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INTERNATIONAL/028: Mexiko - Antibiotika in Tierprodukten und Obst, US-Bestimmung erzwingt Kehrtwende (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Februar 2012

Mexiko: Antibiotika in Tierprodukten und Obst - US-Zulassungsbestimmungen erzwingen Kehrtwende

von Emilio Godoy


Mexiko-Stadt, 24. Februar (IPS) - Im Januar hat die US-Behörde für Lebensmittelkontrolle und Arzneimittelzulassung (FDA) angekündigt, ab April die Behandlung von Rindern, Schweinen, Hühnern und Truthähnen mit Antibiotika aus der Gruppe der Cephalosporine zu verbieten. Um weiterhin Fleisch in die USA exportieren zu können, muss auch Mexiko die im Land am häufigsten verschriebenen Tiermedikamente aus dem Verkehr ziehen.

US-Präsident Barack Obama hatte bereits Anfang 2011 ein Gesetz zur Reform der Nahrungssicherheit (FSMA) unterzeichnet. Darin wurden Regeln zur Überprüfung von Einfuhren festgelegt. Importeure müssen nachweisen, dass die von ihnen aus dem Ausland eingekauften Produkte den Sicherheitsstandards entsprechen und weder verunreinigt noch falsch etikettiert sind. "Das Gesetz bedeutet einen großen Fortschritt auf dem Weg zu einer sichereren Nahrungsversorgung in den USA ", meinte Erik Olson von der 'Pew Health Group' im Gespräch mit IPS.


Millionen Rinder in Mexiko mit Antibiotika behandelt

In Mexiko werden rund 25 Millionen Rinder als Nutztiere gehalten. Nach Angaben des Agrarministeriums erhalten sie hohe Dosen an Antibiotika, darunter Penizillin, Tetrazykline und Cephalosporine, die bakterielle Infektionen verhindern sollen.

Nach Zahlen der FDA zufolge wurden 2009 in den USA 13,1 Millionen Kilo solcher Tiermedikamente verkauft, im Jahr darauf verzeichnete die Behörde einen Rückgang von gerade einmal ein Prozent. Bei dem größten Teil der Präparate - 4,6 Millionen Kilo - handelte es sich um Tetrazykline. Von Cephalosporinen wurden 41.000 Kilo im Veterinärbereich abgesetzt.

Das mexikanische Landwirtschaftsministerium hat ein Handbuch für die richtige Aufzucht von Rindern herausgegeben, in dem der ausschließliche Gebrauch zugelassener Medikamente empfohlen wird. Zur Behandlung von Krankheiten wird der Gebrauch von Schmalspektrum-Antibiotika empfohlen. Zudem sollen neue nationale Bestimmungen zur Tiererkennung eingeführt werden, deren Billigung noch aussteht. Die Regelungen, die sich auf Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Bienen beziehen, sollen gewährleisten, dass die Herkunft der Tiere und tierischen Produkte genau nachvollzogen werden kann.

Bei mehreren wissenschaftlichen Studien wurden Spuren von Antibiotika in Tierprodukten gefunden, so unter anderem in Milch im westmexikanischen Bundesstaat Jalisco. Die Studie, die sich auf die Region mit der höchsten Milchproduktion bezog, wurde 2009 in der 'Revista de Salud Animal' veröffentlicht. Sie kam zu dem Schluss, dass entgegen der gesetzlichen Bestimmungen dem Vieh in Jalisco antimikrobielle Mittel verabreicht worden waren. Durchgeführt hatten die Untersuchung fünf Forscher der Universität von Guadalajara, der Hauptstadt von Jalisco.

Von 264 analysierten Proben enthielten 9,8 Prozent Rückstände antimikrobieller Arzneien. In 77 Prozent der positiv getesteten Proben fand sich mindestens ein Sulfonamid. Die pasteurisierte Vollmilch stammte aus zehn Sammelzentren. Auch waren zwischen Juni 2007 und Mai 2008 Proben von zwölf verschiedenen Markenprodukten in Guadalajara und drei weiteren Gemeinden des Bundesstaates entnommen worden. Nach Erhebungen des mexikanischen Agrarministeriums produziert das lateinamerikanische Land mehr als zehn Milliarden Liter Milch jährlich.


Carbendazim in Orangen

Die US-Behörden haben in diesem Jahr auch Orangensaft genauer unter die Lupe genommen, nachdem in Schiffslieferungen aus Brasilien und Kanada das Fungizid Carbendazim entdeckt wurde. In den USA ist es seit 2009 verboten, diese Chemikalie im Zitrusfrüchteanbau zu verwenden. Spuren davon sind aber weiterhin in Farbe, Textilien, Klebeband und Zierpflanzen zulässig.

In Mexiko, wo jedes Jahr etwa vier Millionen Tonnen Orangen geerntet werden, kommt Carbendazim auch weiterhin zum Einsatz. Weitere toxische Chemikalien, die eingesetzt werden, sind Organophosphate wie Parathion-Methyl, Malathion, Ethion und Diazinon. Fernando Bejarano, der Leiter des Studienzentrums CAATA, ist der Meinung, dass die neoliberale Politik ökologische Alternativen an den Rand gedrängt hat.

Nach Angaben des Internationalen Programms zur Chemiesicherheit, in dem die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Internationale Arbeitsorganisation ILO und das UN-Umweltprogramm UNEP zusammenarbeiten, können sich Fungizide bis zu drei Jahre im Boden halten. Das Aktionsnetzwerk gegen Pestizide in Lateinamerika hält Carbendazim für eine krebserregende Substanz. Innerhalb der Europäischen Union gelten strenge Bestimmungen, die den Fungizid-Gehalt in Zitrusfrüchten auf 100 bis 700 Teile pro Milliarde begrenzt. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.fda.gov/
http://www.pewtrusts.org/
http://www.sagarpa.gob.mx/ganaderia/Publicaciones/Lists/Manuales%20de%20Buenas%20Prcticas/Attachments/4/manual_bovino.pdf
http://scielo.sld.cu/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0253-570X2009000100006
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=100182
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106853

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2012