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NAHOST/792: Libyen - Rassismus gegenüber schwarzen Afrikanern wiederbelebt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2011

Libyen: Rassismus gegenüber schwarzen Afrikanern wiederbelebt

Von Simba Russeau


Beirut, 21. März (IPS) - Der Einsatz afrikanischer Söldner zur Niederschlagung der Aufstände gegen den libyschen Autokraten Muammar Gaddafi hat den tief wurzelnden Rassismus zwischen Arabern und schwarzen Afrikanern wiederbelebt.

In Libyen ist die Diskriminierung schwarzer Afrikaner und auch dunkelhäutiger Libyer vor allem aus dem Süden des Landes weit verbreitet. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Aussagen über 'afrikanische Söldner' oder gar 'schwarze afrikanische Söldner' mit einer gehörigen Portion Skepsis zu begegnen, wie Na'eem Jeenah, Exekutivdirektor des 'Afro-Middle East Centre' im südafrikanischen Johannesburg, betont.

Rund 1,5 Millionen der 2,5 Millionen in Libyen lebenden Migranten und Flüchtlinge stammen aus dem südlichen Afrika. Sie arbeiten als billige Arbeitskräfte in der Erdölindustrie des nordafrikanischen Landes und helfen in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und anderen Dienstleistungssektoren aus.

Übergriffe auf Afrikaner in Libyen sind nicht neu. So wurden im Jahr 2000 Dutzende Arbeitsmigranten aus Ghana, Kamerun, Sudan, Niger, Burkina Faso, dem Tschad und Nigeria von einem aufgebrachten Mob getötet, nachdem die Regierung die Zuwanderer beschuldigt hatte, für die Zunahme von Kriminalität, Krankheiten und Drogenhandel verantwortlich zu sein.

In Reaktion auf das Blutbad äußerte sich das UN-Komitee zur Beseitigung von Rassismus (CERD) besorgt über den Rassismus gegenüber dunkelhäutigen Zuwanderern und Flüchtlingen. 2004 warf es dem Land vor, gegen Artikel sechs der Internationalen Konvention zur Beseitigung von Rassismus aus dem Jahre 1969 zu verstoßen und bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor Rassismus und Menschenrechtsverletzungen zu versagen.


Rassismus mit historischen Wurzeln

Experten zufolge ist Rassismus allerdings kein libysches Problem, sondern in vielen Ländern der arabischen Welt verbreitet. So schreibt Mark Perry in seiner Studie, 'Perceptions of Race in the Arab world' (Wahrnehmungen des Rassismus in der arabischen Welt), dass der Handel arabischer Staaten mit schwarzen Sklaven in der afrikanischen Gesellschaft bis heute einen bitteren Nachgeschmack hinterlasse habe. "In den 40er Jahren des sechsten Jahrhunderts waren Sklaven Teil eines Nichtangriffspakts zwischen arabischen Eroberern und nubischen Herrschern, und selbst 1910 noch kamen Sklavenkarawanen von Wadai (Tschad) nach Bengasi (Libyen)."

Wie die Wissenschaftlerin Elizabeth Thompson erläutert, trägt auch die Entscheidung der französischen Kolonialmacht, in Syrien und Libanon westafrikanische Soldaten einzusetzen, zu den rassistischen Untertönen bei.

2011 ist das Internationale Jahr der Menschen afrikanischer Herkunft. Die Pro-Demokratie-Bewegungen in der arabischen Welt, ist nach Ansicht von Experten gut beraten, sich für ein Ende von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einzusetzen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Anti-Gaddafi-Kräfte in Libyen Schwarze mit dem verhassten Regime in Verbindung bringen. Dies wiederum berge die Gefahr, dass es nach einem Sturz Gaddafis zu einem Völkermord kommen könne. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011