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ASYL/917: Asylbewerberleistungsgesetz endlich abschaffen! (Netzwerk medizinischer Flüchtlingshilfen)


Bundesweites Netzwerk der medizinische Flüchtlingshilfen & Medinetze Pressemitteilung vom 27. November 2014

Asylbewerberleistungsgesetz endlich abschaffen!

Keine Zustimmung im Bundesrat zu dem diskriminierenden Sondergesetz und der Fortsetzung der lebensgefährlichen Minimalmedizin



Am 6. November 2014 hat der Bundestag den Regierungsentwurf zur Novellierung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in 2. und 3. Lesung unverändert beschlossen. Nun soll am 28. November 2014 im Bundesrat die letzte Abstimmungshürde genommen werden. Im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales verweist die SPD "mit Stolz darauf, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nunmehr umgesetzt wurden - und das in einem guten Gesetz." Das sehen die über dreißig im Bundesgebiet aktiven medizinischen Flüchtlingshilfen, Medibüros und Medinetze anders:

Die seit über zwei Jahren ausstehende Anpassung der Leistungshöhe, des Personenkreises sowie der Bezugsdauer an die Maßgaben des Urteils vom Bundesverfassungsgericht vom 18. Juli 2012 werden nur sehr unzureichend umgesetzt. Der vom Bundestag beschlossene Entwurf hält an unbefristeten Leistungseinschränkungen und Sanktionen, entwürdigenden Sachleistungen und einer lebensgefährlichen Minimalmedizin fest. Die Behörden können faktisch nach Belieben entscheiden, in welcher Höhe sie Leistungen kürzen. Dies stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar.

Der medizinische Leistungsanspruch beschränkt sich auf die Behandlung akuter Krankheiten und Schmerzen. Jede darüber hinausgehende Behandlung ist eingeschränkt und individuell beim Sozialamt zu beantragen. Über die Behandlungsbedürftigkeit entscheiden dort medizinisch unqualifizierte Mitarbeiter*innen. Dies führt zu gesundheitlicher Fehl- und Unterversorgung. Auch Menschen, die sich ohne Papiere in Deutschland aufhalten, haben Anspruch auf Leistungen nach AsylbLG. Ihnen droht nach dem Kontakt mit dem Sozialamt jedoch die Abschiebung. Daher begeben sie sich oft nicht in ärztliche Behandlung. Krankheiten, Trauma- oder Unfallfolgen werden so verschleppt, bis diese chronifizieren oder zu Notfällen werden. Tagtäglich sehen wir in unserer Praxis die Folgen dieser gesundheitlichen Schäden bis hin zu Todesfällen. Diese medizinische Unterversorgung ist lebensgefährlich, ethisch nicht zu verantworten und verstößt gegen das Menschenrecht auf Gesundheit und ein menschenwürdiges physisches Existenzminimum.

Gemeinsam mit deutschen Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Ärzt*innenvertretungen, Flüchtlingsräten und Geflüchteten-Selbstorganisationen fordern wir die Abschaffung des AsylbLG und die Einbeziehung der betroffenen Menschen in die regulären sozialen Sicherungssysteme sowie die gesetzlichen Krankenkassen. Die Versorgung wäre dann um ein vielfaches menschenwürdiger, aber auch kostensparender und unbürokratischer. Das Recht auf Gesundheitsversorgung gilt für alle und darf migrationspolitisch nicht relativiert werden!

Weitere Informationen sowie Fallbeispiele erhalten Sie auf der Kampagnen-Website.

Wir fordern insbesondere die SPD- und GRÜNEN-geführten Landesregierungen auf, sich weiterhin für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetz einzusetzen: Stimmen Sie im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf, so dass der Vermittlungsausschuss tätig wird.

* Quelle: Bundesweites Netzwerk der medizinische Flüchtlingshilfen & Medinetze c/o Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin Telefon: 030 6946746 E-Mail: kampagne@stopasylblg.de Internet: www.stopasylblg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2014