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WARENKUNDE/091: Einkorn - Die Ursprungsform unserer Getreidearten (aid)


aid-PresseInfo Nr. 32/10 vom 11. August 2010

Biodiversität auch auf dem Teller

Ötzi und das Einkorn


(aid) - Einkorn (Triticum monococcum) gilt als Ursprungsform unserer Getreidearten. Es ist eine der ältesten uns bekannten Getreidearten und war zu Ötzis Zeiten, also in der Jungsteinzeit, ein wichtiges Nahrungsmittel. Die Heimat des Einkorns liegt im so genannten "Fruchtbaren Halbmond", dem Gebiet zwischen Euphrat und Tigris. Von dort hat es sich schrittweise bis nach Europa ausgebreitet. Kulturgeschichtlich markiert Einkorn den Übergang vom "Jagen und Sammeln" zum "Kultivierten Ackerbau". Anders als häufig angenommen, ist Einkorn kein direkter Vorfahre des Saatweizens; beide hatten jedoch vor ca. 10 000 Jahren einen gemeinsamen Vorfahren. Das Mehl des Einkorns wurde von den Menschen der Jungsteinzeit zur Herstellung von Brei oder Brot verwendet. Der Name des Urgetreides ist darauf zurückzuführen, dass sich jeweils nur einzelne Körner an der Ähre paarweise gegenüber sitzen.

Ab etwa 1 000 v. Chr. wurde das Einkorn erst durch Gerste und Dinkel, später dann auch durch Weizen abgelöst, da diese Getreidearten höhere Erträge einbrachten. Schon im frühen Mittelalter war der Anbau von Einkorn derart stark zurückgegangen, dass man dieses Urkorn nur noch vereinzelt auf wirtschaftlich unbedeutenden Standorten fand. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kam der Anbau dann fast zum Erliegen, bis auf wenige Ausnahmen. So wurde das Einkorn beispielsweise in Schwaben bis in die 1930er Jahre zur Strohnutzung kultiviert, da die stabilen Halme besonders gut zum Flechten von Bienenkörben oder zum Anbinden von Bäumen oder Weinreben geeignet waren. Danach war es dann ganz vorbei mit dem Anbau von Ötzis Einkorn. Und nur in Freilichtmuseen und Botanischen Gärten wurde es noch erhalten.

Erst seit wenigen Jahren hat das Interesse für Urgetreide wie Einkorn oder Emmer wieder zugenommen. Einige experimentierfreudige Landwirte haben in Genbanken erhaltene Einkornsamen wieder auf dem Acker "rekultiviert". Da der Anbau von Einkorn nicht ganz einfach ist, erfordert er etwas Geschick und Erfahrung. Die Ertragserwartungen liegen mit rund 17 dt/ha weit hinter denen von Weichweizen, der im Schnitt etwa 80 dt/ha erzielt. Die geringe Erntemenge und der hohe Aufwand machen das Einkorn damit zu einem sehr exklusiven Produkt, das einen entsprechend hohen Preis hat. Der Anbau von Einkorn hat Vorteile, die sich vor allem für den ökologischen Landbau bezahlt machen: Das Getreide ist anspruchslos an Boden und Klima, hat einen geringen Nährstoffbedarf und ist robust gegenüber Getreidekrankheiten und -schädlingen. In der Verwendung ist Einkorn dagegen sehr vielseitig. Das Mehl eignet sich ausgezeichnet zum Backen von Broten und Feingebäck. Die Backwaren sind goldgelb und haben ein einzigartiges nussiges Aroma. Darüber hinaus kann man das Urgetreide aber auch für Milchbrei, süße Waffeln, Pasta, Suppen oder sogar zum Bierbrauen verwenden. Alles in allem also eine Versuchung wert. Ob Ötzi das alles schon gewusst hat?

Jörg Planer, www.aid.de

Weitere Informationen:
http://www.was-wir-essen.de/abisz/brot.php
http://www.initiative-urgetreide.de


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Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 32/10 vom 11. August 2010
Herausgeber: aid infodienst
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53123 Bonn
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2010