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ASYL/748: Pro Asyl fordert Stopp von Abschiebungen in Haft und Obdachlosigkeit (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 30. März 2012

Aktionstag gegen innereuropäische Abschiebungen an fünf deutschen Flughäfen:

PRO ASYL fordert Stopp von Abschiebungen in Haft und
Obdachlosigkeit.



Gegen Abschiebungen im Rahmen des Dublin-Systems, die Betroffene der Haft oder Obdachlosigkeit aussetzen, richtet sich heute ein Aktionstag, der an den Flughäfen Frankfurt, Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München stattfindet. Abschiebungsflüge gehen keineswegs nur in ferne Zielländer. Ein Drittel aller Abschiebungen findet inzwischen innerhalb der EU statt. Etwa 3.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr aufgrund der Behauptung, ein anderer Staat sei für die Behandlung ihres Asylverfahrens zuständig, abgeschoben. Nach der europäischen Asylzuständigkeitsregelung ist der EU-Staat zuständig, dessen Grenze ein Flüchtling zuerst überschritten hat.

PRO ASYL fordert: Niemand darf abgeschoben werden, wenn er dort im Gefängnis landet, keine Chance auf ein faires Asylverfahren hat oder obdachlos auf der Straße landet. "Flucht ist kein Verbrechen. Flüchtlinge sind keine Kriminelle. Sie brauchen Schutz und Unterstützung", sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

PRO ASYL fordert mehr Rechte für Gerichte. "Nacht-und-Nebel-Abschiebungen müssen aufhören. Dies gehört sich nicht in einem Rechtsstaat. Gerichte müssen wieder das Recht haben, im Eilverfahren Abschiebungen zu stoppen", so Burkhardt.

Vorrangig ist für PRO ASYL ein Abschiebestopp nach Ungarn. Dort werden systematisch die Rechte der Flüchtlinge missachtet. Dies belegt die einjährige Recherche "Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit". Schutzsuchende werden dort bis zu zwölf Monate inhaftiert. Misshandlungen durch Polizeikräfte sind in den Hafteinrichtungen an der Tagesordnung. Asylanträge von Abgeschobenen werden nicht mehr geprüft: Ihr Verfahren wird nach der Rückkehr als Folgeantrag gewertet. Die ursprünglichen Fluchtgründe werden nicht berücksichtigt. Flüchtlinge müssen im so genannten Folgeverfahren neue Fluchtgründe vortragen, die sie nicht haben. Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung. Ungarn sieht Serbien als sicheren Drittstaat an und hält Abschiebungen dorthin für unproblematisch. Serbien seinerseits hält die Türkei für einen sicheren Drittstaat. Die Kettenabschiebung droht, da die Türkei kein Asylland ist.

PRO ASYL fordert eine Änderung der Gesetze in Deutschland. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011 muss auch in Deutschland umgesetzt werden. Alle Schutzsuchende müssen das Recht haben, sich vor Gericht gegen Abschiebungen effektiv zu wehren - auch im Dublin II-Verfahren.

Der Europäische Gerichtshof hatte am 21. Dezember entschieden, dass es im Rahmen der europäischen Zuständigkeitsregelung für die Behandlung von Asylverfahren (Dublin II-Verordnung) keine blinden Abschiebungen in denjenigen Staat geben darf, der formal für die Behandlung von Asylverfahren zuständig ist, wenn es dort systemische Mängel im Asylverfahren und im Aufnahmesystem gibt. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sind Dublin-Abschiebungen nach Ungarn rechtswidrig. Aber auch in anderen europäischen Staaten werden die Menschenrechte von Flüchtlingen verletzt.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 30. März 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2012