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OSTEUROPA/381: Ist autoritäre Herrschaft in Osteuropa eine Folge des Kommunismus? (idw)


Zentrum für Zeithistorische Forschung - 19.12.2018

Ist autoritäre Herrschaft in Osteuropa eine Folge des Kommunismus?


Gemeinsam mit Partner-Institutionen in der Ukraine, Georgien, Estland, Polen und Ungarn widmet sich das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam ab Januar 2019 der Frage nach dem Erbe des Spät- und Post-Sozialismus in Mittel- und Osteuropa. Die Forscherinnen und Forscher spüren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Eliten und deren Netzwerken nach. Sie wollen untersuchen, wie persönliche Seilschaften im Sozialismus entstanden und die Zäsur von 1989/91 überdauerten.

Anfang der 1990er-Jahre waren viele Beobachter überzeugt, dass die liberale Demokratie in Osteuropa einen Siegeszug antreten würde. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre machen jedoch deutlich, dass die postsozialistischen Staaten einen eigenen Weg eingeschlagen haben. Vielerorts sind hybride Regime entstanden, die demokratische und autokratische Merkmale aufweisen. Das internationale und interdisziplinäre Forschungsnetzwerk "Legacies of Communism" geht jetzt am ZZF Potsdam der Frage nach, welche Rolle lokale und nationale Eliten in diesem Prozess spielten. Ziel des Projektes ist es, die Zeit nach der Zäsur von 1989/91 neu zu vermessen.

Dr. Juliane Fürst und Dr. Jan Claas Behrends vom ZZF Potsdam koordinieren gemeinsam das Netzwerk, das durch die Leibniz-Gemeinschaft mit knapp einer Million Euro gefördert wird. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Estland, Georgien Großbritannien, Irland, Italien, Polen, Ungarn, der Ukraine und den USA wollen sie erforschen, ob die autoritären Tendenzen in Mittel- und Osteuropa ein Erbe des Kommunismus sind oder ob die Transformation nach 1989 sie hervorgebracht hat. Zugleich soll die paradoxe Gleichzeitigkeit autoritärer Staatlichkeit und instabiler politischer Ordnungen diskutiert werden.

Der Kommunismus als Ideologie spielt in Osteuropa und im post-sowjetischen Raum keine Rolle mehr. Doch die Konsequenzen der kommunistischen Herrschaft prägen bis heute die Gesellschaften. So haben beispielsweise die paternalistischen Strukturen in den Eliten den Untergang der kommunistischen Staatsparteien überlebt. Informelle Netzwerke sind stärker und wirkmächtiger als die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen. Ihre Erforschung soll zu einem besseren Verständnis der politischen Kultur des postsozialistischen Raumes führen und auch regionale Unterschiede herausarbeiten. Das Netzwerk will sich zudem aktiv in aktuelle Debatten einbringen. Über eine eigene Website, per YouTube und Twitter (@legaciesZZF) lässt sich schon bald die Arbeit des Teams verfolgen.

Das Kooperationsnetzwerk wurde im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs 2019 in das Förderprogramm "Kooperative Exzellenz" aufgenommen. Neben den Projektleitern werden ein Post-Doc, zwei Promovierende und zwei studentische Mitarbeiter im neuen Jahr am ZZF ihre Arbeit aufnehmen. Fellow-Programme, Workshops und Konferenzen werden einen regelmäßigen Austausch mit den Wissenschaftlern der Partner-Institutionen ermöglichen.


Weitere Informationen unter:
Infos zum Leibniz-Wettbewerb "Kooperative Exzellenz":
https://www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/leibniz-wettbewerb/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1252

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Zentrum für Zeithistorische Forschung, 19.12.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2018

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