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LANDWIRTSCHAFT/1589: Wohin des Wegs mit der Agrarkultur? (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 371 - November 2013
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Wohin des Wegs mit der Agrarkultur?
Weltweit wird um die Ausrichtung zwischen bäuerlich und industrieabhängig gerungen

von Christine Weißenberg



Auf internationaler Ebene geht es um die Deutungshoheit, welche Ausrichtung der Landwirtschaft in der Lage und somit zu unterstützen ist, um den drängenden weltweiten Herausforderungen gewachsen zu sein: die Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln, der Umgang mit dem Klimawandel und seinen Folgen sowie die nachhaltige und gerechte Nutzung endlicher oder lebender Ressourcen. Die G8 Staaten, als Zusammenschluss der größten Wirtschaftsnationen, haben gemeinsam mit einigen der größten Agrarkonzernen eine "Allianz zur Ernährungssicherung in Afrika" geschlossen. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung der Landwirtschaft durch private Investitionen. Wie nebenbei ergeben sich die Eröffnung neuer Märkte und Umsatzsteigerungen für die weltumspannenden Unternehmen. In dieses Bild passt auch die industriefreundliche Entscheidung des World Food Prize (Welternährungspreis), der Mitte Oktober an drei Biotechpioniere rund um die Gentechnikforschung verliehen wurde. Die EU hatte den Reformprozess ihrer Agrarpolitik mit Ideen begonnen, die zu einer Neuausrichtung gepasst hätten - mit gerechterer und Gesellschaftsansprüchen genügender Verteilung des Haushaltsgeldes. Doch die über all dem stehenden wirtschaftlichen Maßgaben "Wachstum und wettbewerbsfähige Produktion zur Konkurrenz auf den Märkten der Welt" haben den Kurswechsel auf den Einbau ein paar neuer Gedanken reduziert. Die Ausgestaltung bleibt den Mitgliedsstaaten und ihren Prioritäten überlassen. Für Deutschland stellt sich also die Frage, in welcher Konstellation demnächst regiert wird - und wie da die Kräfte aufgestellt sind, die gegenüber einem "Weiter so wie bisher" eine andere, bäuerliche Vorstellung von der Entwicklung der Landwirtschaft einbringen.


International vernetzt

Wie sieht es global aus mit Fürsprechern einer regional eingebundenen, auf Kreisläufe und unabhängige Entwicklung setzenden Landwirtschaft? An erster Stelle ist hier die Kleinbauernbewegung La Via Campesina (Der bäuerliche Weg) zu nennen, die sich als Zusammenschluss von 164 Bauernorganisationen aus 79 Nationen vernetzt und auf internationalem Parkett eine hörbare Stimme ist. Das hat die FAO, Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN, nun offiziell anerkannt und Mitte Oktober eine Kooperationsvereinbarung besiegelt. Dadurch soll die Partizipation in politischen Prozessen unterstützt und der Austausch zu Themen von gemeinsamem Interesse, wie Saatgut, Landrechte und agrarökologische Praktiken, gefördert werden. "Dies ist ein wichtiger Schritt vorwärts, bezüglich unserer Anstrengungen die UN-Institutionen und Regierungen zu einem Politikwechsel im Sinne der Ernährungssouveränität zu bewegen", kommentierte Elizabeth Mpofu, Bäuerin aus Zimbabwe und General-Koordinatorin von La Via Campesina. Fast zeitgleich erschien ein Bericht der UN-Konferenz zu Handel und Entwicklung (UNCTAD), der in der entwicklungspolitischen Zeitschrift welt-sichten als "flammendes Plädoyer für die weltweite Abkehr von der industrialisierten Landwirtschaft" bezeichnet wird. Die von Fachleuten aus aller Welt beigesteuerten Texte lesen sich fast wie eine Ergänzung zum nach wie vor aktuellen Weltagrarbericht. Die UNCTAD Publikationen dienen der Meinungsbildung und haben kein eigenes politisches Gewicht - die Wirkung hängt von ihrer Verbreitung ab und wer sich an den Inhalten orientiert. Das nächste Jahr, 2014, wurde von der UN offiziell als weltweites Jahr des bäuerlichen Familienbetriebs ausgerufen. Eine politische Vorlage, um an offiziellen Stellen nachzufragen, ob die Belange bäuerlicher Landwirtschaft angemessen vertreten und vor allem gegenüber der Marktmacht von Industrieunternehmen ausreichend geschützt werden.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 371 - November 2013, S. 11
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2014