Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

NAHOST/820: Arabische Welt von USA und Obama enttäuscht - Neue Umfrage in sechs Ländern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Mai 2011

Arabische Welt: Von USA und Obama enttäuscht - Neue Umfrage in sechs Ländern

Von David Elkins


Washington, 18. Mai (IPS) - Kurz vor der von US-Präsident Barack Obama angekündigten Grundsatzrede zu seiner künftigen Nahost-Politik ist eine Studie erschienen, die eine zunehmende Ernüchterung in sechs ausgewählten islamischen Ländern in Bezug auf das US-Verhältnis zur arabischen Welt ausmacht.

So fand das 'Global Attitudes Project' (GAP) des 'Pew Research Centre' in Washington heraus, dass das Ansehen der Obama-Administration in Ägypten, Indonesien, Jordanien, Libanon, Pakistan und Türkei bald ebenso schlecht ist wie zu Zeiten von Ex-Präsident George W. Bush. Dabei hatte sich Image der USA nach dem Regierungsantritt Obamas 2009 erheblich verbessert.

Die Pew-Umfrage wurde zwischen dem 21. März und 26. April durchgeführt und somit noch vor der Tötung des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden durch eine US-Spezialeinheit in Pakistan und dem von Ägypten vermittelten Versöhnungsabkommen zwischen den beiden Palästinenserfraktionen Fatah und Hamas.


Schlechteste Noten aus Jordanien, Pakistan und Türkei

Der Erhebung zufolge hat das Ansehen der USA besonders in Jordanien, Pakistan und der Türkei gelitten. In Jordanien sind von den 21 Prozent der Umfrageteilnehmer, die sich im letzten Jahr noch positiv zu den USA geäußert hatten, nur noch 13 Prozent übrig geblieben. Ähnlich schlecht hatte Washington zuletzt 2003, nach dem Einmarsch in den Irak, abgeschnitten.

In Pakistan ging der Anteil der Menschen, die mit den USA sympathisieren, von 17 auf elf Prozent zurück. Das ist der niedrigste Wert seit der US-Invasion Afghanistans 2002. In der Türkei erklärten sich nur noch zehn Prozent der Menschen - ein Verlust von sieben Prozent - mit der US-Politik gegenüber der arabischen Welt zufrieden. Das ist das negativste Ergebnis seit 2007.

Lediglich in Indonesien, wo Obama einen Teil seiner Kindheit zubrachte, hat die Mehrheit der Menschen (54 Prozent) noch eine vergleichsweise hohe Meinung von den USA. Im Libanon hingegen war die religiöse Zugehörigkeit entscheidend für die Beurteilung der US-Politik gegenüber den islamischen Ländern. So kamen die USA bei Christen und sunnitschen Muslimen erheblich besser weg als bei schiitischen Muslimen.

Die neue Erhebung, die auch nach der Haltung der Menschen in der arabischen Welt gegenüber den Pro-Demokratie-Bewegungen in vielen Teilen der arabischen Welt und zum islamischen Fundamentalismus gefragt hatte, kommt wenige Tage vor der für den 18. Mai angekündigten Grundsatzrede zur US-Nahostpolitik kurz vor der Ankunft des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington.

Am 17. Mai besuchte der jordanische König Abdullah die USA. In einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärte Gastgeber Obama, dass Jordanien und den USA die wichtige Rolle zukomme, die Nahost-Konfliktparteien zu einer fairen Lösung zu ermutigen. Es sei wichtiger denn je, "dass Israelis und Palästinenser einen Weg finden, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren und sich auf einen Prozess zugunsten einer Zweistaatenlösung zu verständigen, die beiden Seiten erlaubt, Seite an Seite in Frieden und Sicherheit zu leben".


US-Nahost-Friedensplan unwahrscheinlich

In den letzten Tagen jedoch haben US-Regierungsvertreter Hoffnungen getrübt, dass der US-Präsident mit einem detaillierten Friedensplan zur Lösung der Nahostkrise aufwarten wird. Gerade die Nahostkrise ist für Muslime die Quelle aller Unzufriedenheit mit Washington.

Nach seiner Amtseinführung und vor allem nach seiner Rede 2009 in Kairo hatte Obama die Hoffnung geweckt, er werde der Lösung des Nahostkonflikts und einer respektvollen Annäherung an die arabische Welt höchste Priorität einräumen. Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt. So gelang es Obama nicht, Netanjahu dazu zu bringen, den illegalen Bau israelischer Siedlungen in den Palästinensergebieten einschließlich in Ostjerusalem einzufrieren. Noch unglaubwürdiger machte ihn das Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die ebenfalls das Einfrieren des Siedlungsbaus geforderte hatte.

Tatsächlich erklärten sich weite Teile der Umfrageteilnehmer in Ägypten, Jordanien, im Libanon und in den Palästinensergebieten mit der Nahostpolitik Obamas unzufrieden. Mehr als zwei Drittel der interviewten Türken schlossen sich dieser Ansicht an, in Indonesien waren es 57 Prozent, in Pakistan 45 Prozent. Nur sechs Prozent der Pakistaner zeigten sich mit Obamas Nahostpolitik zufrieden.

Auch die Afghanistan-Politik der USA wurde in den ausgewählten arabischen Ländern negativ bewertet - wenn auch nicht ganz so schlecht wie die Nahostpolitik. Der Anteil der unzufriedenen Bevölkerungen bewegte sich zwischen 52 Prozent (Pakistan) und 87 Prozent (Jordanien). 80 Prozent der Menschen in den Palästinensergebieten erklärten sich mit der Iran-Politik Obamas unzufrieden.

Enttäuschend für die US-Regierung dürfte die ablehnende Haltung der arabischen Welt sein, was den Umgang der Obama-Administration mit den Volksbewegungen für den politischen Wandel angeht, die seit Januar die Regionen Nahost und Afrika in Atem halten. Kritik erntete Obama für seine zögerliche Haltung im Umgang mit Ägypten und seiner späten Forderung nach einem Rücktritt des ungeliebten Machthabers Hosni Mubarak. In Ägypten selbst zeigte sich die Gruppe der Kritiker und Befürworter der USA etwa gleich groß.

Breite Mehrheiten zwischen 60 Prozent in Pakistan und 77 in Ägypten vertraten die Ansicht, dass die US-Außenpolitik nicht die Interessen ihrer Länder berücksichtigt. Mit Ausnahme Indonesiens lehnten die meisten arabischen Umfrageteilnehmer den US-geführten Krieg gegen den internationalen Terrorismus ab. Die Palette der Neinsager reichte über 61 Prozent im Libanon bis zu 80 Prozent in Jordanien. Substanziell größere Mehrheiten - zwischen 68 Prozent (Pakistan) und 87 Prozent (Jordanien) - sprachen sich für einen Rückzug der USA aus Afghanistan aus.


Auch mit Obama selbst unzufrieden

Die Untersuchung kam ferner zu dem Schluss, dass auch das Vertrauen in Obama selbst gelitten hat. Dieser Trend ist selbst in Indonesien erkennbar, wo noch im letzten Jahr zwei Drittel der Befragten erklärt hatten, Obama zu vertrauen. Inzwischen sind es nur noch 62 Prozent.

In der Türkei und den Palästinensergebieten war die Ernüchterung noch größer. Dort erklärten nur noch zwölf Prozent anstatt wie 2010 noch 23 Prozent, Vertrauen in Obama zu haben. In den Palästinensergebieten ging der Anteil von 23 Prozent 2009 auf 14 Prozent zurück. Nur zehn Prozent der Pakistaner gaben an, Obama zu vertrauen. 65 erklärten, nur wenig oder kein Vertrauen mehr in den US-Präsidenten zu setzen. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://pewglobal.org/2011/05/17/arab-spring-fails-to-improve-us-image/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55677

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Mai 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2011