverneursamt war. An diesem Treffen nahmen auch die paramilitärischen Chefs alias El Alemán, Don Berna, Macaco, Salvatore Mancuso und Vicente Castaño teil.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo141406-capturan -juan-jose-chaux-el-aeropuerto-eldorado

19. Mai 2009

Nach Angaben der Banco de la Republica (der kolumbianischen Nationalbank) gingen 567'000 Arbeitsplätze in Kolumbien verloren. Die kolumbianische Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass im Vergleich des ersten Trimesters dieses Jahres mit jenem des Jahres 2007 insgesamt 567'000 Arbeitsplätze verloren gingen. Dies wird nicht auf die internationale Finanzkrise zurückgeführt, da nach Aussagen des Direktors des Banco de la Republica, José Dario Uribe, "die Wirtschaft eine bedeutende Zahl an Arbeitsplätzen verloren hat, und zwar vor allem in der Periode, als der Produktionsapparat am meisten wuchs (...) darum gibt es ein strukturelles Problem". Dies zeigt sich auch darin, dass in den Jahren des grössten Wirschaftswachstums in der Geschichte des Landes - in der Zeit zwischen 2003 - 2007 - die informelle Arbeit nicht zurückging. Dies sind neue Hinweise auf die Produktionsstruktur des Landes, die extrem ausschliessend und in wenigen Händen konzentriert ist.

http://www.elespectador.com/economia/articulo141555-banco-de-republica -advierte-deterioro-del-mercado-laboral

20. Mai 2009

Anklage gegen Drummond aufgrund der Bezahlung von "Schutzgeldern" an die Paramilitärs. Verschiedene gewerkschaftliche und soziale Organisationen kündigten an, sie werden den US-Bergbaumulti Drummond anklagen, da er "Schutzgelder" an die paramilitärischen Gruppen bezahlte, welche mehr als 220 Personen ermordeten. Die Morde wurden im "Eisenbahnkorridor" verübt, der von der Mine in der Gemeinde La Loma im Dep. Cesar bis zum Hafen in Ciénaga im Dep. Magdalena geht. Die 220 Morde wurden in den Jahren der stärksten paramilitärischen Präsenz der AUC in dieser Region verübt. Die Opfer waren GewerkschaftlerInnen, Mitglieder sozialer Organisationen und BewohnerInnen der Region. Nach der Anklage handelten die Paramilitärs in dieser Region, bezahlt vom Unternehmen, und verübten "ihre Verbrechen mit dem einzigen Ziel den Terror rund um die Interessenzonen von Drummond zu säen, was eine häufige Praxis dieser und anderer multinationaler Unternehmen war, welche in Kolumbien tätig sind". Die Anklage sucht die Entschädigung für die Familien der Opfer und ist vergleichbar mit jener gegen den Bananenmulti Dole Food Company wegen der Ermordung von mindestens 57 GewerkschaftlerInnen. Ähnliche Anklagen werden auch gegen weitere neun Multis wegen ähnlicher Vergehen erhoben werden. Sie sollen ihre Verantwortung für die Verbrechen an mindestens 350 GewerkschaftlerInnen übernehmen, erklärten die Ankläger.

http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo141753 -demandaran-drummond-pedir-amparo-paras

24. Mai 2009

An die USA ausgelieferte Paramilitärs klagen Drohungen gegen ihre Familienangehörigen an, um sie zum Schweigen zu zwingen. Der paramilitärische Chef Salvatore Mancuso, der an die USA ausgeliefert wurde, erklärte gegenüber einer Kommission des kolumbianischen Senats, welche von der Senatorin Piedad Cordoba angeführt wurde, dass die an die USA ausgelieferten paramilitärischen Chefs besorgt seien und Angst haben, dass ihre Familienangehörigen in Kolumbien Opfer von Anschlägen werden. Sie verlangten von den Behörden der USA und Kolumbiens ein Zusammenarbeitsabkommen, das ihre weitere Zusammenarbeit mit dem Prozess im Rahmen des Gesetzes Gerechtigkeit und Frieden garantiert, und sie ihre Geständnisse weiterführen können und gleichzeitig die Sicherheit ihrer Familienangehörigen in Kolumbien gewährleistet wird. Gleichzeitig sagte in Kolumbien ein anderer paramilitärischer Chef, Fredy Rendón, alias El Alemán, dass die Bedrohung für die Zusammenarbeit der demobilisierten Paramilitärs mit der Justiz von der Auslieferung her komme. Diese zwinge sie, über ihre Kontakte und Verbindungen zu mächtigen Kreisen des Landes Stillschweigen zu bewahren. "Sie wollen uns ausliefern, wenn wir von Politikern, Militärs und Unternehmer zu sprechen beginnen", meinte er in einem Interview. Darin nannte er auch die Namen von vermeintlichen Kollaborateuren der paramilitärischen AUC, wie Pedro Juan Morena, ehemaliger Regierungssekretär von Alvaro Uribe und Victor Carranza, staatlicher Konzessionär für die Ausbeutung der Smaragdminen.

http://www.verdadabierta.com/web3/victimarios/1216-nos-quieren -extraditar-cuando-empezamos-a-hablar-de-politicos-militares-y-empresarios

http://www.eltiempo.com/archivo/documento/MAM-3456043

26. Mai 2009

Steuergeschenke von 7,4 Billionen Pesos pro Jahr an die Unternehmen. Während die Regierung drastische Kürzungen der Sozialausgaben ankündigte - mit dem Argument der Wirtschaftskrise - informierte die Finanzaufsicht, dass die Steuerbegünstigungen für die grossen Unternehmen in diesem Jahr rund 7,4 Billionen Pesos, das sind etwas mehr als 2,5% des Bruttoinlandproduktes BIP, ausmachen. Während den Unternehmen diese enormen Konzessionen gemacht werden, bat die Regierung, das Opfergesetz nicht anzunehmen, da der Staat keine Mittel habe, um die Opfer von Staatsverbrechen und die Bevölkerung, welche Vertreibung erlitten hat, zu entschädigen. Dies sind exakt die am meisten marginalisierten und verletzlichsten Gesellschaftsschichten.

http://www.elespectador.com/economia/articulo142524-acabar-exenciones -tributarias-dejaria-al-gobierno-74-billones-contraloria

27. Mai 2009

Häftling, welcher sagte, er hätte den Professor Alfredo Correa de Andreis getötet, wird tot im Gefängnis La Modelo aufgefunden. Roberto Luis Peinado López, alias "El Indio", der sich selber des Mordes an dem Menschenrechtsverteidiger Alfredo Correa de Andreis bezichtigte, starb im Gefängnis scheinbar aufgrund einer Vergiftung. José Mangones Lugo, ehemaliger paramilitärischer Chef und Insasse des gleichen Gefängnisses, meinte, dass es zumTod von El Indio aufgrund fehlender medizinischer Hilfe kam.

http://www.eltiempo.com/colombia/caribe/aparece-muerto-en-carcel-la -modelo-interno-que-dijo-haber-matado-a-correa-de-andreis_5280008-1

29. Mai 2009

Vier ehemalige Direktoren des DAS zu Aussagen wegen des Abhörskandals vorgeladen. Wegen der Abhöraffaire des DAS gegen hohe Richter, Oppositionspolitiker und MenschenrechtsverteidigerInnen berief die Staatsanwaltschaft die vier ehemaligen DAS-Direktoren Jorge Noguera, Andrés Peñate, Maria del Pilar Hurtado und Joaquin Polo zu Einvernahmen ein. Zudem wurden 30 Funktionäre des G-3, einer Gegenspionageeinheit, welche von Jaime Ovalle angeführt wird (der gleiche ehemalige DAS-Funktionär hatte die Überwachung von Senator Gustavo Petro angeordnet), zu Einvernahmen vorgeladen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch in Bezug auf versteckte Ausgaben des DAS zur Finanzierung dieser Überwachungen ohne jegliche richterliche Anordnung.

http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/citan-a-cuatro-ex-directores -del-das-a-rendir-indagatoria-por-caso-de-las-chuzadas_5294307-1


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Anmerkungen:

[1] Revista Semana, Bogotá, 26. April 2009

[2] [2]"Un 'manual' para seguir y acosar a personas calificadas como opositores tenía el DAS". El Tiempo. 14 de Junio de 2009.
http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/un-manual-para-seguir-y-ac

[3] [3]"Los últimos hallazgos de las pesquisas de la justicia son aterradores. El portafolio de las 'chuzadas' ". El Espectador. 5 de junio de 2009.
http://www.elespectador.com/impreso/judicial/articuloimpreso144279 -el-portafolio-de-chuzadas

[4] [4]"Un 'manual' para seguir y acosar a personas calificadas como opositores tenía el DAS". El Tiempo. 14 de Junio de 2009.
http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/un-manual-para-seguir-y -acosar-a-personas-calificadas-como-opositores-tenia-el-das_5436047-1

[5] [5] Fiscalía Primera Delegada ante los Jueces Penales del Circuito de Saravena, Colectivo de Abogados "José Alvear Restrepo", Bogotá, 28 de mayo de 2009.

[6] [6] Fiscalía Primera Delegada ante los Jueces Penales del Circuito de Saravena, Colectivo de Abogados "José Alvear Restrepo", Bogotá, 28 de mayo de 2009.


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Quelle:
Kolumbien-aktuell Nr. 488, 26.06.2009
Herausgeber: Bruno Rütsche, ask Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien
Fachstelle Frieden und Menschenrechte
Postfach 7004, CH-6000 Luzern 7 / Schweiz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2009