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INTERNATIONAL/119: Mexiko - Bauern gegen Genbohnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Juli 2014

Mexiko: Bauern gegen Genbohnen

von Julio Godoy


der freundlichen Genehmigung des Landwirtschaftsministeriums

Eine Bohnenreinigungsmaschine im nordmexikanischen Bundesstaat Zacatecas
Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung des Landwirtschaftsministeriums

Mexiko-Stadt, 16. Juli (IPS) - Manuel Alvarado gehört zu einer Mehrheit mexikanischer Bauern, die keine Notwendigkeit für die Einführung genmodifizierter Bohnen sehen. Tatsächlich wurden in dem lateinamerikanischen Land noch nie so viele Bohnen produziert wie heute.

"Es ist zudem nicht bewiesen, dass die Genvarianten höhere Erträge abwerfen als unser Hybrid- oder regionales Saatgut", meint Alvarado, Leiter der Bohnenvertriebsfirma 'Enlaces al Campo' mit Sitz in Fresnillo im nördlichen Bundesstaat Zacatecas. "Viele Menschen wissen zu wenig über genmanipulierte Organismen (GMOs). Was man hört, verheißt auf jeden Fall nichts Gutes. "

In Mexiko sehen sich die rund 300.000 Bohnenproduzenten, die Hälfte von ihnen Kleinbauern, vor allem mit drei Problemen konfrontiert: mit einer Überproduktion, niedrigen Preisen und zunehmenden Importen.

Alvarado hat mit zehn verschiedenen nativen Bohnensorten auf 15 Hektar Land Erträge von zwölf bis 16 Tonnen pro Hektar erzielt. Außerdem testete er 28 verschiedene Sorten von Hybridmaissaatgut auf einer Fläche von 14 Hektar Land und erntete pro Hektar bis zu 15 Tonnen.

Nach Untersuchungen der unabhängigen Preiskontrollstelle, die Mexikos Nahrungsmittelproduzenten und Verbraucher mit relevanten Informationen und Analysen versorgt, wurden im letzten Jahr 1,28 Millionen Tonnen Bohnen auf einer Gesamtfläche von 1,83 Millionen Hektar Land erzeugt. Die Hauptanbaugebiete sind die nördlichen Bundesstaaten Zacatecas, Durango und Chihuahua.

Nachdem die Gegner von GMOs im letzten Jahr ein einstweiliges Verbot gegen den Anbau von Genmais und Gensoja erwirken konnten, loten die mexikanische Regierung und die Industrie nun die Möglichkeiten für den Anbau von Genbohnen und Genweizen aus.

Am 22. April beantragte das Nationale Forschungsinstitut für Wald-, Agrar- und Viehwirtschaft (INIFAP) beim Nationalen Dienst für die Gesundheit, Sicherheit und Qualität von Agrarnahrungsmitteln (SENASICA) im zentralmexikanischen Bundesstaat Guanajuato den Anbau von Genbohnen auf einem 0,12 Hektar großen Versuchsfeld.


Staatlich finanzierte GMO-Studie

Dem Antrag lag eine wissenschaftliche Untersuchung über die Widerstandsfähigkeit von Bohnen zugrunde, die mit den Genomen des Kohlgewächses Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) verändert worden waren. Die Studie war vom Nationalrat für Wissenschaft und Technologie und vom Agrarministerium finanziert und 2013 in der mexikanischen Zeitschrift für Agrarwissenschaften veröffentlicht worden.

Die fünf Autoren, Wissenschaftler beim INIFAP, hatten fünf unabhängige Linien und 20 transgene Bohnenpflanzen manipuliert, die sich daraufhin resistent gegen zwei Stämme von Colletotrichum lindemuthianum, das die Pilzerkrankung Anthraknose verursacht, zeigten. Nicht genetisch veränderte Pflanzen erwiesen sich gegenüber den Bohnenschädlingen Anthraknose, Pflanzenrost, Blattflecken und Wurzelrost als nicht resistent.

Silvia Ribeiro, Lateinamerika-Direktorin der 'Action Group on Erosion, Technology and Concentration' (ETC Group), kritisiert die Verwendung von Steuergeldern zur Finanzierung der GMO-Forschung. "Es wäre weitaus besser, die Ressourcen für die Wissensförderung der Kleinbauern, etwa im Bereich der präventiven Schädlingsbekämpfung, zu verwenden", betont sie.

Der US-Saatguthersteller 'Pioneer' hat in diesem Jahr bei SENASICA vier Anträge für den experimentellen Anbau von transgenem Mais auf einer insgesamt zehn Hektar großen Fläche in den nordwestlichen Bundessaaten Sonora und Sinaloa gestellt. Der US-Biotechnologieriese 'Monsanto' wiederum beantragte die Genehmigung für vier Pilotprojekte für den Anbau von Genbaumwolle auf einer Gesamtfläche von 85.000 Hektar in verschiedenen mexikanischen Bundesstaaten.

Vom Internationalen Zentrum zur Verbesserung von Mais und Weizen (CYMMIT) mit Sitz in Mexiko kamen fünf Anfragen für die Erlaubnis, transgenen Weizen auf einem halben Hektar Land im zentralen Bundesstaat Morelos zu produzieren.

Im Juni 2012 hatte das Landwirtschaftsministerium Monsanto grünes Licht gegeben, transgenes Soja auf insgesamt 253.000 Hektar Land in sieben mexikanischen Bundesstaaten einschließlich Campeche auszubringen.

Im letzten Jahr waren bei SENASICA 58 Anträge für den Anbau von Genmais auf einer Gesamtfläche von fünf Millionen Hektar im Rahmen von Versuchs-, Pilot- oder kommerziellen Projekten eingegangen. Antragsteller waren Monsanto, Pioneer, 'Syngenta' (Schweiz) und 'Dow Agrosciences' (USA).

29 ähnliche Anträge, allerdings für den Anbau transgener Baumwolle, stammten von Monsanto und dem deutschen Konzern Bayer, der sich darüber hinaus um drei Versuchsgenehmigungen für die Produktion von Soja auf insgesamt 45 Hektar Land in den südostmexikanischen Bundesstaaten Campeche, Quintana Roo und Yucatán bemühte. Das US-Unternehmen 'Forage Genetics' suchte um eine Genehmigung an, auf einem 0,38 Hektar großen Feld im nordmexikanischen Bundesstaat Coahuila Luzerne zu Versuchszwecken auszubringen.


Gegner verzeichnen kleine Siege

Im Juli 2013 gingen 53 Einzelpersonen und 20 zivilgesellschaftliche Organisationen rechtlich gegen die Anträge zum Anbau von transgenem Mais vor. Im September verfügte ein Bundesrichter ein vorsorgliches Genehmigungsverbot. Die Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt sowie die involvierten Unternehmen haben seither mehr als 70 Gegenbeweismittel eingereicht. Doch der Fall, so hieß es aus juristischen Kreisen, "wird dauern".

Bild: © Emilio Godoy/IPS

Anfang Juli verteilten Produzenten und Aktivisten, die bessere Absatzmöglichkeiten für ihre Erzeugnisse fordern, in Mexiko-Stadt im Rahmen einer Protestaktion Bohnen
Bild: © Emilio Godoy/IPS

Seit März 2014 ist es mexikanischen Bienenzüchterverbänden und indigenen Gemeinschaften gelungen, zwei weitere einstweilige Verfügungen gegen den kommerziellen Anbau von Gensoja in Campeche und Yucatán zu erwirken.

"Wir haben uns, was die Vorbereitung der Böden, die Wahl unseres Staatguts und der Düngemittel angeht, perfektioniert", meint der Landwirt Alvarado. "Mittelfristig wollen wir auf organischen Dünger umsteigen. Alles wäre umsonst, sollten die transgenen Bohnen kommen."

Derzeit verkaufen Farmer das Kilo Bohnen für 30 bis 45 US-Cent. Die staatlichen Subventionen sind etwa ebenso hoch, was den Bauern ermöglicht, ihre Produktionskosten zu kompensieren.

Alvarado zufolge könnten es die Bauern ohne weiteres mit den US-Importen aufnehmen, "würden die Produktionsgebiete besser organisiert, die staatlichen Speichermöglichkeiten verbessert, den Bauern der Zugang zu Krediten erleichtert und die Wertschöpfung der Bohnen erhöht".

Obwohl GMOs seit Mitte der 1990er Jahren kommerziell angebaut werden, konzentrieren sie sich bisher auf zehn Länder: auf die USA, auf Brasilien, Argentinien, Kanada, Indien, China, Paraguay, Südafrika, Pakistan und Uruguay. Die meisten transgenen Erzeugnisse gehen in die Viehfutterherstellung. Doch Mexiko scheint fest entschlossen, Genmais für den menschlichen Verzehr zu produzieren.


Klimaargumentation

Die Regierung unterstützt GMOs, weil sie staatlichen Agrarexperten zufolge mittel- und langfristig dazu beitragen könnten, die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion abzufedern.

"Mexiko braucht keine transgenen Erzeugnisse, denn noch nie zuvor hat Mexiko so viel Mais produziert wie jetzt", meint hingegen Ribeiro von der ETC-Gruppe. "Die transgenen Saaten gefährden unsere biologische Vielfalt, da eine Kontaminierung mit dem herkömmlichen Pflanzen unvermeidbar ist." In Mexiko gibt es rund 70 unterschiedliche Bohnenvarietäten. (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2014/07/transgenicos-siembran-nuevos-caminos-en-mexico/
http://www.ipsnews.net/2014/07/mexican-farmers-oppose-expansion-of-transgenic-crops/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 17. Juli 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2014