Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → AUSLAND

Standardformat
Druck- und Kopierformat


LATEINAMERIKA/2248: Mexiko - Attentat auf Aktivist offenbart Schwächen des staatlichen Schutzprogramms (Philipp Gerber)


Attentat auf Aktivist in Mexiko offenbart Schwächen des staatlichen Schutzprogramms

von Philipp Gerber, 25. April 2025


Aca­pul­co. Der be­kann­te me­xi­ka­ni­sche Ak­ti­vist Marco An­to­nio Suá­ste­gui ist bei einem At­ten­tat am 18. April in Aca­pul­co ver­letzt wor­den [1]. Als Suá­ste­gui am Kar­frei­tag nach der Däm­me­rung den Strand ver­ließ, feu­er­ten Un­be­kann­te mit­ten im be­leb­ten Tou­ris­ten­ort acht Schüs­se auf ihn ab. Drei Ku­geln tra­fen meh­re­re Or­ga­ne und ver­letz­ten ihn schwer.

Suá­ste­gui ist der Spre­cher des Rates der Ge­mein­den gegen den Stau­damm von La Pa­ro­ta (Cecop). Zudem sucht er sei­nen ge­walt­sam ver­schwun­de­nen Bru­der Vi­cen­te. Da er im Tou­ris­mus­be­reich ar­bei­tet, ist er

auch Ver­tre­ter der Tou­ris­mus­ar­bei­ter, die den Strand von Ica­cos in Aca­pul­co gegen Gro­ß­pro­jek­te ver­tei­di­gen.

Nach dem At­ten­tat kri­ti­sier­ten Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge und Or­ga­ni­sa­tio­nen die man­geln­de Si­cher­heit für den be­kann­ten An­füh­rer. Seine Ehe­frau, María de Jesús Pérez, wies dar­auf hin, dass vor Ort kein Kran­ken­wa­gen zur Ver­fü­gung stand. Auch seien keine Uni­for­mier­ten in Sicht ge­we­sen, ob­wohl ins­ge­samt 5.000 Si­cher­heits­kräf­te in der Ha­fen­stadt für die Hoch­sai­son wäh­rend der Os­ter­wo­che ein­ge­setzt waren. "Wie

ist das mög­lich?" fragt sie.

"In an­de­ren Jah­ren gab es eine mas­si­ve Prä­senz mit Pa­trouil­len­gän­gen. Der An­grei­fer kam auf ihn zu als ob nichts wäre und schoss auf ihn - mit­ten unter all den an­de­ren Leu­ten", be­rich­tet de Jesús Pérez wei­ter.

Der Schwer­ver­letz­te wurde schlie­ß­lich auf der La­de­flä­che sei­nes Pick­up in ein Kran­ken­haus trans­por­tiert. Nach zwei Ope­ra­tio­nen wird der 48-Jäh­ri­ge seit meh­re­ren Tagen auf der In­ten­siv­sta­ti­on be­han­delt, sein Zu­stand sei ernst, aber sta­bil, so die be­han­deln­den Ärzte.

Der Lei­ter des Men­schen­rechts­zen­trums Tla­chi­nol­lan, Abel Bar­re­ra, er­in­ner­te daran, dass Suá­ste­gui das staat­li­che Schutz­pro­gramm für Men­schen­rechts­ver­tei­di­ger um Si­cher­heits­maß­nah­men ge­be­ten hatte, je­doch nur ein Sa­tel­li­ten­te­le­fon und einen Alarm­knopf er­hielt.

Der Ak­ti­vist habe sein Leben lang den Pa­pa­gayo-Fluss ver­tei­digt, so Bar­re­ra. Er war dafür zwi­schen 2003 und 2017 drei­mal im Ge­fäng­nis. In allen Fäl­len spra­chen die Rich­ter ihn frei, da ihm keine Straf­tat nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. Das Stau­damm­pro­jekt

konn­te bis­her er­folg­reich ver­hin­dert wer­den. Als sein Bru­der Vi­cen­te 2021 ver­schwand, über­nahm er die Füh­rung bei den Such­ak­tio­nen und "be­trat von der or­ga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät kon­trol­lier­te Orte", wofür er in den letz­ten Mo­na­ten mehr­mals mas­si­ve Mord­dro- hun­gen er­hal­ten habe.

Suá­ste­gui bat dar­auf­hin um die Be­glei­tung durch die Na­tio­nal­gar­de. Dies, weil er der lo­ka­len Po­li­zei und den Be­hör­den von Guer­re­ro nicht trau­te, "da er von deren Kom­pli­zen­schaft mit kri­mi­nel­len Grup­pen wuss­te", be­to­nen das Tla­chi­nol­lan und 15 wei­te­re Or­ga­ni­sa­tio­nen in einem Pro­test­brief.

Doch die me­xi­ka­ni­schen Be­hör­den lehn­ten das Ge­such mit der Be­grün­dung ab, sie ver­füg­ten nicht über ge­nü­gend Per­so­nal.

Der An­griff er­eig­ne­te sich vor dem Hin­ter­grund einer wach­sen­den Welle der Ge­walt in Aca­pul­co, wo Grup­pie­run­gen der or­ga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät um die Vor­herr­schaft kämp­fen. Lo­ka­le Me­di­en be­rich­ten, dass al­lein in der Kar­wo­che 2025 in der Ha­fen­stadt 25 Men­schen bei ver­schie­de­nen Ge­walt­ta­ten ge­tö­tet wur­den.


[1] Nachtrag der Redaktion von amerika21: Am Freitagabend erreichte uns die Nachricht, dass Marco Antonio Suástegui seinen schweren Schussverletzungen erlegen ist.

Quellen:
https://www.jornada.com.mx/noticia/2025/04/20/estados/no-habia-vigilancia-en-playa-donde-balearon-a-suastegui
https://www.tlachinollan.org/la-agresion-contra-marco-antonio-suastegui-un-atentado-contra-la-lucha-social/
https://www.educaoaxaca.org/tras-atentado-al-defensor-marco-suastegui-senalan-falta-de-proteccion/


Erstveröffentlicht auf amerika21:
https://amerika21.de/2025/04/274912/mexiko-attentat-schwaeche-schutzprogramm

*

Quelle:
© 2025 by Philipp Gerber
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 9. Mai 2025

Zur Tagesausgabe/ Zum Seitenanfang