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VERBRAUCHERSCHUTZ/1095: Ilse Aigner zum Ehec-Ausbruch in Deutschland, 08.06.2011 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, zum Ehec-Ausbruch in Deutschland - Aktueller Sachstand nach dem Bund-Länder-Gespräch vor dem Deutschen Bundestag am 8. Juni 2011 in Berlin:


Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

In der Tat ist die Situation im Moment noch schwierig. Das ist eine ernste Bedrohung. Wir sind erschüttert von dem Tod zahlreicher Menschen. Unsere Gedanken sind bei den Menschen, die in den Krankenhäusern behandelt werden. Wir senden ihnen gemeinsam die besten Genesungswünsche.

Herr Kollege Bahr hat die momentane Fallsituation geschildert. Nach wie vor ist klar:

Wir sorgen erstens für die Genesung der Erkrankten und

ziehen zweitens zum Schutz der Verbraucher gemeinsam an einem Strang.

Forschungsinstitute und Behörden tun alles, um die Quelle des Erregers ausfindig zu machen und anschließend zu verschließen. Das sind die Ansprüche, die die Verbraucherinnen und Verbraucher an uns haben. Das sind die Ansprüche, die international an uns gerichtet werden. Diese Ansprüche haben wir aber auch selbst an uns. Die Quelle des gefährlichen Keims können wir noch nicht genau benennen - auch das ist in der Tat richtig -, aber die zuständigen Behörden und Institute arbeiten mit Hochdruck daran.

Es ist richtig, die Öffentlichkeit stets über neueste Erkenntnisse zu informieren. Es geht um Menschenleben. Es geht um die Gesundheit der Menschen. Hier können keine Informationen zurückgehalten werden. Institute und Behörden stimmen sich eng untereinander ab. Sie führen die Ergebnisse zusammen. Sie arbeiten professionell zusammen, und das praktisch rund um die Uhr.

Das System funktioniert. Das Bundesgesundheitsministerium kümmert sich um die humanmedizinischen Fragen. Mein Haus kümmert sich um die Fragen der Lebensmittelsicherheit. Das ist eine klare Aufgabenteilung. Deshalb sprechen Kollege Bahr und ich, wie er schon gesagt hat, täglich miteinander und heute gemeinsam vor dem Deutschen Bundestag.

Heute sind wir mit den Gesundheitsministern und den Verbraucherschutzministern der Länder zusammengekommen. Auch EU-Kommissar Dalli saß am Tisch. Wir konnten uns gemeinsam davon überzeugen, dass von diesem Treffen, übrigens über Parteigrenzen hinweg, ein klares Signal ausgeht: Bund und Länder ziehen gemeinsam an einem Strang, und zwar in die richtige Richtung. Es gibt kein Kompetenzgerangel. Es gibt auch keinen Streit. Die ganze Kraft dient dem Kampf gegen den Erreger. Auch Experten aus Europa sind eingebunden. Jeder weiß, was er zu tun hat.

Später werden wir das Geschehen analysieren und sehen, wo wir vielleicht noch besser werden können. Aber jetzt sind wir alle mit unseren Kräften voll im Einsatz gegen Ehec. Alle wissen: Das verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit - zum Wohl der Menschen.

Am Sonntag hat der niedersächsische Landwirtschaftsminister mitgeteilt, dass Sprossenprodukte aus einem Gartenbaubetrieb im Kreis Uelzen in dringendem Verdacht stehen, Ehec-Keime verbreitet zu haben. Bei ersten Proben ist kein Erreger nachgewiesen worden. Auch wenn das unbefriedigend ist: Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, darauf hinzuweisen - das hat der Kollege Bahr schon gesagt -, dass in 75 bis 80 Prozent der Fälle die Quelle nicht gefunden werden kann. Dennoch gibt es eine Indizienkette, die zu diesem Unternehmen führt. Die Lieferkette, die über die Nahrung zu den Patienten gelangt ist, konnte zurückverfolgt werden. Deshalb bleiben wir bei unserem Verzehrhinweis: Sprossen sollen vorerst nicht verzehrt werden.

Der Betrieb wurde von den niedersächsischen Behörden gesperrt und seine Produkte unverzüglich vom Markt genommen. Jetzt ist es wichtig, dass die Kundenlisten dieses Betriebes zügig und sorgfältig ausgewertet und die Lieferketten komplett zurückverfolgt werden. Das ist in der Tat eine Spur. Wir - hier spreche ich für den Bund und die Länder - werden dieser Spur konsequent nachgehen. Andere Spuren werden wir darüber aber nicht aus dem Auge verlieren.

Das Robert-Koch-Institut erhält genauso wie das Bundesinstitut für Risikobewertung den Verzehrhinweis in Bezug auf rohe Gurken, Tomaten und Salate insbesondere im Raum Norddeutschland aufrecht. Dieser Hinweis beruht auf Befragungen von Patienten. Er hat also eine ernstzunehmende Grundlage. Sie können mir glauben: Es fällt niemandem leicht, einen solchen Verzehrhinweis auszusprechen. Aber der vorsorgende Verbraucherschutz hat höchste Priorität. Die Gesundheit der Menschen ist das höchste schützenswerte Gut. Dies hat auch Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. Ich weiß: Das trifft die Bauern mitten ins Mark. Vor allem trifft es sie unverschuldet.

Es ist ganz klar: Dieses Problem hat längst auch eine europäische Dimension erreicht. Deshalb war ich gestern bei dem Sonderagrarministertreffen in Luxemburg. Dort haben wir europäische Lösungen diskutiert. Die Betriebe, die immer verantwortungsvoll gewirtschaftet und hochwertige Lebensmittel hergestellt haben, brauchen unsere Hilfe. Dafür haben wir uns starkgemacht. Ich bin Agrarkommissar Ciolos sehr dankbar, dass er auf unserer Seite steht.

Das verheerende Auftreten dieses Erregers in Deutschland ist bisher einmalig. Die Angelegenheit ist mehr als ernst, und so behandeln wir als Bundesregierung sie auch. Wir gehen gründlich, besonnen und konsequent an die Sache heran. Es ist nicht die Zeit für eine Opposition, die reflexartig daherkommt.

Ehec ist erst recht nicht das Feld für parteipolitische Spielwiesen.

Abschließend möchte ich noch einmal sagen: Die Lage ist sehr ernst. Wir müssen uns gemeinsam darum kümmern. Bund, Länder und Europa sind sich einig und ziehen an einem Strang.


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Quelle:
Bulletin Nr. 58-2 vom 08.06.2011
Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
Ilse Aigner, zum Ehec-Ausbruch in Deutschland - Aktueller Sachstand nach dem Bund-Länder-Gespräch
vor dem Deutschen Bundestag am 8. Juni 2011 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2011