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MARKT/1868: Schweiz - Ringen um eine marktgerechte Milcherzeugung (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 344 - Mai 2011
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Ringen um eine marktgerechte Milcherzeugung
Schweizer Milcherzeuger stoßen auf Widerstand bei Politik, Industrie und Handel

Von Sonja Korspeter, EMB


Die Branchenorganisation Milch soll eine allerletzte Chance bekommen", so die Aussage des Ständerates nach der Vertagung seiner Entscheidung zum Milchmarkt am 18. März 2011. Das Wörtchen "allerletzte" zeigt schon, dass in der Schweiz seit Aufgabe der Milchmengenkontingentierung im Mai 2009 viel mit dem sogenannten freien Markt herumexperimentiert wurde. Aus Sicht der Milcherzeuger haben weder die Gründung der Branchenorganisation Milch (BOM) noch diverse Programme zum Absatz der Überschüsse im Ausland bislang zum Erfolg geführt. Der Schweizer Milchmarkt ist im Ungleichgewicht, die Butterlager wachsen mit 300 Tonnen je Woche beständig weiter und die Milchpreise liegen mit durchschnittlich 60 Rappen (47 Cent) weit unter den Produktionskosten. In der von der Schweizer Regierung offiziell anerkannten Branchenorganisation Milch sind der Einzelhandel und die Verarbeiter sowie Milchproduzenten- und Milchproduzenten-Verarbeiterorganisationen vertreten. Bei ihrer letzten Sitzung hat die BOM eine Milchpreiserhöhung um 3 Rappen je kg A-Milch ab dem 1. April 2011 beschlossen. Doch die Butterlager sind mehr als randvoll und der Käseabsatz ist rückläufig, und so ist wieder einmal fraglich, ob die Molkereien diese Maßgabe befolgen werden, die zudem einen Teil der Milch, die von der Branchenorganisation eingeführten B- und C-Mengen, gar nicht betrifft. Die Produzentenorganisation Miba zum Beispiel zahlt ihren Mitgliedern ab dem 11. April 57,8 Rappen je kg Milch. Damit setzt sie die beschlossene Preiserhöhung um, liegt jedoch 10 Rappen unter dem von der BOM gesetzten Richtpreis von 68 Rappen (53 Cent) je Liter A-Milch. Laut Milcherzeugerverband BIG-M sind 78 Rappen je Liter nötig, um die Kosten der Milcherzeugung unter den heutigen Bedingungen zu decken. Eine weitere beschlossene Maßnahme der BOM ist der Abbau des Butterbergs von aktuell 8.020 Tonnen Butter im wesentlichen über einen erzeugerfinanzierten Fonds "Milchstützung" (ca. 42 Millionen Franken).


Reaktion der Milcherzeuger

Für BIG-M ist die Verramschung der Überschüsse keine Lösung. Der Verband fordert eine "Milchproduktion nach Maß - nicht maßlos". Das richtige Maß, so Martin Haab, Präsident von BIG-M, müsse auf faire Preise und qualitätsgestützte Wertschöpfungskanäle ausgerichtet werden. Nur eine Lenkung der Menge gebe Verarbeitern den Anreiz, ihr Wachstum hauptsächlich im Qualitätsbereich anzustreben. Die Milcherzeugerverbände BIG-M, Uniterre und SMP führen deshalb weiterhin Gespräche mit politischen Vertretern, um schließlich über die Motion Aebi im Ständerat die Allgemeinverbindlichkeit für den SMP als Erzeugerorganisation noch durchzusetzen. Weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen sollen den Druck auf Politik, Industrie und Handel erhöhen. Mit der Einführung der Fairen Milch auf dem Schweizer Markt soll den Verbrauchern die Möglichkeit der Wahl der Fairness gegeben werden und zugleich Politik und Milchbranche gezeigt werden, dass faire Erzeugerpreise möglich sind.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 344 - Mai 2011, S. 7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2011