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GENTECHNIK/507: Gentechnikfreie Fütterung - und es geht doch! (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 357 - Juli/August 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Gentechnikfreie Fütterung - und es geht doch!
AbL-Studie zeigt die Perspektiven einer gentechnikfreien Futtermittelversorgung

von Phillip Brändle (jAbL) und Annemarie Volling (AbL)



Gentechnikfreie Futtermittel? " Gibt's nicht mehr", "zu teuer", "reine Biosache", diese und andere Antworten hören Bauern oft, wenn sie gentechnikfreie Futtermittel beziehen wollen. Die AbL hat Informationen über die Verfügbarkeit und Liefersituation gentechnikfreier Soja in Deutschland zusammengestellt, die zeigen, dass das Segment "ohne Gentechnik" und damit die gentechnikfreie Fütterung wächst.


Verfügbarkeit gentechnikfreier Soja

Heute findet etwa 80 Prozent des gesamten Sojaanbaus in den USA, Brasilien und Argentinien statt. Ein Großteil der angebauten Soja ist derzeit gentechnisch verändert. Eine besondere Rolle nimmt Brasilien ein, da es der Hauptlieferant von gentechnikfreier Soja ist. 2010/2011 wurden dort insg. 75,5 Mio. t Soja erzeugt. Nach einer überschaubaren Vorlaufzeit kann allein Brasilien knapp 50 Prozent des EU-Bedarfes an Soja in konventioneller, gentechnikfreier Qualität liefern. Weitere zukünftige Lieferquellen gentechnikfreier Ware sind Indien und Osteuropa. Aber auch beim heimischen Sojaanbau kommen Forschung und Anbau in Gang.

Lieferanten in Deutschland

Eine bundesweite Befragung von Futtermittelanbietern zeigt, dass eine flächendeckende Belieferung mit gentechnikfreier Soja möglich ist. Über hundert Anbieter, verteilt auf alle Bundesländer, wurden ermittelt. Die meisten Lieferanten haben ihren Sitz in den tierintensiven Bundesländern wie NRW und Niedersachsen. Auch Bayern ist stark vertreten. Sicher ist: Für jedes Futtermittel, auch Sojaschrot als Einzelkomponente, und für alle landwirtschaftlichen Nutztiere gibt es mindestens einen Anbieter, der deutschlandweit ausliefert. Bei der gentechnikfreien Sojaproduktion und Verarbeitung entstehen über die gesamte Produktions- und Logistikkette hinweg Mehrkosten für Separierung und Nachweisanalytik. Diese Kosten müssen derzeit nicht von den Verursachern (denjenigen, die GVO einsetzen wollen), sondern von den gentechnikfrei wirtschaftenden Betrieben getragen werden. Bei Umsetzung des Verursacherprinzips würden die Preise für gentechnikfreie Futtermittel sinken. Solange das Verursacherprinzip nicht umgesetzt ist, müssen die zusätzlichen Kosten für die gentechnikfreie Erzeugung von den Verarbeitern und dem Handel getragen werden, da diese sich durch die Auslobung der Produkte am Markt profilieren können. Die Sojapreise unterliegen enormen Schwankungen. Deren Ursache sind schwankende Erntemengen, Ernteausfälle sowie die sich ändernde weltweite Nachfrage. Aus fütterungsphysiologischer Sicht ist gentechnikfreies Sojaschrot (HP 48) aufgrund seines höheren Eiweißgehaltes dem oft verwendeten LP 44 überlegen. Durch den höheren Eiweißgehalt sinkt die benötigte Menge, was zu geringeren Futterkosten führt. Eine Bündelung der Nachfrage kann erfahrungsgemäß weitere Einsparungen bewirken. Zunehmend berichten Tierhalter von positiven Effekten auf die Tiergesundheit nach der Umstellung auf gentechnikfreie Soja. Allein die Einsparung bei Medikamenten könnten die. Mehrkosten für gentechnikfreie Soja decken. Soja hat aufgrund ihrer sehr geeigneten Aminosäurenzusammensetzung - nach dem thermischen Aufschluss der Eiweiße - ernährungsphysiologische Vorteile. Versuche zeigen jedoch, dass auch heimische Körnerleguminosen wertvolle protein- und stärkereiche Futtermittel darstellen. Je nach Tierart und Leistungsniveau lässt sich Sojaschrot unterschiedlich gut ersetzen.


Ohne Gentechnik wächst

Das Segment "ohne Gentechnik" wächst stetig. Vorreiter war der Milchsektor. Und hier vor allem die Upländer Bauernmolkerei gefolgt von dem Milchkonzern FrieslandCampina mit seiner Landliebe-Marke. Im Juni 2012 wurden 10 Prozent der in Deutschland erfassten Milch ohne Gentechnik erzeugt. Zahlreiche namhafte Unternehmen sind eingestiegen: Die Privatmolkerei Bauer, Berchtesgadener Land, Edeka Nord, "Faire Milch" und Zott, um nur wenige zu nennen. Um einiges später, aber dafür sehr viel schneller, erfolgte die Entwicklung bei den Schaleneiern. Im Juni 2012 wurden mind. 50 Prozent der konventionell gehaltenen Legehennen in Deutschland nach den "ohne Gentechnik"-Kriterien gefüttert, Tendenz steigend. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist "ohne Gentechnik" auch für kleinere Eiererzeuger und Direktvermarkter ein Verkaufsargument. Mit "ohne Gentechnik" gelabeltes Schweine- und Geflügelfleisch findet sich in deutschen Regalen erst vereinzelt. Anders in Österreich: Seit Anfang 2012 wird bei den größten Geflügelbetrieben Österreichs (rund 90 Prozent des Mastgeflügelmarktes) gentechnikfrei gefüttert. Diese haben gleichzeitig - auf Druck des LEH - umgestellt. Auch die Putenfleischproduktion wird derzeit umgestellt. Der Schweinefleischbereich bewegt sich ebenfalls. Die REWE-Eigenmarke "Hofstädter" ist bei Schweinefleisch weitgehend umgestellt. Da auch Frankreich jetzt ohne Gentechnik" labelt und Luxemburg, derzeit an nationalen Regelungen arbeitet, erwägt die EU-Kommission eine Harmonisierung der "ohne Gentechnik"-Regelungen auf EU-Ebene.

Das vollständige Hintergrundpapier Gentechnikfreie Fütterung - und es geht doch!" sowie die Bezugsliste gentechnikfreier Futtermittel findet sich im Internet unter www.gentechnikfreie-fuetterung.de. Durchgeführt wurde die Befragung von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Bauern, die gentechnikfreie Ware von Händlern beziehen, die auf unserer Liste nicht vermerkt sind, dürfen sich gerne bei uns melden.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 357 - Juli/August 2012, S. 16
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
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Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
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(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2012