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DEMOSKOPIE/840: Für die Hälfte der Deutschen geht das Klimapaket der Bundesregierung nicht weit genug (WDR)


Westdeutscher Rundfunk Köln (WDR) - Pressemitteilung vom 10. Oktober 2019

ARD-DeutschlandTrend

Für die Hälfte der Deutschen geht das Klimapaket der Bundesregierung nicht weit genug


Jeder zweite Deutsche hält das von der Bundesregierung erarbeitete Klimapaket für nicht ausreichend. 49 Prozent der Befragten im ARD-DeutschlandTrend sagen, die darin angekündigten Maßnahmen gingen nicht weit genug. 30 Prozent halten sie für angemessen. Für 15 Prozent gehen die Maßnahmen zu weit. Das hat eine Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend von Montag bis Dienstag dieser Woche ergeben.

Einzelne Maßnahmen des Klimapakets gehen nach Meinung der Deutschen derweil in die richtige Richtung. Über das Vorhaben, Bahnfahrten im Fernverkehr günstiger zu gestalten, sagen das 92 Prozent der Befragten. Höhere Steuern auf Flugreisen befürworten grundsätzlich 69 Prozent, eine staatliche Abwrackprämie für alte Ölheizungen 68 Prozent. Eine höhere Pendlerpauschale geht für 54 Prozent in die richtige Richtung. Ein Kernstück des Klimapakets, die Einführung einer CO2-Abgabe auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, geht für 40 Prozent in die richtige Richtung. Für die Mehrheit (57 Prozent) geht diese Maßnahme jedoch in die falsche Richtung. Noch deutlicher wird die Ablehnung, wenn man auf die Geringverdiener schaut: Bei den Menschen mit einem monatlichen Netto-Haushaltseinkommen unter 1.500 Euro geht die CO2-Abgabe für 69 Prozent in die falsche Richtung.

Die Frage, ob diese Maßnahmen ein Anreiz zu Verhaltensänderungen sind, lässt sich nicht eindeutig beantworten: 51 Prozent sehen darin eher keinen Anreiz, sich in ihrem Alltag klimaschonender fortzubewegen. Für 47 Prozent sind die Maßnahmen des Klimapakets eher ein Anreiz zur Verhaltensänderung. Eine Mehrheit der Deutschen hält beim Klimaschutz auch Verbote für richtig. 57 Prozent stimmen der Aussage zu, der Staat habe die Aufgabe, Bürgern und Unternehmen besonders klimaschädliches Verhalten zu verbieten. 41 Prozent halten diese Aussage für falsch. Zugleich hat eine Mehrheit der Deutschen (61 Prozent) keine Sorge, sich zukünftig für den Klimaschutz im Alltag einzuschränken. 38 Prozent geben an, sie hätten diese Sorge.

Generell ist die Sensibilität der Deutschen für den Handlungsbedarf beim Klimaschutz ungebrochen. 81 Prozent der Befragten halten ihn für sehr groß bzw. groß. Dies entspricht dem jüngsten Vergleichswert aus dem Mai. Generationenübergreifend gibt es in dieser Frage eine deutliche Zustimmung.

Verschiedene Aktionen, den Standpunkt beim Umwelt- und Klimaschutz zur Geltung zu bringen, stoßen bei den Deutschen dagegen auf wenig Akzeptanz. Dass Schüler nicht zur Schule gehen, um zu demonstrieren, wie von der "Fridays for Future"-Bewegung praktiziert, halten 35 Prozent der Befragten für gerechtfertigt, 63 Prozent indes für nicht gerechtfertigt. Eine mehrheitliche Zustimmung für diese Aktion gibt es lediglich unter Partei-Anhängern der Grünen und der Linken. Für ein Viertel der Befragten (24 Prozent) ist es gerechtfertigt, Straßen und Verkehr zeitweise zu blockieren, für drei Viertel (76 Prozent) dagegen nicht. Auf diese Weise protestiert in dieser Woche die Gruppe "Extinction Rebellion" in verschiedenen Metropolen weltweit, unter anderem in Berlin. Fabriken, Industrieanlagen oder Ämter vorübergehend zu besetzen, halten nur 21 Prozent der Deutschen für gerechtfertigt. 76 Prozent lehnen dies ab.


Befragungsdaten
  • Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
  • Fallzahl: 1.004 Befragte
  • Erhebungszeitraum: 07.10.2019 bis 08.10.2019
  • Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)
  • Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/Randomstichprobe/Dual Frame
  • Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
    * bei einem Anteilswert von 5%; ** bei einem Anteilswert von 50%

Die Frage im Wortlaut:

Derzeit wird ja viel über den Klimaschutz diskutiert. Sehen Sie beim Klimaschutz sehr großen, großen, wenig oder gar keinen Handlungsbedarf?

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket für einen besseren Umwelt- und Klimaschutz beschlossen. Geben Sie bitte für die folgenden Maßnahmen an, ob diese in die richtige oder in die falsche Richtung gehen.
Günstigere Bahnfahrten im Fernverkehr
Höhere Steuern auf Flugreisen
Staatliche Abwrackprämie für alte Ölheizungen
Höhere Pendlerpauschale
Höhere staatliche Kaufprämie für Elektroautos
Einführung einer CO2-Abgabe auf Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas

Wenn Sie das Klimapaket der Bundesregierung insgesamt betrachten. Wie sehen Sie das? Sind die angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung angemessen? Gehen sie zu weit? Oder nicht weit genug?

Ich nenne Ihnen nun einige Aussagen zum Klimaschutz. Geben Sie bitte an, ob Sie ihnen eher zustimmen oder eher nicht zustimmen.
Der Staat hat die Aufgabe, Bürgern und Unternehmen besonders klimaschädliches Verhalten zu verbieten.
Die Maßnahmen des Klimapakets sind für mich ein echter Anreiz, mich in meinem Alltag klimaschonender fortzubewegen.
Ich habe Sorge, dass ich mich zukünftig für den Klimaschutz in meinem Alltag einschränken soll.

Um seinen Standpunkt beim Umwelt- und Klimaschutz zur Geltung zu bringen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Bitte geben Sie zu den folgenden Aktionen an, ob diese Ihrer Meinung nach gerechtfertigt sind oder nicht.
Als Schüler nicht zur Schule gehen, sondern demonstrieren
Straßen und Verkehr zeitweise blockieren
Fabriken, Industrieanlagen oder Ämter vorübergehend besetzen

*

Quelle:
Presseinformation vom 10. Oktober 2019
Herausgeber:
Westdeutscher Rundfunk Köln (Anstalt des öffentlichen Rechts)
Appellhofplatz 1, 50667 Köln
Postanschrift: 50600 Köln
Pressestelle - Telefon: 0221/220-7100
E-Mail: wdrpressedesk@wdr.de
Internet: www.wdr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2019

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