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VERBAND/2110: EU-Agrarkommissar Phil Hogan in Bayern - Milchviehhalter protestieren spontan (BDM)


Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. - Presseerklärung vom 4. Dezember 2015

Theater rund um den Besuch von EU-Agrarkommissar Phil Hogan in Herrsching

Milchviehhalter protestieren trotzdem spontan


(Herrsching) Nachdem es schon im Vorfeld rund um den Besuch des EU-Agrarkommissars Phil Hogan bei der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbands in Herrsching am Ammersee viel Theater gegeben hatte, setzte sich dies auch bei der heutigen Spontan-Aktion einiger Milchviehhalter fort.

Erst gestern Nachmittag hatten die Ordnungskräfte mitgeteilt, dass EU-Kommissar Hogan seinen Besuch abgesagt hätte, nur um dann wieder kurzfristig mitzuteilen, dass er nun doch kommen werde. Die vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM geplante und angemeldete Protestkundgebung war mit der vermeintlichen Absage Hogans gestern ebenfalls abgesagt worden.

"Aus Bayern und Baden-Württemberg hatten sich die Milchviehhalter bereits im Vorfeld sehr zahlreich angekündigt. Möglicherweise hatte Phil Hogan von dieser Protestbereitschaft der Bauern schon im Vorfeld Kenntnis erlangt und schon da den ersten Rückzieher gemacht", meint BDM-Vorsitzender Romuald Schaber.

Rund 100 Milchviehhalter ließen es sich heute trotz der abgesagten Kundgebung nicht nehmen, spontan nach Herrsching zu fahren, um ihrem Unmut und ihrer Unzufriedenheit mit Hogans Milchpolitik deutlich Ausdruck zu verleihen. "Phil Hogan, Krisen ignorieren heißt Bauern ruinieren!" gaben ihm die Milchbauern als Botschaft ihrer Spontan-Aktion mit.

"Hogan auf der Flucht vor den Milchbauern" - auch so könnte die Zusammenfassung dieses Besuchs lauten. Noch während die Bauern lautstark protestierten, ließ sich Hogan eilig an den demonstrierenden Bauern vorbeischleusen - ohne sich den Milchbauern zu stellen, deren Existenzsorgen in der aktuellen Milchkrise er erst kürzlich in einem Interview abfällig in Frage gestellt hatte. Sinngemäß hatte er geäußert, dass er annehme, dass die Bauern jammern um des Jammerns willen; ihr Ziel sei es, zusätzliche Gelder locker zu machen, während sie munter weiterproduzieren.

"Das ist für die Milchbauern, die mit massiven Verlusten zu kämpfen haben und ihre Rechnungen teilweise nicht mehr bezahlen können, der blanke Hohn", kritisiert Romuald Schaber scharf. "Hogan ist gerade derjenige, der jede Art von Überlegung, wie man das bestehende Sicherheitsnetz um Möglichkeiten erweitern könnte, in Krisenphasen zeitlich befristet die Produktion einzugrenzen, ohne mit der Wimper zu zucken vom Tisch wischt. Markige Sprüche, aber nicht so viel Mumm in den Knochen, sich seinen Kritikern, den Milchbauern, auch einmal persönlich zu stellen. Das ist einfach nur peinlich!"

Selbst die bei den Milchviehhaltern wegen ihrer sehr marktliberalen Agrarpolitik sehr unpopuläre ehemalige EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel stellte sich in ihrer Amtszeit mutig den demonstrierenden Milchviehhaltern. Und auch Hogans Amtsvorgänger Dacian Ciolos zeigte keinerlei Berührungsängste.

"Wir stellen auch die Verhältnismäßigkeit des heutigen massiven Polizeiaufgebots stark in Frage. Mindestens so viel Polizisten wie Demonstranten und letztlich ein Einkesseln der demonstrierenden Milchviehhalter - und das alles, damit Hogan unbehelligt davonflitzen kann? Vielleicht ahnt der EU-Agrarkommissar ja doch, wie sehr die Nerven der Milchviehhalter angesichts der anhaltenden Milchkrise blank liegen. Sonst müsste er sich wohl nicht so sehr fürchten", erklärt Schaber.

Erst heute hatte die EU-Kommission bekannt gegeben, dass sie eine Stagnation der EU-Milchpreise auf einem Niveau zwischen 32 und 34 Cent/kg für die kommenden fünf Jahre erwarte und erst ab 2020 mit einer Erholung der Preise rechne.

"Wer so eine Prognose stellt, muss bereit sein, aktiv Schritte einzuleiten und gegenzusteuern, damit sich diese Erwartung nicht erfüllt. Die Milchviehhalter, die jetzt Liquiditätskredite aufnehmen müssen, können mit diesen Preisen nicht weiter wirtschaften. Hogan muss umso mehr Verantwortung übernehmen oder aber den Hut nehmen", fordert Romuald Schaber. "Die Milchbauern in Europa werden sich nicht längerfristig mit Kreditzuschüssen ruhigstellen lassen!"


Im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) haben sich aktive Milcherzeuger zusammengeschlossen, die ein existenzielles Interesse an der Weiterführung ihrer Betriebe haben. Der BDM ist unabhängig, parteilos und vertritt ausschließlich die Interessen der Milchviehhalter.

Mehr Infos unter:
www.bdm-verband.org

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Quelle:
Presseerklärung vom 4. Dezember 2015
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.
Gutenbergstraße 7-9, 85354 Freising
Telefon: 08161/5384730, Fax: 08161/53847350
E-Mail: info@bdm-verband.de
Internet: www.bdm-verband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2015

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