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KULTUR/382: Referentenentwurf der Kulturgutschutznovelle veröffentlicht (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Pressemitteilung vom 15.09.2015

Referentenentwurf der Kulturgutschutznovelle veröffentlicht


Nach Abschluss der ersten Runde der Ressortabstimmung wurde heute der überarbeitete Referentenentwurf zur Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes im Internet veröffentlicht. Die Kulturstaatsministerin betonte: "Deutschland nimmt mit diesem wichtigen Gesetzesvorhaben seine Verantwortung für das gemeinsame kulturelle Erbe wahr - national wie international. Wir wollen mit dem neuen Gesetz zum einen endlich verhindern, dass Artefakte aus Raubgrabungen, mit deren Verkauf zum Beispiel der IS seine Terrorherrschaft finanziert, nach Deutschland eingeführt und hier illegal gehandelt werden. Dies ist angesichts der barbarischen Zerstörung des kulturellen Erbes der Menschheit im Nahen Osten und in vielen anderen Krisen- und Bürgerkriegsgebieten ein längst überfälliges Gebot der Ethik und Moral aber auch unseres Selbstverständnisses als Kulturnation."

"Genauso dringlich ist zum anderen der Schutz unseres eigenen nationalen Kulturerbes", so Grütters. "Die Kulturnation Deutschland muss weiterhin die Möglichkeit haben, national wertvolles Kulturgut mit einer herausragenden und identitätsstiftenden Bedeutung zu bewahren. Dies ist schon seit 1955 geltendes und höchstrichterlich bestätigtes Recht in Deutschland und gute einvernehmliche Praxis. Gerade weil es sich um wenige Einzelfälle handelt, soll sich bis auf notwendige Präzisierungen und Verfahrensverbesserungen daran auch nichts ändern. Beim Schutz national wertvollen Kulturguts reden wir also über gesetzliche Regelungen, die seit 60 Jahren gelten und die allgemein akzeptiert sind. Die Klärung dessen, was im Einzelfall als 'national wertvoll' gilt, darüber befinden auch weiterhin Sachverständige, zu denen nach wie vor zum Beispiel Museen, der Kunsthandel und auch Sammler gehören."

Der "Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland" ist ausdrücklich im Grundgesetz (Art. 73) vorgesehen und dort dem Bund als Gesetzgebungskompetenz zugewiesen. Monika Grütters: "Letztlich geht es um sehr wenige einzigartige und für die kulturelle Selbstvergewisserung und Identität unserer Kulturnation wesentliche Werke, die als national wertvoll einzuordnen sind - also um einen verschwindend kleinen Teil des gesamten Kunst- und Kulturerbes in Deutschland."


Erläuterungen zum Entwurf

Nur wenn ein Sachverständigengremium unter Beteiligung u.a. von Sammlern, Vertretern der Wissenschaft, des Kunsthandels und der Museen zu dem Schluss kommt, dass es sich um ein national wertvolles Objekt handelt, kann es als national wertvolles Kulturgut eingestuft werden. Werke lebender Künstler können künftig nur mit deren Zustimmung als national wertvoll eingetragen werden. Die Voraussetzungen für ein Verfahren werden mit der Novelle in keiner Weise verschärft, sondern nur präzisiert.

Neu eingeführt wird eine Genehmigungspraxis für die Ausfuhr von besonders hochwertigen älteren Kulturgütern sowie archäologischen Gegenständen in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Derzeit ist bereits nach EU-Recht seit 1993 eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich, wenn entsprechende Kulturgüter ins außereuropäische Ausland, also etwa in die wichtigen Kunsthandelsländer Schweiz oder USA ausgeführt werden sollen. Dies gilt etwa für Gemälde, die älter als 50 Jahre und mehr als 150.000 Euro wert sind. Künftig muss - wie in fast allen anderen EU-Staaten - eine Ausfuhrgenehmigung auch dann beantragt werden, wenn Kunstwerke ins europäische Ausland, etwa nach London gehen sollen. Allerdings setzen wir in Deutschland die Alters- und Wertgrenzen deutlich herauf, so auf 70 Jahre und 300.000 Euro bei Gemälden. Wie auch bisher bedeutet dies: Die gesamte zeitgenössische Kunst ist davon nicht betroffen. Auch bedarf es keiner Ausfuhrgenehmigung, wenn ein lebender Künstler seine ihm gehörenden Werke ins Ausland bringt.

Die Ausfuhrgenehmigung wird kurzfristig erteilt, sofern kein Hinweis auf national wertvolles Kulturgut gegeben ist oder ein Verdacht auf illegal gehandeltes Kulturgut besteht. Die Ausfuhrgenehmigungen werden auch weiterhin durch die zuständigen Länder in fast allen Fällen innerhalb weniger Tage erteilt. Das zeigen die Erfahrungen der vergangenen 23 Jahre seit der EU-weiten Einführung dieser Regelung für den außereuropäischen Markt. Für den Leihverkehr von öffentlichen wie privaten Museen sind zur Verfahrensvereinfachung künftig einmalige, pauschal erteilte Ausfuhrgenehmigungen vorgesehen.

Mit dieser gesetzlichen Neuregelung sollen bisher bestehende Defizite im Bereich des Kulturgutschutzes in Deutschland geschlossen werden. Die Novelle enthält Präzisierungen und notwendige Klarstellungen sowie Änderungen, die im Zuge der zwischenzeitlich abgeschlossenen ersten Ressortabstimmung und nach vielen Gesprächen mit den Branchen geführt wurden.

Der im April 2013 von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat vorgelegte Bericht zum Kulturgutschutz in Deutschland hatte diese gesetzlichen Änderungen empfohlen. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, mit einer Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes den Schutz von Kulturgut umfassend zu stärken, besser gegen den illegalen Handel mit Kulturgut vorzugehen, als auch national wertvolles Kulturgut besser vor Abwanderung zu schützen. Das Novellierungsvorhaben ist überdies intensiv in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erörtert worden; die Kultusministerkonferenz hat im Oktober letzten Jahres die Eckpunkte der Novellierung gebilligt.

Zeitgleich mit der heutigen Veröffentlichung des Entwurfs wird nun die zweite Runde der Ressortabstimmung eingeleitet. Zudem erhalten Länder, kommunale Spitzenverbände, Fachkreise und Verbände ebenfalls die Möglichkeit, Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf bis zum 7. Oktober abzugeben.

Im Anschluss daran sind die Befassung und Verabschiedung im Kabinett vorgesehen. Abhängig von dem darauf folgenden parlamentarischen Verfahren tritt das Gesetz 2016 in Kraft.

Den Gesetzesentwurf finden Sie unter:
www.kulturstaatsministerin.de

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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. September 2015
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2015

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