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VERBRAUCHERSCHUTZ/1138: Hygienevorschriften für Tagesmütter - Erklärung des Ministeriums (BMELV)


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressemitteilung Nr. 75 vom 16. März 2012

Erklärung des Bundesverbraucherministeriums zu Tagesmüttern:
Auflagen auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränken -
Länderbehörden sollten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten


Das Bundesverbraucherministerium hat die zuständigen Behörden der Bundesländer aufgefordert, die Auflagen für Tagesmütter auf das absolut notwendige Mindestmaß zu beschränken und Tagesmütter nicht mit überzogenen und unnötigen Hygiene-Kontrollen zu belasten.


"Was einzelne Behörden in den Ländern an Maßnahmen vorsehen, ist völlig überzogen und in keiner Hinsicht begründbar. Auch wenn Tagesmütter rein juristisch unter die Definition von Lebensmittelunternehmern fallen, ist in der Praxis die Beachtung weniger, verständlicher Regeln völlig ausreichend. Wer Tagesmüttern dieselben hohen Standards abverlangt wie Lebensmittelherstellern oder Gastronomen, der schüttet das Kind mit dem Bade aus", erklärte ein Sprecher des Bundesverbraucherministeriums am Freitag in Berlin. Es sei aus Sicht des Bundes unverantwortlich, im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung Tagesmütter sowie die Eltern der betreuten Kinder mit unnötigen und völlig überzogenen Hygieneanforderungen zu verunsichern.

Die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Bundesländer hatten 2005 einstimmig beschlossen, dass das Lebensmittelhygienerecht auch für Tagesmütter gelten solle. Die EU-Lebensmittel-Hygiene-Verordnung sorgt seit 2006 für einheitliche Standards in ganz Europa. Nach Auffassung der EU-Kommission ist von den Regeln dieser Verordnung ausgenommen, "wer nur gelegentlich oder in kleinem Maße Lebensmittel zubereitet oder serviert". Das trifft auf Tagesmütter jedoch nicht zu, denn sie bereiten Lebensmittel in der Regel mehrfach täglich und oft für mehrere Kinder zu.

Wie die EU-weit unmittelbar geltenden Vorschriften der EU-Hygiene-Verordnung im Einzelnen anzuwenden sind, entscheiden die zuständigen Bundesländer in eigener Verantwortung. Nach Auffassung des Bundesverbraucherministeriums sollten bei der Umsetzung im Alltag der Tagespflege maßvolle, vernünftige und praktikable Lösungen gefunden werden - also Lösungen mit Augenmaß, im Sinne der Tagesmütter, der Kinder und deren Eltern, die Anspruch haben auf eine bestmögliche Betreuung und Versorgung ihrer Kinder mit einwandfreien Lebensmitteln.

Das Bundesministerium weist darauf hin, dass gerade Kleinkinder und Säuglinge besonders empfindlich gegenüber Krankheitserregern sind, die durch Lebensmittel oder Hygienemängel verbreitet werden. Das macht die Einhaltung von Hygieneanforderungen unabdingbar. Bei den relevanten Hygieneanforderungen handelt es sich jedoch nur um Elemente der "Basishygiene", die in einem üblichen Haushalt erfüllt sind, etwa eine funktionierende Trinkwasserversorgung oder Einrichtungen zum Händewaschen. In der Praxis bedeutet das: Die Tagesmütter sind gefordert, allgemeine Grundregeln der Lebensmittelhygiene und Sicherheit im Umgang mit Lebensmitteln einzuhalten. Diese Hygienestandards sind jedoch keinesfalls zu vergleichen mit denen, die zum Beispiel Großküchen oder andere große Lebensmittelunternehmen einhalten müssen. "Sie entsprechen dem Hygieneniveau, das in jedem gut geführten Haushalt ohnehin eingehalten wird", betont der Sprecher des Bundesministeriums.

Die Behörden verschiedener Bundesländer haben Hygieneleitfäden für Tagesmütter erstellt und im Internet veröffentlicht. Diese Leitfäden enthalten viele Hinweise und Tipps, die es Tagesmütter erleichtern, die geforderten Hygienestandards praxisgerecht zu erfüllen, ohne bei der täglichen Arbeit behindert zu werden. Bestandteil dieser Leitfäden sind zum Beispiel

- Informationen zu den einfachen Grundregeln der Küchenhygiene, die bei der Zubereitung von Speisen und Getränken beachtet werden, um Kinder vor Krankheiten oder Infektionen zu schützen,
- Hinweise zum Umgang mit besonders risikoreichen Lebensmitteln, darunter zum Beispiel rohes Hackfleisch,
- praktische Hinweise, wie der Sorgfaltspflicht bei der Eigenkontrolle nachgekommen werden kann. Dazu gehört zum Beispiel eine Überprüfung, ob das Thermostat des Kühlschranks richtig eingestellt ist.

Auch die Registrierungspflicht, der Tagesmütter seit dem Jahr 2006 unterliegen, ist in der Praxis unkompliziert und unbürokratisch. Das BMELV hat sich von Beginn an für eine verhältnismäßige und praktikable Umsetzung eingesetzt. So ist das Registrierungsverfahren in Deutschland einfach und nicht formalisiert: Ein Anruf bei der zuständigen Behörde genügt. Dank der Registrierung können die Behörden Tagesmüttern bei Fragen zur Lebensmittelhygiene beratend zur Seite stehen. Beispielsweise bei Durchfallerkrankungen betreuter Kinder werden die zuständigen Behörden so auch in die Lage versetzt, mögliche Zusammenhänge mit in der Betreuungsstätte zubereiteten Lebensmitteln zu erkennen und dadurch weitere Erkrankungsfälle zu vermeiden.

In Deutschland sind die Auslegung und der Vollzug der lebensmittelrechtlichen Vorschriften Aufgabe der Bundesländer. Die zuständigen Länderbehörden überwachen und kontrollieren die Umsetzung der EU-Vorschriften in eigener Zuständigkeit. Das Bundesministerium betont, dass die Länder hierbei große Ermessensspielräume haben, auch bei der Auslegung des seit dem Jahr 2006 geltenden EU-Lebensmittelhygienerechts. Diese Ermessensspielräume sollten die Länder auch nutzen. Das Recht ist sehr flexibel und ermöglicht es den Behörden vor Ort, vernünftige und maßgeschneiderte Lösungen für alle denkbaren Einzelfälle zu finden.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 75 vom 16.03.2012
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2012