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EUROPA/165: EU-Verfassungs- bzw. EU-Reformvertrag (Brigitte Queck)


EU-Verfassungs- bzw. EU-Reformvertrag

Von Brigitte Queck, Vortrag gehalten in Dresden Frühjahr 2009


Ein Vertrag kann immer nur so gut oder schlecht sein, wie die, die ihn gemacht, konkreter in deren Sinne ein Vertrag gemacht wurde. So ist das auch beim EU-Reformvertrag, der aus der EU-Verfassung hervorgegangen ist, die damals von der Bevölkerung Frankreichs und den Niederlanden in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde.
Schon in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts war in sozialdemokratischen Kreisen von den Vereinigten Staaten von Europa die Rede, die es zu schaffen galt, um künftig Kriege zwischen den europäischen Staaten zu vermeiden.
Übrigens genau wie heute, meinten viele, dass eine bloße Integration von europäischen Staaten mit überstaatlichen Organen dies bewerkstelligen könnte.
Darauf gab Lenin eine treffende Antwort:
"Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d.h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die 'fortgeschrittenen' und 'zivilisierten' Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär." (vgl. Lenin Werke Bd. 21, S. 342-346 "Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa).
Besonders aktuell ist in diesem Zusammenhang der Satz:
"Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, dass der Sieg des Sozialismus zunächst in wenigen kapitalistischen Ländern oder sogar in einem einzelnen Lande möglich ist. Das siegreiche Proletariat dieses Landes würde sich nach Enteignung der Kapitalisten und nach Organisierung der sozialistischen Produktion im eigenen Lande der übrigen, kapitalistischen Welt entgegenstellen , würde die unterdrückten Klassen der anderen Länder auf seine Seite ziehen... und notfalls sogar mit Waffengewalt gegen die Ausbeuterklassen und ihre Staaten vorgehen....
Aus eben diesen Erwägungen heraus, im Ergebnis vielfacher Erörterung der Frage... ist die Redaktion des Zentralorgans der SDAPR zu dem Schluss gelangt, dass die Losung der Vereinigten Staaten von Europa eine falsche Losung ist." Und in Lenin, Werke Bd. 22, S. 189-309, Grundriss der Sozialökonomik, S. 146, schreibt Lenin unter IX Kritik des Imperialismus:
"'Imperialistische' oder 'ultraimperialistische' Bündnisse sind daher in der kapitalistischen Wirklichkeit... notwendigerweise nur 'Atempausen' zwischen Kriegen - gleichviel, in welcher Form, einer imperialistischen Koalition gegen eine andere imperialistische Koalition oder in der Form eines allgemeinen Bündnisses aller imperialistischen Mächte.
Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik".
Das trifft voll und ganz auf den Europäischen Verfassungsvertrag bzw. EU-Reformvertrag, auch Lissabonner Vertrag genannt, zu der ca. 98 % des ersteren ausmacht.

Lenins Einschätzung über den Imperialismus und seine Bündnisse sollte als Ausgangspunkt für alle Erklärungen von Personen, Parteien, Organisationen dieses Europäischen Verfassungsvertrages bzw. EU-Reformvertrages dienen.


I Zu den Befürwortern des EU-Verfassungsvertrages bzw. EU-Reformvertrages

So sagte Dieter Becker, Rechtsanwalt und Vorsitzender der deutschen IALANA sowie Sekretär des weltweiten IALANA-Dachverbandes:
"Weil die Diskussion im Verfassungskonvent parallel zum Irak-Krieg stattfand, war eine ausdrückliche Verankerung friedenspolitischer Grundsätze schwierig...
Positiv ist die prominente Positionierung des 'Friedens' und die Anerkennung des Völkerrechts.... Mit der Anerkennung der Grundsätze der UN-Charta ist der in Kapitel VII angelegte Vorrang der zivilen vor militärischen Maßnahmen bestätigt." (siehe: FriedensJournal, 2 /2004) > Im EU-Reformvertrag ist dies Titel V Kapitel 1 und 2 d. Verf.! Die gleiche Haltung nimmt Yonne Kaufmann von den Linken, damals PDS, ein:
"Die Machtverhältnisse. im Verfassungskonvent... ein seit dem Irak-Krieg wachsendes Interesse an mehr Selbständigkeit gegenüber den USA sind wohl dafür verantwortlich, dass einerseits das militärische Arsenal der ESVP... deutlich verstärkt, die EU aber andererseits ausdrücklich zur Förderung des Friedens, zur strikten Einhaltung des Völkerrechts und zur Wahrung der Grundsätze der UNO-Charta verpflichtet wurde." Auch zitiert sie in diesem Zusammenhang ausdrücklich Solana, der sich eng an die USA auch im NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 angelehnt hatte und der wie sie in einem Papier gefordert hätte, dass die EU möglichst vor Ausbruch einer Krise agieren... müsse und zur frühen, schnellen und falls notwendigen 'robusten Intervention' bereit sein müsse! (siehe ND vom 1./2. November 2003).
Was aber bitte schön ist das anders als den USA in allen Fragen militärisch "beizustehen", sprich, Interventionskriege zu unterstützen?!
In diesem Zusammenhang stellen sich einige wichtige Fragen:
Welche friedenpolitische Rolle hat denn heute die UNO?
Ihre Beschlüsse werden doch heute durch die Nichtexistenz eines sozialistischen Lagers größtenteils von den USA diktiert!!
Nur die Verteidigung der UNO-Charta im Weltmaßstab, sowie im Inneren die Verteidigung des Grundgesetzes der BRD sollten wir als Grundlage für Kämpfe der Ausgebeuteten dieser Welt, bzw. in der BRD nutzen. Beide, sowohl die UNO-Charta, als auch das Grundgesetz waren nach den schrecklichen Ereignissen des II. Weltkrieges im Zusammenwirken demokratischer Kräfte in den einzelnen Ländern sowie durch ein teilweises Zusammengehen mit kommunistischen Kräften nach dem II. Weltkrieg zustande gekommen!! Mit anderen Worten die damalige Kräftekonstellation auf der Welt nach dem II. Weltkrieg war damals trotz enormer Zerstörungen und Menschenverlusten für Demokratie und Sozialismus sehr günstig und machten deshalb die noch heute gültige UNO-Charta einerseits und das Grundgesetz andererseits erst möglich. Letzteres impliziert sogar eine mögliche andere Gesellschaftsform, falls das deutsche Volk das ausdrücklich will.

Doch zurück zur EU-Verfassung bzw. dem EU-Reformvertrag.
Denjenigen, die wie Yonne Kaufmann ebenfalls in beiden einen anderen Weg Europas sehen und gar eine Gegnerschaft der EU zur USA ausmachen wollen, sei gesagt, dass:

1. die USA auf ihren NATO-Ratstagungen die Europäer ständig dazu auffordern, stärker aufzurüsten, nur dann könnten die Europäer auch am "Leadership" (Führung) der USA teilhaben;
2. ohne tatkräftige militärische Unterstützung durch die EU die USA ihre weltweit geplanten "Antiterrorkriege" gar nicht verwirklichen könnten.

Welche Partnerschaft man zwischen EU und USA anstrebt, brachte auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Frühjahr 2000 der damalige US-Verteidigungsminister Cohen wie folgt zum Ausdruck:
"Ich würde gern kurz auf die ESVI eingehen, denn dafür engagieren sich die Europäer stark, und, offen gesagt, stehen wir in den Vereinigten Staaten dem positiv gegenüber und wollen die ESVI unterstützen, wenn sie genau das tut, was Generalsekretär Robertson... sagte - nämlich drei Dinge beachten: Unteilbarkeit - es darf keine Trennung der Verbindung zwischen NATO und ESVI geben. Verbesserungen - Fähigkeiten, die wir heute nicht haben, müssen aufgebaut werden. Einbindung - alle NATO-Länder, die nicht Teil der EU sind, müssen Zugang zum Planungs- und Vorbereitungsteil haben, sonst wird es Widerstände gegen die umfassende Zusammenarbeit zwischen NATO und ESVI geben. Dies sind die entscheidenden Bestandteile, und wenn sie beachtet werden, wird es keine Probleme geben." (Konkret 12 / 2000, S. 26).
Und dieser Ratschlag wurde vollauf sowohl in der neuen europäischen Sicherheitsstrategie vom 12. Dezember 2003 berücksichtigt, in der man lesen kann:
"Die Dauervereinbarungen zwischen der EU und der NATO, insbesondere die Berlin-Plus-Vereinbarung, verbessern die Einsatzfähigkeit der EU und bilden den Rahmen für die strategische Partnerschaft zwischen beiden Organisationen bei der Krisenbewältigung...",
als auch in der Europäischen Verfassung (heute EU-Reformvertrag) beachtet. Man kann dort im Kapitel II Besondere Bestimmungen unter Artikel 1-40 lesen:
"Die Politik der Union... ist vereinbar mit der... im Nordatlantikvertrag festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" (Friedensforum 2 / 2004). Weil gerade dieser Artikel der Europäischen Verfassung damals viel Staub aufgewirbelt hat, wurde im EU-Reformvertrag der Zusammenarbeit EU-NATO kein spezieller Artikel gewidmet. Aber nach wie vor wird auf diese strategische Zusammenarbeit auch in diesem Vertrag Bezug genommen, indem es unter Abschnitt 2 Bestimmungen über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik beiläufig und schwammig heißt:
"Die Politik der Union nach diesem Abschnitt berührt nicht den besondern Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedsstaaten, die ihre gemeinsame Verteidigung in der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO) verwirklicht sehen und ist vereinbar mit der in jenem Rahmen festgelegten gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik:"
So wie Lenin den Imperialismus und seine Bündnisse eingeschätzt hat, gibt es natürlich schon heute gewisse Rivalitäten zwischen den USA und der EU, die z. B. in dem EU-eigenen Navigationssystem Galileo zum Ausdruck kommen, das z. B. im Unterschied zum US-dominierten Navigationssystem GPS auf einen Meter genaue Angaben macht und die Möglichkeit eröffnet, gegebenenfalls unabhängig von den USA zu agieren.
Aber auch hier kürzen die USA ihren, wenn auch strategischen Partnern, die Flügel. Ein von ihnen im Herbst 2004 ins Orbit geschossener Geheimdienstsatellit soll jede Form der elektronischen Kommunikation, andere Satellitensysteme inklusive, überwachen.
R. Rupp schrieb in seinem junge Welt-Beitrag "Galileo im Störfeuer" vom 18/19.12.2004:
"Noch vor wenigen Jahren hatte Washington die Entwicklung von Galileo mit dem Versprechen zu verhindern gesucht, dass die USA niemals GPS abschalten würden. Das hat Washington inzwischen zwei Mal getan, wenn auch regional beschränkt - während der Angriffskriege gegen Jugoslawien und Irak.
Wenn das Weiße Haus nun plant, auch die Systeme befreundeter Länder abzuschalten, ist dies völkerrechtlich zweifelsfrei ein kriegerischer Akt:"

Griechenlands AKOA-Sekretär Giannis Banias bringt im ND vom 7.12.2007 folgende Haltung zum EU-Reformvertrag zum Ausdruck:
"Die Haltung zur EU insgesamt ist in der griechischen Linken umstritten. Schon. unmittelbar nach Griechenlands Beitritt zur heutigen EU haben wir unseren Standpunkt erarbeitet. Der enthält ein 'Ja'! zu Europa, aber auch Kämpfe auf diesem internationalen Feld des Klassenkampfes, um die von der EU eingeschlagene Richtung der Politik zu ändern. Die KKE(andere Kommunistische Partei Griechenlands!)-Forderung 'Raus aus der EU' ist jedoch unrealistisch, vor allem, weil die EU mittlerweile fast den ganzen europäischen Kontinent umfasst. Vielmehr kommt es darauf an, sich innerhalb der EU gegen die kapitalistische Politik zu stellen."
Ich frage mich wie das gehen soll. Wenn man wirklich etwas an der Politik des Kapitals ändern will, dann muss man kämpfen und der EU nicht noch durch eine Präsenz von Kommunisten darin, ein Scheinmäntelchen von Demokratie umhängen.

Gleichlautend ist in diesem Zusammenhang auch die Athener Erklärung der "Europäischen Linken", die zwar die Gebrechen des kapitalistischen Systems richtig auflisten und eine Änderung fordern. Aber sie bleiben genauso wie ATTAC dabei stehen, statt die Arbeiterklasse in Europa zum Kampf gegen das Kapital aufzurufen. In der Athener Erklärung kann man lesen:
"Statt der Verlagerung von Arbeitsplätzen schlagen wir die Verbesserung der Arbeitszeitregelungen und der Arbeitsbedingungen, die Einhaltung der Umweltstandards in der Produktion sowie die Weiterentwicklung der Sozial- und Lohnsysteme vor. Eine grundsätzliche Voraussetzung sind mehr Transparenz, mehr Demokratie (als ob wir diese im Kapitalismus hätten!!) und mehr Mitsprache der Beschäftigten am Arbeitplatz... Abrüstung muss die Hauptfrage für ein Europa des Friedens sein." Diese Kräfte haben also nicht begriffen, dass Kapitalismus-Kriege und Sozialabbau eine Einheit darstellen und ihre Forderungen nicht durch fromme Wünsche an die Kräfte des Kapitals erreicht werden können, sondern nur durch Kampf gegen die Ausbeuterklassen, so wie das Marx, Engels, bzw. Lenin, oder Stalin gefordert bzw. exerziert haben.

Professor Wilhelm Ersil schreibt im PLB, Nr. 361 vom 11. Mai 2004:
"Europa und die Welt brauchen dringender denn je eine Europäische Union, die sich für weltweiten Interessenausgleich, für globale Entmilitarisierung sowie für zivile Bewältigung von Konflikten engagiert".
Dies wurde wohlgemerkt nach dem NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien geschrieben, bei dem ja die europäischen Staaten fleißig mitgebombt haben!!


II Zu den Gegnern des EU-Verfassungsvertrages bzw. EU-Reformvertrages

Wohltuend setzen sich die im Folgenden genannten Personen, Parteien und Organisationen jener Kräfte ab, die gegen eine EU-Verfassung bzw. den EU-Reformvertrag, die beide ja fast identisch sind, auftreten bzw. Letzteren kritisieren. Diese Kräfte reichen bis ins bürgerliche Lager, ja selbst in Kreise der CDU-CSU hinein, die natürlich Lenins Einschätzung von imperialistischen Koalitionen nicht teilen.
Trotzdem kann eine realistische Einschätzung des EU-Reformvertrages ihrerseits, vor allem wenn es sich um Spezialisten dreht, für uns sehr hilfreich sein.
Tobias Pflüger, Partei unabhängiger Vertreter der Linken im Europaparlament und Mitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) schrieb schon seit 2003 über sogenannte "Schlimmverbesserungen" der EU-Verfassung, die selbstverständlich auch in den EU-Reformvertrag Eingang gefunden haben. Er schreibt:
"Was den Friedens - bzw. militärpolitischen Bereich anbelangt, finden sich im Verfassungsentwurf zahlreiche, dramatische Neuerungen: So gibt es eine explizite Aufrüstungsverpflichtung im Verfassungsrang: 'Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern" (Artikel 1-40, Absatz 3) D.h. in der zukünftigen EU-Verfassung wird eine regelmäßige Aufrüstung festgeschrieben! Um diese regelmäßige Aufrüstung zu kontrollieren und teilweise durchzuführen, wird ein 'Europäisches Amt für Rüstung und Forschung und militärische Fähigkeiten' eingerichtet, dessen Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Grundlage des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich Fähigkeiten und Rüstung zu beteiligen sowie den Ministerrat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten und Rüstung zu beteiligen sowie den Ministerrat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten zu unterstützen' (Artikel 1-40, Absatz 3)... > (in dem EU-Reformvertrag betrifft das Titel V Kapitel 1 und 2 d. Verf.!)
Ein weiteres Novum ist, dass die Bereitschaft zu weltweiten Militäreinsätzen zur verfassungsmäßigen Pflicht erhoben wird.
EU-Streitkräfte sollen "zu Kampfeinsätzen im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen" (Artikel III-210) eingesetzt werden können.
Weiter heißt es: "Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung von Drittstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet" (Artikel II 210). ...Es würde der EU sogar erlauben, sich in Bürgerkriegen auf die Seite der einen oder anderen Fraktion zu schlagen und militärisch mit der Begründung des 'Kampfes gegen den Terrorismus' den Kriegsausgang zu beeinflussen" (siehe Tobias Pflüger "Die Europäische Union ist auf Kriegskurs", ZU 21. November 2003).
Mit anderen Worten: 1999 beim NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien mussten noch die Völkermordlüge und Auschwitz herhalten, um sich auf eine Seite, nämlich die der militanten Albaner in Form der UCK zu schlagen. Künftig werden solche Lügen nicht mehr nötig sein, denn die Parlamente der EU-Länder sind dann im wesentlichen entmachtet, weil wie T. Pflüger ebenda schreibt, die alleinige Entscheidungsgewalt über die EU-Militärpolitik beim EU-Ministerrat liegt:"Über militärische Einsätze der EU entscheidet der Ministerrat", so regelt das Artikel 40 Absatz 4 des EU-Verfassungsentwurfs..."
Das EU-Parlament soll also nicht beteiligt werden. In Absatz 8 des Artikels 40 wird lediglich geregelt, dass das EU-Parlament zu "wichtigsten Aspekten" regelmäßig anzuhören sei und über die Entwicklung der "grundlegenden Weichenstellungen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf dem Laufenden gehalten wird"...
Doch eine Informationspflicht ist kein Beschlussrecht". (vgl.ebenda)
In diesem Beitrag verweist T. Pflüger auch auf das Solana-Papier, in dem das Präventivkonzept der NATO und der EU festgeschrieben wird: "Unser herkömmliches Konzept der Selbstverteidigung, das bis Ende des Kalten Krieges galt, ging von der Gefahr einer Invasion aus. Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen"!!(vgl. ebenda).
Auch das Militärstrategiepapier der EU wird von ihm angeführt, das natürlich nach wie vor gilt. T. Pflüger zitiert daraus:
"Gemeinsam handelnd können die Europäische Union und die Vereinigten Staaten eine eindrucksvolle Kraft sein, die sich für das Gute in der Welt einsetzt" ...
Für wen dieses Gute sein soll, ist klar.
Es geht um möglichst viel Macht, Einfluss und wirtschaftliche Expansion aus den westlichen Staaten....Kriege gegen Länder und Menschen im Süden....Im Entwurf für die neue EU-Verfassung (gilt auch für den EU-Reformvertrag! d. Verf.!) wird genau die neoliberale Wirtschaftspolitik festgeschrieben, die weltweit zur Verarmung führt". (vgl. ebenda) Soweit so gut.
T. Pflüger, der ein wichtiger Vertreter der Friedensbewegung Deutschlands ist, gibt eine exzellente Beschreibung des Ist-Zustandes der EU-Verfassung, von der ca. 98 % auch im jetzigen EU-Reformvertrag verankert sind. Er ruft die Bevölkerung Deutschlands zwar zum Widerstand auf, aber er stellt die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaftsordnung keineswegs zur Disposition, wenn er abschließend vermerkt:
"Die Politik der westlichen Staaten muss grundlegend geändert werden".
Damit meint er genau wie ATTAC oder Die Linke Reformen, die, wie er meint, in diesem Gesellschaftsystem zu bewerkstelligen seien. Das ist natürlich ein utopischer Trugschluss!
Trotzdem ist ihm ausdrücklich dafür zu danken, dass er die Opposition in unserem Staate so ausführlich über die Inhalte der EU-Verfassung bzw. den EU-Reformvertrag informiert hat. Ebenfalls ist ihm zu danken, dass er in der jungen Welt Pfingsten 2004 als erster darüber informiert hat, dass das EU-Hautquartier innerhalb des NATO-Hautquartiers eingerichtet wurde! Es ist sehr wichtig dies zu wissen, weil es als gute Argumentationshilfe gegen diejenigen auch innerhalb "linker Kräfte" dienen kann, die noch immer glauben, die EU könne gegenüber den USA eine selbstständige Rolle spielen. Das genaue Gegenteil ist der Fall!
Eine Zusammenarbeit zwischen EU und den USA gibt es vor allem auf dem Gebiet der "Antiterrorbekämpfung". Im Titel IV des Europäischen Verfassungsvertrages "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" heißt es unter Artikel 61 h :
"Sofern dies notwendig ist, um die Ziele des Artikels 61 in Bezug auf die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundener Aktivitäten zu verwirklichen, schaffen das Europäische Parlament und der Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen einen Rahmen für Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Erträgen gehören kann...", was natürlich "Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union" (vgl. ebenda, Artikel 69d) und polizeiliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der EU einschließt, denn dort heißt es unter Kapitel Polizeiliche Zusammenarbeit, Artikel 69 f :
"Für Zwecke des Absatzes 1 können das Europäische Parlament und der Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen erlassen, die Folgendes betreffen:
..."Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen..." und "operative Zusammenarbeit".
Und Artikel 69 g führt dazu weiter aus:
"Europol hat den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand der Politik der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken."

Mit anderen Worten, was bisher nur im Geheimen geschah, nämlich bei großen NATO- oder EU-Treffen, oppositionelle Bewegungen schon im Vorfeld durch eine gemeinsame Abklärung von Informationen, sowie Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten zu schwächen, bzw. deren Arbeit zu erschweren, soll nun durch den EU-Reformvertrag in einen gesetzlichen Rahmen gegossen werden.

Klaus Eichner schreibt dazu in seinem junge Welt-Beitrag vom 8.8.2005 "Eine EU der Sicherheit ohne Freiheit und Recht" was die EU-Staaten unter "Antiterrorkampf" verstehen:
"Auf dem EU-Gipfel in der belgischen Königsresidenz in Laeken verabschiedeten im Dezember 2001 die 15 Staats- und Regierungschefs auf Vorschlag ihrer Justizminister eine EU-einheitliche Terrorismusdefinition". Darin heiße es u. a., dass darunter auch Aktionen zu verstehen seien "die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes, oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören" und außerdem würde darin eine terroristische Vereinigung bereits "ein Zusammenschluss von mehr als zwei Personen" bedeuten, die sich dieses Ziel stellen würden.
Klaus Eichner bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Warnung von ATTAC, die befürchtet: "Diese Definition wird genutzt werden, um friedliche Massenproteste bei Gipfeltreffen, gewerkschaftliche Widerstandsformen oder zivilen Gehorsam als "terroristisch" zu brandmarken und zu verfolgen".
Dass dies nicht an den Haaren herbeigezogen ist, bewiesen die Einschüchterungsversuche der Regierenden vor dem G8-Treffen im Jahre 2007 und deren strafrechtliche Verfolgung und in Gewahrsamnehmung von friedlich demonstrierenden Gegnern des G8-Gipfels.
Dass auch hier EU und die USA am gleichen Strang ziehen, hätte das Abkommen zwischen EU-Kommission und EU-Außenministern mit den USA im Mai 2003 bewiesen, das die Übermittlung von Personendaten von Passagieren nach und aus den USA erlaubt.
Als Folge des 11. September 2001 erklärten "Antiterrorkampfes" hätten die USA und auch die EU sogenannte "schwarze Listen" erstellt, in die Personen und Organisationen aufgenommen wurden, die als "Terroristen" gelten und im Frühjahr 2004 hätten die USA die EU gedrängt, darin nicht nur weitere islamische Organisationen aufzunehmen, sondern auch sogenannte "ideologische Feinde" (siehe ebenda).


III Vom EU-Verfassungsvertrag zum EU-Reformvertrag

Im Oktober 2004 unterzeichneten die Regierungen der EU in Rom einen EU-Verfassungsvertrag. Dieser Vertrag sollte dann in den einzelnen EU-Ländern ratifiziert werden, in einer Reihe von Ländern durch in der Verfassung bestimmte Volksabstimmungen. Die Bürger Frankreichs und der Niederlande stimmten mit NEIN.
Deshalb und um eine gemeinsame EU-Verfassung nicht scheitern zu lassen, versuchten die Regierungen der EU die Substanz des Vertrages durch sogenannte "Reformen" zu retten und neue Volksabstimmungen zu vermeiden.


IV Was beinhaltet der Reformvertrag?

Um lästigen Volkswiderstand in den einzelnen Ländern zu umgehen füllte man quasi den alten Wein in neue Schläuche.
Dieser EU-Reformvertrag wurde hinter geschlossenen Türen in einer Regierungskonferenz unter Zulassung von 3 EU-Parlamentariern, darunter dem Bertelsmann Lobbyisten Elmar Brok ausgearbeitet.
Der EU-Reformvertrag, wird auch Lissabonner Vertrag genannt, weil er dort im Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet wurde. Er ist zum großen Teil wortgleich mit dem alten EU-Verfassung und diese soll nun trotz Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden über die Hintertür wieder eingeführt werden.


- Der EU-Reformvertrag wird Vorrang vor deutschem Recht haben und widerspricht in wesentlichen Bestimmungen den Buchstaben und Geist des Grundgesetzes.

- Die Charta der Grundrechte ist nicht mehr im Vertragstext enthalten, wird aber durch einen Verweis für rechtsverbindlich erklärt.
Wie jedoch diese Rechte einklagbar sein sollen bleibt unklar!
Denn am Schluss der Charta wird darauf verwiesen, dass dies im Rahmen der in den übrigen Verträgen der EU "festgelegten Bedingungen und Grenzen" erfolgen werde. Auch sind die EU-Grundrechte an vielen Stellen schwächer formuliert als in der Allgemeinen Charta der Menschenrechte oder im Grundgesetz der BRD.

Sozialrechte stehen unter dem Vorbehalt der wirtschaftlichen Grundfreiheiten und des Wettbewerbsrechts!

- Verbesserungen für das EU-Parlament besagen, dass einige Politikfelder, in denen der Ministerrat bisher allein entschieden hat, jetzt die Zustimmung des EU-Parlaments Benötigt. Im Bereich der Innen- und Rechtspolitik oder bei internationalen Handelsverträgen wird das Europaparlament künftig mitentscheiden dürfen und bei Abstimmungen über Richtlinien soll der Rat öffentlich tagen.

Doch das Europaparlament darf weiterhin keine Gesetzesinitiativen einbringen, sondern nur über das abstimmen, was die EU-Kommission vorlegt!!

Bei bedeutsamen Bereichen z. B. in Fragen der Sicherheit (beispielsweise in Fragen von Militäreinsätzen, über die die Verteidigungsagentur (EDA) berät und Entscheidungsvorlagen erarbeitet, oder im Ratsausschuss zur inneren Sicherheit, bleibt das Europaparlament weiterhin ausgeschlossen!!

- Die nationalen Parlamente können nunmehr gegen Richtlinienentwürfe der EU-Kommission Einspruch erheben, wenn sie glauben, dass sich Brüssel Kompetenzen anmaßt. Dieser Widerspruch muss innerhalb von 8 Wochen (bei 2 Stimmen pro Mitgliedsstaat) gemeldet werden. Dann prüfen EP und Ministerrat den Richtlinienentwurf und können gegebenenfalls das Gesetzesvorhaben zurückweisen.

Doch selbst in Bereichen, die formal in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verbleiben, hat die EU-Ebene Eingriffsrechte in nationale Hoheitsrechte über "Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung" (VAU, Art. 2).

- Verbesserte Handlungsfähigkeit für die großen Staaten und die Wirtschaft Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat sollen zum Regelverfahren werden. Hier greift ab 2014 die doppelte Mehrheit (55 % der gewichteten Stimmen plus 65% der Bevölkerungen).
Für Deutschland verdoppelt sich dadurch das Stimmengewicht, Frankreich und Großbritannien erhalten 50 % bzw. 40 % mehr Gewicht. Kleinere Staaten verlieren an Einfluss, die EU-Kommission wird auf 15 Mitglieder verkleinert.
Der Europäische Rat erhält für 2 1/2 Jahre einen Präsidenten statt vorher nur für ½ Jahr, wo dieser rotieren musste.

- EU stellt Weichen für Weltmachtansprüche
Bezüglich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird von "strategischen Interessen der Union" gesprochen.
Zivile und militärische Missionen auch "zur Bekämpfung des Terrorismus" auf dem Hoheitsgebiet von Drittländern wurden hier verankert. (Art. 28, 1)

- Militarisierung
Eine konsequente Verpflichtung auf eine Kultur der friedlichen Konfliktlösung sucht man im Vertrag vergeblich. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, ihre "militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern". Diese Formulierung muss als Aufrüstungsverpflichtung angesehen werden. Darüber wacht die Verteidigungsagentur (EDA). Sie wird von nationalen Haushaltsmitteln finanziert. Zusätzlich sind Verfahren für eine Sofortfinanzierung einer Mission vorgesehen, sowie ein eigener EU-Militärhaushalt (EUV, Art. 26).
Darüber hinaus soll eine Art Koalition der Willigen geschaffen werden für "anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf ihre militärischen Fähigkeiten und "Missionen mit höchsten Anforderungen", sprich Kampfeinsätze.
Im Falle eines Angriffs sind alle Mitgliedstaaten zum uneingeschränkten Beistand verpflichtet!!
Die Mitgliedstaaten verlieren weitgehend die Verteidigungshoheit durch die Integration der Streitkräfte in die gemeinsame Verteidigung.
Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktbewältigung und Stärkung der internationalen Sicherheit können Kriege sein, wie sie gegen den Irak geführt werden.
Eine sogenannte humanitäre Intervention dieser Art ist durch das völkerrechtliche Gewaltverbot untersagt. Die EU aber spricht sich das Recht zum Kriege zu!!

- Militäreinsatz im Inneren
Die "Solidaritätsklausel" erlaubt sogar grenzüberschreitend "alle zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden" (Art. 188r).
Dass dies auch gewerkschaftliche Streiks von Arbeitern in den EU betreffen kann, daran gibt es keinen Zweifel, kann man denn unter der Erläuterung zur Charta der Grundrechte lesen: Um einen "Aufruhr" oder "Aufstand" "rechtmäßig niederzuschlagen" darf trotz des Rechts auf Leben, sogar getötet werden. (siehe Art. 2 EMRK).

- Rigide Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten
Durch die EU-Einwanderungspolitik sollen Zuströme - im Interesse der Versorgung mit billigen Arbeitskräften - gesteuert werden. Verträge mit Drittstaaten dienen der Abschiebung unerwünschter Personen. Im Vorgriff darauf wurde 2005 die Grenzschutzagentur Frontex gegründet.

- Festschreibung neoliberaler Wirtschaftspolitik
Die neoliberale Wirtschaftsgrundlage soll mit dem EU-Reformvertrag Verfassungsrang erhalten und damit das Grundgesetz der BRD, das auch eine andere Gesellschaftsform als die jetzige für möglich ansieht, im Sinne der bleibenden Herrschaft der Monopolbourgeoisie zu einem Fetzen Papier verwandeln.
Die Wirtschafts- und Währungsunion der EU bedeutet eine Wirtschaftsverfassung des Marktes und des Wettbewerbs, die mit dem Sozialprinzip des Grundgesetzes unvereinbar ist.
Damit werden die einzelnen EU-Staaten aus ihrer Verantwortlichkeit für eine wirtschaftliche Beschäftigungs- und Sozialpolitik gegenüber der arbeitenden Klasse in ihren Ländern entlassen. Laut EU-Reformvertrag trügen sie künftig nur noch gegenüber den EU-Monopolen und ihrer Wirtschaftlichkeit auf den internationalen Märkten Verantwortung.
Die im europäischen Maßstab handelnden Monopole könnten sich so leicht aus der Haushaltskontrolle ihrer eigenen Parlamente entziehen.
Das Herkunftslandprinzip das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung entdemokratisiert weitgehend die Lebensverhältnisse der Mitgliedstaaten, z. B. im Lebensmittelrecht, im Dienstleistungs- und Arbeitsrecht, weil nicht mehr die eigenen Gesetze des Bestimmungslandes, sondern die des Herkunftslandes maßgeblich geworden sind.
Die europäische Monopolbourgeoisie will in Gesetzesform europaweit absichern, dass der billigste Anbieter genommen wird, ob das nun gegen die Gesundheit der arbeitenden Klasse der europäischen Staaten gerichtet ist, oder nicht, interessiert nicht.
Was allein zählt ist der Maximalprofit der europäischen Monopolbourgeoisie!

- Grundrechte der Bevölkerung in Gefahr
Der Europäische Gerichtshof ist für den Grundrechtsschutz nicht demokratisch legitimiert.
Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums steht genauso wenig in der Charta wie das Recht auf Arbeit Die Medienfreiheit ist nur zu achten, die Lehrfreiheit nicht genannt. Die bürgerlichen Freiheiten wie Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit würden damit weiter ausgehöhlt werden und keiner könnte sie einklagen, da das im Unterschied zu den Grundgesetzen (Verfassungen) der einzelnen EU-Länder im EU-Reformvertrag gar nicht vorgesehen sind!! Sollte diese neoliberale Wirtschaftsordnung Europas in Gefahr sein (z. B. flächendeckende Streiks) würde der Europäische Reformvertrag die Todesstrafe wieder einführen!!

Die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit ermöglicht den Unternehmen, die Unternehmensform des Gründungsstaates zu nutzen. Das würde das Ende der Mitbestimmung in Deutschland einleiten.
Die teilweise Mitbestimmung der Arbeiterklasse in den Gewerkschaften würde damit völlig unmöglich. Streikdrohungen liefen ins Leere oder würden, wie unter Art. 2 EMRK vorgesehen, mit europäischen Polizei- und Sicherheitskräften niedergeschlagen werden können!!
Die Grenzen der europäischen Staaten würden im Falle der "Gefährdung der Sicherheit" für die neoliberale Ordnung völlig verschwinden, denn die Europäische Staatsanwaltschaft und der Europäische Haftbefehl würden es ermöglichen, dass ein als "Terrorist" Angeklagter jederzeit an jedem Ort Europas verhaftet und zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden könnte.

- Ermächtigungsklausel
Durch die Generalklausel des Art. 1-54 VV ist der Europäische Rat ermächtigt, den Kern der Verfassung, nämlich alle Regelungen des Teils II Titel II, der den Binnenmarkt, die Wirtschafts- und Währungsunion, den Raum der Freizeit, der Sicherheit und des Rechts und viele andere Politikbereiche umfasst, ganz oder zum Teil zu ändern, ohne dass die nationalen Parlamente oder gar Völker dem zustimmen müssten.
Auch das Europäische Parlament und die Kommission sind nur anzuhören. Für die mitgliedstaatliche Zustimmung genügt die der Bundesregierung, weil der Beschluss des Europäischen Rates kein völkerrechtlicher Vertrag ist, wie ihn Abs. 2 GG voraussetzt!!
Mit dem Europäischen Reformvertrag wären die Rechte der Monopolbourgeoisie im Interesse der Erlangung von Maximalprofiten grenzüberschreitend und ohne parlamentarische Kontrolle in den einzelnen EU-Ländern völlig gesichert.

Da sie damit auch das Rechtssystem in den einzelnen Ländern in der Hand hätten und grenzenlos, ebenfalls ohne jegliche parlamentarische Kontrolle, Kriege führen könnten, wäre dies bereits Faschismus pur!!!

Der Herausgeber der französischen unabhängigen Zeitung "Bastille-République-Nation le journal" und Mitglied der FKP, Pierre Lévy, schrieb in einer ND-Gastkolumne unter "Wer ist der Souverän?" vom 9./10.12.2000:
"Die Globalisierung ist zur höflichen Bezeichnung für die Ausdehnung der Herrschaftszonen des Kapitals geworden. Dessen wichtigstes Ziel ist die Auflösung der Nationalstaaten, aber nicht um des Fortschritts menschlicher Gesellschaften willen, sondern um den einzigen politischen Rahmen zu sprengen, in dem jedes Volk noch sein eigenes Schicksal bestimmen kann - wenn es will, also auch mit der kapitalistischen Logik zu brechen.
Im Gegenzug bleibt damit das Plädoyer für eine Verteidigung der Nationalstaaten, nicht aus sentimentalen Gründen oder im Interesse so genannter Indentitäten, sondern aus politischen Gründen".


Erinnern wir uns, dass vor und während des NATO-Angriffskrieges gegen den souveränen UNO-Mitgliedsstaat Jugoslawien 1999 auch gewisse linke Kräfte, besonders aber die Anarchisten, der Meinung waren: Wozu brauchen wir Nationalstaaten?

Unser Ziel ist ja ohnehin eine sozialistische Weltregierung! > Übrigens wird diese Meinung noch heute von ihnen vertreten!
Diese Anarchisten oder Utopisten, von denen es auch in der Friedensbewegung mehrere gibt, sind schließlich sowohl 1999 gegen den "Nationalisten", wie sie sagten, Milosevic (von vielen wurde er damals sogar Faschist genannt!) und im Jahre 2003 vor dem Angriffskrieg der USA und Großbritanniens auf den Irak gegen den Nationalisten Saddam Hussein zu Felde gezogen, indem sie neben der Hauptforderung der Ablehnung eines Aggressionskrieges gegen den Irak als die 2. Hauptforderung die Entmachtung von Saddam Hussein forderten.
Aber Staaten ohne Staatsoberhaupt sind vogelfrei und für jeden zu haben!!
Diese sich links definierenden Kräfte aber gehören blauäugig oder willentlich so oder so zu denjenigen, die US-Multimilliardär Soros in seinem Buch "Die Vorherrschaft der USA - eine Seifenblase", S. 134/ 135 als links beschreibt und von denen er sagt, dass er sie genauso wie die rechten Kräfte mit seinen Geldern unterstützen würde, wenn sie mit ihren Forderungen das Ziel der Erringung einer US-Weltherrschaft damit näher rücken ließen.


Über die Autorin

Brigitte Queck ist ausgebildete Wissenschaftlerin auf dem Gebiet Außenpolitik und als Fachübersetzer Russisch und Englisch sowie publizistisch tätig. Seit 10 Jahren leitet sie den Verein "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg".
Brigitte Queck hat zwei erwachsene Kinder und vier Enkel.


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Quelle:
Copyright by Brigitte Queck
mit freundlicher Genehmigung der Autorin
      


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2009