Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BILDUNG

HOCHSCHULE/1661: Untersuchungen zum Hochschulpakt - Die Deckelung muss aufgehoben werden (idw)


CHE Consult GmbH - 18.07.2011

CHE Consult legt Untersuchungen zum Hochschulpakt vor: Die Deckelung muss aufgehoben werden


Das öffentliche Interesse an der Entwicklung der Kapazitäten an den Hochschulen ist so groß wie nie. CHE Consult legt zwei Untersuchungen vor, die Licht auf die aktuelle Situation werfen. Die Entwicklungen in der ersten Phase des Hochschulpakts werden länderspezifisch nachgezeichnet. Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte, die aber viele Fragen aufwirft. Und eine aktuelle Prognose zur Entwicklung der Studienanfängerzahlen bis 2015, die Trends insbesondere beim Übergang von der Schule in die Hochschule berücksichtigt. Insgesamt zeigt sich: Eine aktivierende Finanzierung von Studienplätzen schafft Nachfrage. Daher muss die Deckelung des Hochschulpakts unbedingt aufgehoben werden

Der Hochschulpakt ist die politische Antwort auf ein stärkeres Interessen an Studienplätzen durch einen demographischen Echoeffekt der Babybommer-Generation in den alten Bundesländern und doppelte Abiturjahrgänge durch die Verkürzung der Schulzeit in einigen Bundesländern. Hochschulen die mehr Studierenden aufnehmen, erhalten Geld vom Bund und aus ihrem Landeshaushalt. Die erste Phase des Hochschulpakts war, wie eine Untersuchung von CHE Consult und entsprechende Länderberichte zeigen, quantitativ überraschend deutlich erfolgreicher als politisch vorhergesehen. Viel mehr junge Menschen streben höhere Bildungsabschlüsse an.

Geplant war, dass in der Phase I knapp über 91.000 Studienanfänger(innen) mehr beginnen sollten zu studieren, verglichen mit dem Referenzjahr des Hochschulpakts: 2005. Tatsächlich konnten über 182.000 Erstimmatrikulierte zusätzlich gezählt werden. Der Erfolg zeigt, dass neue Finanzierungsmechanismen viel bewegen können. Vorschüsse für den Ausbau schaffen Nachfrage und sichern gleichzeitig einen chancengerechteren Zugang zu den Hochschulen. In der ersten Phase des Hochschulpakts konnte eine Übergangsquote von der Schule zur Hochschule von annähernd 50 Prozent verzeichnet werden. Ein bisher nie erreichter Wert in Deutschland.

"Besonders erfreulich ist, dass trotz des Ausbaus bei den Anfänger(inne)n, die Betreuungsrelation nicht schlechter geworden ist", sagt Christian Berthold, Geschäftsführer von CHE Consult. Allerdings seien vor allem wissenschaftliche Angestellte eingestellt und kaum neue Professuren geschaffen worden. Die Verkürzung der Studienzeit durch das Bachelor- und Mastersystem habe auch dazu geführt, dass die Zahl der Studierenden insgesamt nicht sehr gestiegen sei. "Besonders erfreulich ist, dass der Ausbau auch in den Ingenieurwissenschaften gelungen ist, also in Bereichen, in denen die Unternehmen schon heute unter einem Fachkräftemangel leiden", unterstreicht Berthold.

Der unbestrittene und erfreuliche Erfolg der ersten Phase des Hochschulpakts wirft aber auch schwierige Fragen auf. Die Mittel des Hochschulpakts sind gedeckelt. Das heißt der Erfolg in der ersten Phase führt dazu, dass die mehr ausgeschütteten Gelder in der zweiten Phase des Hochschulpakts fehlen. Das ist aber gerade die Zeit, in der sich die doppelten Abiturjahrgänge und die übrigen Effekte besonders stark auswirken. Es sind deutlich mehr Mittel notwendig, als die Logik des Hochschulpakts bisher zur Verfügung stellt. Dies gilt insbesondere, wenn man den positiven Trend eines deutlich besseren Übergangs von der Schule in die Hochschule berücksichtigt.

Bleibt es bei einem anhaltend hohen Übergang, kommen bis zum Jahr 2015 bis zu 500.000 zusätzliche Anfänger(innen) an die Hochschulen. Dies ist das Ergebnis einer Prognose, die CHE Consult vorgelegt hat und die den neuen Trend einkalkuliert. "Berücksichtigt man beides, also die Mittel, die in der ersten Phase über die Planung hinaus geflossen sind und die hohe Attraktivität des Studiums, die sich in den Übergangszahlen manifestiert, dann fehlt die Finanzierung für über 200.000 potenzielle Anfänger(inn)en." Der Mehrbedarf dürfte besonders stark in diesem Jahr spürbar werden. 2011 könnten mindestens 50.000 Studienanfängerplätze fehlen. In den kommenden Jahren jeweils etwa die Hälften dieser Zahl.

Vor diesem Hintergrund sind aus Sicht von CHE Consult zwei Reaktionen notwendig: Zum einen müssen sehr kurzfristig noch Mittel auch für das Wintersemester bereit gestellt werden. Zum anderen muss der Finanzierungsrahmen des Hochschulpakts II überdacht werden. "Zunächst gilt: Der Deckel muss weg", fordert Christian Berthold. Der Hochschulpakt dürfe nicht weiter von Planzahlen ausgehen, sondern müsse die Finanzierung für die tatsächliche Nachfrage gewährleisten.

"Der Ausbau der Bildungsbeteiligung und die Sicherung eines chancengerechten Zugangs zum Studium müssen Ziele mit hoher Priorität sein", betont Berthold. Das gehe einher mit einer politischen Reform: weg von einer planerisch-administrativen zu einer weiter aktivierenden Finanzierung von Bildungschancen. So richtig es sei, dass die Bundesregierung in aktuellen Programmen die Gewinnung von ausländischen Fachkräften erleichtert und ermöglicht, so unverzichtbar ist es zugleich, allen potenziellen Studierenden aus dem Inland Studienchancen anzubieten.


Weitere Informationen, die aktuelle Studienanfängerprognose und alle Länderberichte zur ersten Phase des Hochschulpakts sind online verfügbar.
www.che-consult.de/cms/?getObject=371&getNewsID=1304&getCB=398&getLang=de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1608


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
CHE Consult GmbH, Lars Hüning, 18.07.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2011