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VERBRAUCHERSCHUTZ/1189: Ministerin Aigner zum Verbraucherpolitischen Bericht 2012, 22.02.2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, zum Verbraucherpolitischen Bericht 2012 vor dem Deutschen Bundestag am 22. Februar 2013 in Berlin:



Guten Morgen, sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
aber auch liebe Verbraucherinnen und Verbraucher!

Bei der Diskussion um einen verbraucherpolitischen Bericht kann man natürlich nicht an den aktuellen Geschehnissen der vergangenen Tage vorbeigehen. Millionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in ganz Europa wurden verunsichert; denn als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch ist in verarbeiteten Lebensmitteln gefunden worden.

Mitte Januar sind erste Medienberichte über Funde in Großbritannien und Irland bekannt geworden. Am 29. Januar gab es erste Hinweise, dass es auf dem Festland Europas angekommen ist. Am 30. Januar hat das Ministerium die Länder informiert und gebeten, verstärkt auch auf Pferdefleisch zu prüfen. Am 12. Februar erreichte uns die Meldung, dass falsch gekennzeichnete Produkte auch in Deutschland auf den Markt gelangt sind, und am Montag, dem 18. Februar, haben Bund und Länder gemeinsam, darunter auch Sozialdemokraten und Grüne, den Nationalen Aktionsplan verabschiedet. Das verstehe ich unter zügiger Krisenreaktion. Ich bin froh, sehr geehrte Frau Prüfer-Storcks, dass das seitens der Länder gemeinsam durchgeführt wurde - nicht im Parteienstreit, sondern im Schulterschluss.

Wichtig ist, dass wir über die Ausmaße dieses Skandals Klarheit schaffen. Wichtig ist auch, dass wir jene Hintermänner zur Rechenschaft ziehen, die diesen Betrug zu verantworten haben, und dass wir alles tun, um zu verhindern, dass sich ein solch dreister und skandalöser Etikettenschwindel in Zukunft wiederholt.

Damit das klar gesagt ist: Die Verbraucher sind Opfer des Skandals, nicht die großen Handelsketten. Das muss festgehalten werden. Der Handel steht hier in der Verantwortung. Er ist zur Qualitätssicherung verpflichtet; das ist übrigens auch klar geregelt. Dieses System hat offensichtlich versagt. Deshalb werden wir gemeinsam mit den Ländern, die für die Lebensmittelüberwachung zuständig sind, die Kontrollsysteme der Supermarktketten durchleuchten. Der Handel darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen; das lasse ich auch nicht zu.

Als Nächstes werde ich mich am Montag beim Ministerrat in Brüssel dafür starkmachen, dass endlich die Herkunftskennzeichnung verpflichtend kommt. Bisher gab es nur Absichtserklärungen, aber kein klares Konzept. Aber auch eine Herkunftskennzeichnung - das muss gesagt sein, meine sehr geehrten Verbraucherinnen und Verbraucher - hätte diesen Betrug nicht verhindert. Trotzdem machen wir, Deutschland und Frankreich, jetzt Tempo. Übrigens habe ich vorgestern mit dem Kollegen aus Frankreich telefoniert und gestern auch mit dem zuständigen Kommissar. Die Herkunftskennzeichnung wird kommen, und zwar verpflichtend und europaweit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen bei Lebensmittelkrisen, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, waren immer groß, aber keinesfalls vergleichbar. Ob Dioxinskandal bei Futtermitteln, ob die Tragödie um Ehec-Erreger in Sprossen, ob die Reaktorkatastrophe in Fukushima, ob Noroviren in Kindertagesstätten oder falsch deklarierte Lebensmittel - unsere Vorgehensweise war immer absolut klar und erfolgte nach einem richtigen Muster: zuerst Aufklärung, dann Verbraucherinformation und schließlich Konsequenzen ziehen. Wir ziehen die Konsequenzen, damit sich das, was wir in diesem Fall erleben mussten, nicht wiederholt.

Was wir angekündigt haben, das haben wir auch umgesetzt, und zwar Punkt für Punkt. Das ist die Linie der christlich-liberalen Verbraucherpolitik, Verbraucherpolitik von A bis Z; das nehmen wir auch wörtlich. Gern buchstabiere ich Ihnen die Ergebnisse meiner Verbraucherpolitik durch.

A wie Anlegerschutz: mehr Transparenz durch die Einführung von Produktinformationsblättern, mehr Kontrolle über die Berater und mehr Licht im Graubereich des Kapitalmarktes.

B wie Buttonlösung: Gegen Kostenfallen im Internet haben wir die Bestätigungsregelung frühzeitig umgesetzt.

C wie Charta für Landwirtschaft und Verbraucher: Auf der Basis eines umfassenden Dialogs haben wir Ziele und Maßnahmen für die Agrarpolitik benannt.

D wie Datenschutz im Internet durch Aufklärung und klare Regelungen auf europäischer Ebene, an die sich künftig auch Anbieter außerhalb Europas halten müssen.

E wie Energiepreise: Die Energiewende ist unsere Zukunft. Aber damit die Verbraucherpreise nicht durch die Decke schießen, haben wir in der Förderung nach-gesteuert, und zwar mehrfach gegenüber den Vorschlägen der Grünen, und wir werden weiter nachsteuern.

F wie Futtermittelüberwachung: Wir haben die Lehren aus dem Dioxinskandal gezogen, den Aktionsplan Punkt für Punkt umgesetzt und damit den Verbraucherschutz in der Futtermittelkette deutlich verbessert.

G wie Geldautomatengebühren: Seit 2011 gibt es Transparenz. Die Gebühren werden vor dem Abheben angezeigt, und seitdem sinken auch die Kosten.

H wie Honorarberatung - gestern in erster Lesung beraten -: Mit ihr schaffen wir eine Alternative zur Provisionsberatung, sodass Bankenkunden künftig noch mehr Wahlmöglichkeiten haben.

I wie IN FORM, unsere Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Sie bewegt in Deutschland viel.

J wie juristische Expertise, die wir über die Stiftungsprofessur für rechtlichen Verbraucherschutz an der Universität Bayreuth unterstützen.

K wie Klarheit und Wahrheit: Die neue Lebensmittelinformationsverordnung schafft mehr Transparenz bei Kalorien, Nährstoffen, Lebensmittelimitaten und Allergien.

L wie lebensmittelklarheit.de. Das von uns geförderte Internetportal ist ein großer Erfolg.

M wie Mobilfunkgebühren, die wir über die Roaming-Verordnung europaweit und mit neuen Preisobergrenzen deutlich gesenkt haben - ein großer Erfolg für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

N wie Netzwerk Verbraucherforschung, damit wir politische Entscheidungen auch auf wissenschaftlichen Sachverstand gründen können.

O wie Online-Materialkompass, ein neues Instrument für Lehrerinnen und Lehrer zur Orientierung bei der Auswahl von Unterrichtsmaterialien zur Verbraucherbildung.

P wie Preismeldesystem für Benzin, sodass die Verbraucher künftig wissen, wo es günstig und wo es verhältnismäßig teuer ist. Das wurde vorgestern im Kabinett beschlossen.

Q wie Qualitätsstandards für Ernährung, von der Kita bis zum Pflegeheim. Die Zertifizierung schafft Sicherheit.

R wie Regionalfenster: Die Modellregionen sind benannt, und die ersten Produkte stehen in den Regalen.

S wie Stiftung Warentest: 50 Millionen Euro zusätzliches Stiftungskapital und weitere 1,5 Millionen für neue Aufgaben im Bereich der Finanzprodukte.

T wie Telekommunikationsgesetz: mehr Rechte für Verbraucher bei Umzug, Anbieterwechsel oder Vertragslaufzeiten, bis hin zu kostenlosen Warteschleifen.

Das alles sind große Erfolge. Ich weiß, dass das wehtut.

U wie unlautere Telefonwerbung, ein Problem, das wir ebenfalls angepackt haben und bei dem wir weitere Schritte gehen werden.

V wie Verbraucherinformationsgesetz: bessere, schnellere und kostengünstigere Auskünfte für alle Bürger.

W und Y wie Watch Your Web: Eine Million jugendliche Nutzer ist jetzt besser informiert über Chancen und Risiken im Internet.

Dazwischen steht das X. Wir machen den Menschen und den Verbrauchern kein X für ein U vor, ein alter, aber guter Leitsatz für Verbraucherpolitik.

Abschließend Z wie "Zu gut für die Tonne", unsere erfolgreiche Kampagne gegen die Verschwendung von Lebensmitteln und zur Schonung wertvoller Ressourcen.

Das ist erfolgreiche Verbraucherpolitik von A bis Z. Leider ist das Alphabet nicht länger, und leider ist auch meine Redezeit nicht länger. Sonst könnte ich noch mehr auflisten. Nur noch so viel, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Nehmen Sie sich einfach einmal die Zeit, und studieren Sie die rund 50 Seiten des Verbraucherpolitischen Berichts! Lesen Sie den Bericht, bevor Sie ihn kommentieren! Dann werden Sie zugeben müssen: Die Bundesregierung hat für den Verbraucherschutz mehr getan als jede andere Bundesregierung zuvor. Das ist erfolgreiche Politik.

*

Quelle:
Bulletin 19-1 vom 22.02.2013
Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, Ilse Aigner, zum Verbraucherpolitischen Bericht 2012 vor
dem Deutschen Bundestag am 22. Februar 2013 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2013