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ENTWICKLUNGSHILFE/444: Menschenrechte - Aktivisten fordern von Weltbank Garantien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Juli 2013

Menschenrechte: Aktivisten fordern von Weltbank Garantien

von Carey L. Biron



Washington, 24. Juli (IPS) - Der Druck auf die Weltbank, den Schutz der Menschenrechte zu einem verbindlichen Kriterium ihrer Entwicklungsfinanzierung zu machen, nimmt zu. Ein neuer Bericht wirft der internationalen Finanzorganisation vor, Menschrechtsfragen aus dem Weg zu gehen und damit die Erfolge milliardenschwerer Entwicklungsprojekte zu untergraben.

Die in Washington ansässige Weltbank hat bisher nicht festgelegt, dass die von ihr finanzierten Programme internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen müssen. Dahinter steht vor allem die Sorge, dass eine Politisierung der Kreditvergabe die auf einzelne Länder zugeschnittene Armutsbekämpfung erschweren könnte. Doch Menschenrechtlern zufolge ist sich die Öffentlichkeit weitgehend darin einig, dass nachhaltige Entwicklung ohne einen spezifischen Menschenrechtsfokus nicht möglich ist.

Die Bank steckt gerade mitten in einer auf zwei Jahre angelegten Überprüfung ihrer Umwelt- und Sozialstrategien. Der Vorstand der Weltbank traf sich am 23. Juli 2013 in Washington zu Gesprächen über die derzeit laufende Überprüfung grundlegender Richtlinien, die der Weltfinanzinstitution die Gelegenheit bieten sollen, die Defizite abzubauen.

"Die Maßnahmen sollen Menschen und Gemeinschaften vor unbeabsichtigten Schäden durch Aktivitäten schützen, die von der Bank finanziert werden", meint auch Kristen Genovese vom 'Center for International Environment Law' (CIEL). "Wir können nicht hinnehmen, dass die Bank ihre eigenen Regeln aufstellt. Es gelten bereits Bestimmungen zum Schutz von Mensch und Umwelt, die von der internationalen Staatengemeinschaft vereinbart wurden."

"Entwicklungsfinanzierung bewegt sich immer mehr in die Richtung, den Schutz der Menschenrechte zu verbessern", heißt es in dem neuen Report der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW). "Die Weltbank gerät in Verzug. Die Tatsache, dass nicht-traditionelle Geber in der Lage sind, in anderen Ländern Hilfe zu leisten, bietet der Bank die große Chance zu zeigen, wie Armut auch im Einklang mit den Menschenrechten bekämpft werden, wie die Hilfe bei den ärmsten und ausgegrenzten Gemeinschaften auf eine richtige Art und Weise ankommen und Entwicklung nachhaltig erfolgen kann."


Zwangsarbeit und Vertreibungen

Der HRW-Bericht präsentiert drei Fallstudien - eine aus Vietnam und zwei aus Äthiopien. Dort sind Programme, die teils von der Weltbank bezuschusst wurden, mit weitreichenden Menschenrechtsverstößen in Verbindung gebracht worden. Im Süden Vietnams hat die Weltbank beispielsweise zwischen 2005 und 2010 Gesundheitsprogramme in geschlossenen Anstalten für Drogenabhängige finanziert. Zumindest in einem Teil dieser Einrichtungen soll es im Rahmen der Therapie zu Zwangsarbeit gekommen sein. HRW hat dort außerdem Fälle von willkürlichen Festnahmen und Folterungen dokumentiert.

In Äthiopien finanziert die Bank ein zwei Milliarden US-Dollar teures Programm ('Promoting Basic Services' - PBS), das zur Verbesserung der menschlichen Entwicklung etwa durch Investitionen in Bildung, Gesundheits- und Sanitärversorgung beitragen soll. In den letzten Jahren hat die äthiopische Regierung jedoch im Rahmen ihrer Entwicklungsinitiative etwa 1,5 Millionen Menschen zwangsweise umgesiedelt. Betroffen waren vor allem ethnische Minderheiten. HRW zufolge wurden mindestens sieben Menschen von äthiopischen Sicherheitskräften getötet, weil sie sich gegen ihre Umsiedlung in Reißbrettdörfer widersetzten.

"Solange es keine verbindlichen Vorschriften gibt, die die Bank bei all ihren Aktivitäten zur Wahrung der Menschenrechte verpflichtet, wird es weiter im Ermessen einzelner Weltbank-Mitarbeiter liegen, inwieweit Menschenrechte überhaupt in Betracht gezogen werden", sagte Jessica Evans von HRW.


Projektopfer können Weltbank nicht haftbar machen

Dem Bericht zufolge führt der Mangel an konkreten Menschenrechtsleitlinien dazu, dass Mitarbeiter der internationalen Finanzorganisation selbst entscheiden müssen, wann solche Fragen in ihre Zuständigkeit fallen. "In der Praxis sind Entscheidungen über Finanzierungen wenig transparent, wenn es dabei auch um Menschenrechte geht", heißt es. "Sie erscheinen als willkürlich und substanzlos. Menschen, deren Rechte durch solche Entscheidungen beschnitten werden, haben zudem keine Möglichkeit, die Bank zur Rechenschaft zu ziehen."

Ein Weltbank-Sprecher erklärte hingegen, dass die Finanzierung des vietnamesischen Drogenzentrums Teil eines nationalen Projekts zur Unterstützung des HIV-/Aids-Programms Vietnams gewesen sei. Das Projekt habe dazu beigetragen, Leben zu retten und soziale Stigmatisierung zu vermindern.

Auch das PBS-Programm in Äthiopien sei Teil eines staatlichen Vorstoßes zur Unterstützung von 84 Millionen Äthiopiern gewesen, so die Sprecher. Es habe dazu beigetragen, das Land näher zu vielen Millenniums-Entwicklungszielen zu führen. Darüber hinaus habe die Bank am 12. Juli ihren unabhängigen Untersuchungsausschuss angewiesen, den Beschwerden nachzugehen und die Einhaltung der Projektkriterien in Äthiopien zu prüfen.

Aktivisten fordern jedoch Reformen, die sicherstellen, dass die Entwicklungsfinanzierung der Weltbank auf der Grundlage internationaler Menschenrechte erfolgt. "Entwicklung bedeutet nicht nur Einkommensgenerierung", meinte Genovese. "Es geht auch die Verbesserung menschlicher Lebensbedingungen." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/worldbank0713_ForUpload.pdf
http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/vietnam0911ToPost.pdf
http://www.ciel.org/
http://www.ipsnews.net/2013/07/world-bank-falling-behind-on-human-rights-critics-warn/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. Juli 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2013