Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → ERNÄHRUNG


MARKT/2162: Auch Molkereien müssen ihrer Verantwortung gerecht werden (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 10. März 2016

Folgart: Auch Molkereien müssen ihrer Verantwortung gerecht werden

Berliner Milchforum: Keine Perspektive ohne wirtschaftliche Nachhaltigkeit


"Für die Milchbauern geht es in den kommenden Monaten ausschließlich darum, den Fortbestand ihrer Betriebe zu sichern. Daher ist es eine längst überfällige und existenzielle Frage, wie wir den weiteren Absturz der Preise und der Einkommen verhindern." Dies erklärte Udo Folgart, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) bei der heutigen Er-öffnung des 7. Berliner Milchforums "Europa ein Jahr nach Quotenende - Erfahrungen und Erwartungen" in Berlin.

"Wir erwarten von unseren Molkereien, dass sie bei den Preisverhandlungen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel auch die Interessen der Milchbauern vertreten. Statt ruinösen Unterbietungswettbewerb bei den Preisen sollten sie ihre Verantwortung im Markt für die heimische Landwirtschaft und die Milchbauern ernst nehmen und nicht durch Billigpreisstrategien das wirtschaftliche Ende zahlreicher innovativer Milchviehbetriebe verursachen", appellierte Milchbauernpräsident Folgart an Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel. Folgart schlug ein Aktionsbündnis vor, in dem Milchbauern, Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel im Sinne einer wettbewerbsfähigen, starken Milchwirtschaft "an einem Strang ziehen". Letzterer habe eine erhebliche Marktmacht gegenüber den Molkereien, die auch im Interesse der gesamten Wirtschaft Verantwortungsbewusstsein verlange. Der Deutsche Bauernverband werde mit seinen 18 Landesbauernverbänden an einem bundesweiten Aktionstag am 23. März 2016 auf den Wert der Lebensmittel wie Milch und Molkereiprodukte und gegen die Zerstörung dieser Wertschöpfung innerhalb der weiteren Produktionskette aufmerksam machen.

"Die Zeiten, in denen sich in den Preisverhandlungen Molkereien bei austauschbaren Produkten möglicherweise gegenseitig preislich unterbieten, muss der Vergangenheit angehören", betonte Folgart. Schließlich sei der Molkereisektor in Deutschland genossenschaftlich geprägt. Stattdessen müssen die Molkereien, wie der Milchbauernpräsident forderte, die un-genutzten Gestaltungsspielräume des Wettbewerbsrechts nutzen. Ziel müsse es sein, über Kooperationen, Fusionen oder Kontore das Angebot gegenüber dem Handel zu bündeln. Der Milchbauernpräsident wörtlich: "Die Vermarktungsstrukturen der Molkereien müssen ein Verhandeln mit dem Lebensmitteleinzelhandel auf Augenhöhe ermöglichen."

Zudem forderte Folgart die Molkereien beim Berliner Milchforum auf, die Lieferbeziehungen mit ihren Erzeugern zu prüfen. Diese seien so auszugestalten, dass sie beiden Seiten - auch in volatilen Märkten und schwachen Marktphasen - Rechnung tragen. Es sei auch fraglich, so Folgart, ob bereits alle Wertschöpfungspotenziale des europäischen Binnenmarktes genutzt würden. Vor allem die Exportmärkte seien noch stärker ins Visier zu nehmen, betonte Folgart und gab zu bedenken, dass eine Spezialisierung auf einzelne Staaten als alleinige Strategie häufig nicht ausreiche. Gerade während schwacher Marktphasen seien nach Aussage des Milchbauernpräsidenten bestehende Exportmärkte und der erfolgreiche Zugang zu neuen Drittlandsmärkten für viele Milchbauern existenziell.

"Mit unternehmerischen Maßnahmen allein können unsere Landwirte die aktuelle Marktkrise jedoch nicht mehr bewältigen. Daher brauchen die Milchbauern und auch die Schweinehalter jetzt eine schnelle und wirksame Unterstützung", unterstrich Folgart und warnte vor gravierenden Strukturbrüchen, die über das bisherige Ausmaß des Strukturwandels weit hinausgehen würden. Staatliche Planspiele würden den Milchbauern aber nicht helfen, denn so der Milchbauernpräsident wörtlich: "Die internationalen Verflechtungen der Märkte lassen eine nationale oder europäische Milchmengenregulierung schlicht verpuffen. Selbst in geschlossenen Märkten entfalten Mengenreduzierungen nur eine sehr begrenzte Preiswirkung."

Vielmehr gehe es darum, für die Bauern mit sofortiger Wirkung Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um die Betriebe in der aktuellen Preiskrise zu entlasten. Konkret forderte Folgart ein zweites europäisches Hilfspaket mit 2 Milliarden Euro und verbesserten Rahmenbedingungen. Dazu gehöre eine Verhandlungsoffensive der EU-Kommission mit Dritt-staaten zum Abbau von Handelshemmnissen. Vor allem die handelspolitischen Beziehungen mit Russland müssten laut Folgart wieder normalisiert werden. Auch eine Anhebung der Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver sei denkbar, sofern dies keine Produktionsanreize setze. Überdies müsse eine breitere Einführung von Absicherungsinstrumenten im Milchbereich erfolgen. Entscheidend sei, so der weitere Appell des DBV-Vizepräsidenten an die Politik, das europäische Maßnahmenbündel national zu flankieren. Unverzichtbar seien weitere Entlastungen in der Sozialversicherung und ein Steuerpaket für die Bauern, das den Betrieben die individuelle Risikovorsorge erleichtere. Auch das Wettbewerbsrecht gelte es zu stärken sowie die Auflagenflut und den Bürokratiewahn zu stoppen.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 10. März 2016
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 407
Fax: 030 / 31 904 431
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang