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OSTEUROPA/351: Serbien - Anstieg der Rüstungsexporte, Industrie beschäftigt fast 9.000 Menschen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. Januar 2011

Serbien: Anstieg der Rüstungsexporte - Industrie beschäftigt fast 9.000 Menschen

Von Vesna Peric Zimonjic


Belgrad, 31. Januar (IPS) - In Serbien wird gern gespöttelt, dass der größte ehemalige Teilstaat Ex-Jugoslawiens außer Mais- und Getreideexporten nur noch Tennisgrößen wie Novak Djokovic und Jelena Jankovic zu bieten habe. Doch gibt es noch einen weiteren Sektor, der in den letzten Jahren beachtliche Zuwächse erzielte: die Rüstungsindustrie. Sie verbucht ein jährliches Exportwachstum von 30 Prozent und beschäftigt inzwischen fast 9.000 Menschen.

"Wir haben unsere diesjährigen Präzisionsgewehre bereits im Voraus verkauft", berichtet Rade Gromovic, Leiter der Zastava-Waffenfabrik in der zentralserbischen Stadt Kragujevac, die Waffen sowohl für militärische als auch zivile Zwecke herstellt. Die größten Geschäfte macht das Unternehmen mit Maschinen- und Automatikgewehren, CZ 999-Pistolen und automatischen und halbautomatischen Präzisionswaffen. Die meisten Waffen sind Gromovic zufolge für die UN-Missionen in Irak und Afghanistan und für etliche afrikanische Länder bestimmt.

Serbiens Verteidigungsminister Dragan Sutanovac erklärte in diesem Monat gegenüber Journalisten, dass die serbische Rüstungsindustrie vor allem "Munition, (...) M-92-Automatikgewehre, M-84-Panzer, Schießpulver, Raketentreibstoffe, Sprengkörper, kugelsichere Westen, Schutzanzüge und Sparrow-Ausbildungsflugzeuge exportiert. Die Einnahmen haben sich zwischen 2007 und 2009 von 75 Millionen auf 246 Millionen US-Dollar mehr als verdreifacht.

Bis vor kurzem war der serbischen Bevölkerung das Ausmaß der lokalen Rüstungsindustrie nicht klar, zumal die bekanntesten Rüstungsschmieden des Landes 1999 bei NATO-Einsätzen zerstört worden sind. Dies gilt für die Kleinflugzeug-Fabrik in Panèevo in der Nähe von Belgrad. Doch in den letzten Jahren hat sich in Serbien viel getan. Nachdem es 2000 den Kriegspfad verließ, schloss es sich dem NATO-Programm Partnerschaft für Frieden (PfP) an und sicherte sich Finanzmittel für den Wiederaufbau seiner Militärindustrie.

Verteidigungsminister Sutanovac zufolge wurden in den letzten fünf Jahren 38 Millionen Dollar in den Wiederaufbau des Rüstungssektors investiert. Weitere 61,2 Millionen Dollar sollen in den kommenden Jahren fließen. Investoren hoffen, dass die Rüstungsindustrie sich soweit erholt, dass sie den Stand von Ex-Jugoslawien vor 20 Jahren erreicht, als der Sektor dem Haushalt Einnahmen in Milliardenhöhe verschaffte.


Hauptabnehmer Irak

Wie aus Zahlen der staatlichen Firma Yugoimport-SDPR hervorgeht, die die Militärexporte koordiniert, nahm der Irak seit 2007 Gewehre und Munition im Wert von 300 Millionen Dollar ab, gefolgt von den USA mit 90 Millionen, Afghanistan mit 30 Millionen und den europäischen Ländern wie Belgien mit 25 Millionen, Bulgarien mit 17 Millionen, Italien mit 16 Millionen und Zypern mit 15 Millionen. Außerdem wurden die Polizeikräfte in Kamerun, Indonesien, Jordanien und Mazedonien mit Waffen, Munition und Equipment ausgestattet.

Etliche Sparrow-Schulungsflugzeuge wurden kürzlich an den Irak geliefert. Darüber hinaus rüsteten serbische Waffenschmieden irakische M1-17-Hubschrauber zu Kampfhubschraubern um. Nachdem Haubitzen vom Typ Nora B-52 nach Afrika verkauft werden konnten, hätten auch einige arabische Staaten Interesse an diesen Systemen bekundet, meinte Sutanova ohne Namen zu nennen.

In diesem Jahr winken Serbien große Geschäfte. So steht das Land kurz vor Abschluss eines Vertrages über den Aufbau eines Militärkrankenhauses in mindestens einem arabischen Land. Darüber hinaus steht der Bau von drei Rüstungsfabriken in Algerien an. Ferner hofft Serbien auf einen 400-Millionen-Dollar-Auftrag zur Modernisierung von 150 M-84-Panzern, die Jugoslawien 1991 an Kuwait verkauft hat.

Die Panzer sind ein gutes Beispiel innerstaatlicher Zusammenarbeit, wie sie im ehemaligen Jugoslawien üblich war. So stammten die Komponenten der Panzer aus den verschiedenen ehemaligen Bundesstaaten, die dann in Kroatien zusammengesetzt wurden. Jetzt werden die alten Banden zugunsten einer Zusammenarbeit zwischen serbischen, bosnischen und mazedonischen Rüstungsfirmen wiederbelebt. Überdies wurde im Juni ein serbisch-kroatisches Verteidigungs-Kooperationsabkommen unterzeichnet. Sollte Serbien den kuwaitischen Auftrag an Land ziehen, soll er Sutanova zufolge von bosnischen, kroatischen und slowenischen Unternehmen gemeinsam gestemmt werden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2011