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NAHOST/699: Illegaler israelischer Siedlungsbau profitiert in Europa von Steuererleichterungen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. September 2010

Illegaler israelischer Siedlungsbau profitiert in Europa von Steuererleichterungen

Von David Cronin


Brüssel, 29. September (IPS) - Private Organisationen, die Geld für die israelische Armee und den illegalen jüdischen Siedlungsbau im Westjordanland sammeln, genießen in Europa weitreichende Steuervorteile. Das stellte IPS bei Untersuchungen in den Niederlanden und in Großbritannien fest.

Ein Beispiel ist die Sar-El-Stiftung, die von Amsterdam aus das israelische Militär unterstützt. Freiwillige Helfer besuchen regelmäßig Israel, wo sie dreiwöchige Ausbildungsphasen bei den Streitkräften absolvieren. Er ermutige Freiwillige dazu, in israelischen Krankenhäusern zu arbeiten, sagte der Stiftungsvorsitzende Max Arpels Lezer. "Wenn dies nicht möglich ist, können sie auch zivile Tätigkeiten auf Militärbasen verrichten."

Die Mitarbeiter seien zwar keine Soldaten, leisteten jedoch "Hilfe im Kampf gegen die Palästinenser", so Arpels Lezer. Seine Gründe für die Unterstützung der israelischen Armee wollte er allerdings nicht nennen. "Wir reden hier nicht über Politik", erklärte er. "Unsere Organisation ist unpolitisch."

Immerhin waren die Vereinten Nationen in einer von dem ehemaligen südafrikanischen Richter Richard Goldstone geleiteten Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass israelische Soldaten während der dreiwöchigen Offensive im Gazastreifen Ende 2008 und Anfang 2009 Kriegsverbrechen begangen hatten.

Nach niederländischem Recht müssen Stiftungen wie Sar-El keine Steuern abführen. Spender haben die Möglichkeit, den Betrag von der Einkommensteuer abzusetzen. Eine ähnliche Gruppe namens 'Collectieve Israel Actie' (Sammelaktion Israel) bringt nach Informationen auf ihrer Website jedes Jahr rund acht Millionen Euro zusammen.


Training israelischer Soldaten finanziert

Unter anderem fördert die Organisation die Ausbildung israelischer Soldaten und die Anwendung von HighTech-Kriegsgerät. Unter den Beratern von 'Collectieve Israel Actie' ist Doron Livnat, der Chef einer Firma, die Kräne für den Bau des israelischen Sperrwalls im Westjordanland lieferte. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte die Mauer 2004 für illegal erklärt.

Die Nachamoe-Stiftung wiederum sammelt nach eigenen Angaben Geld für jüdische Familien in Israel. Sie räumt ein, dass einige Hilfsempfänger in Siedlungen zwischen Jerusalem und Bethlehem leben. Diese Siedlungen verstoßen jedoch gegen das Völkerrecht. Laut der 1949 verabschiedeten vierten Genfer Konvention ist es Besatzungsmächten untersagt, die Zivilbevölkerung ihres Landes auf dem besetzten Territorium anzusiedeln.

Mehrere Hilfsorganisationen in den Niederlanden deklarieren ihre Unterstützung für die israelische Armee als 'humanitäre Hilfe'. 'Visie voor Israël' (Vision für Israel) informiert potenzielle Spender darüber, dass ihr Geld unter anderem dazu verwendet werde, den Truppen Rucksäcke bereitzustellen. Seit der Offensive im Gazastreifen seien deutlich mehr Geschenke gemacht worden als vorher, heißt es in einem Newsletter.

Die zionistische Organisation 'Shuva', die ebenfalls in den Niederlanden tätig ist, sieht die Gründung des Staates Israels und die Besetzung von Westjordanland und Gazastreifen als Erfüllung einer biblischen Prophezeiung. Die Gruppe finanzierte unter anderem eine Schule in Nofei Nechemia, einer Verlängerung der Siedlung Ariel im Westjordanland. Nach eigenen Angaben hilft 'Shuva' jedes Jahr Hunderten Siedlern, sich in vier Gemeinden in der Region niederzulassen.

Ein Sprecher der niederländischen Steuerbehörde erklärte gegenüber IPS, er gebe in dem Land keine Steuerregelungen, die sich auf mögliche Verstöße gegen internationales Recht bezögen. Ob Non-Profit-Organisationen von der Steuer befreit würden, werde von ihren Zielen abhängig gemacht. Dieser Vorzugsstatus könne jederzeit widerrufen werden, sagte er. Zu einzelnen Organisationen wollte er sich allerdings nicht äußern.

Ghada Zeidan von der palästinensischen Solidaritätsvereinigung 'United Civilians for Peace' hält es für "sehr schwierig", die niederländischen Behörden dazu zu bringen, gegen Spendensammlungen pro-israelischer Gruppen vorzugehen. Diese Aktionen würden allgemein akzeptiert, meinte sie.


Umweltschutz kaschiert Aktionen gegen Palästinenser

Gegner des 'Jewish National Fund' (JNF) in Großbritannien wollten in diesem Jahr mit einer Kampagne erreichen, dass der Organisation ihre Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Nach außen hin stellt sich JNF als Umweltvereinigung dar, die Bäume in Israel pflanzen lässt. In Wirklichkeit unterstützt die Organisation seit Jahrzehnten aktiv Gewaltaktionen gegen Palästinenser.

Eines der führenden Mitglieder von JNF, Yosef Weitz, hatte 1940 - acht Jahre vor der Gründung Israels - erklärt, dass alle Palästinenser aus Palästina vertrieben werden sollten. In jüngerer Zeit hat sich JNF darauf konzentriert, die Ansiedlung von Juden in der Negev-Wüste voranzutreiben. Zahlreiche einheimische Beduinen mussten das Gebiet verlassen.

Wie JNF kürzlich mitteilte, waren ihr 2008 umgerechnet fast neun Millionen Euro zugeflossen. Die Organisation unterstützt außerdem die Benji-Hillman-Stiftung, die das Andenken an einen während des Libanon-Kriegs 2006 getöteten israelischen Soldaten aufrechterhält. Die Stiftung bietet jungen Leuten, die sich dem israelischen Militär anschließen wollen, Unterkünfte an.

Auf Nachfrage von IPS konnte ein Sprecher der britischen Steuerbehörde keine Auskunft darüber geben, ob die Aktivitäten von JNF bereits überprüft worden seien. Die Internationale Solidaritätsbewegung (ISM) will nun klären, ob Spendensammlungen für Armeen im Ausland nach britischem Recht als gemeinnützig betrachtet werden können.

ISM-Mitglied Matthew Richardson wies allerdings darauf hin, dass JNF im Land einflussreiche Freunde hat - unter anderem Premierminister David Cameron. Auch dessen Vorgänger Gordon Brown und Tony Blair hätten sich an die Seite der Organisation gestellt. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.sar-el.org/
http://www.israelactie.nl/
http://www.nachamoe.nl/
http://www.blessingisrael.com/dutch/index.htm
http://www.unitedcivilians.nl/nl/
http://www.jnf.org/
http://palsolidarity.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52983

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2010