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MILITÄR/871: Atomwaffenfreie Welt wartet auf Obamas Taten (Shan Cretin und Joseph Gerson)


American Friends Service Committee - Montag, 25. Oktober 2010

Atomwaffenfreie Welt wartet auf Taten

Von Shan Cretin und Joseph Gerson


Menschen und Atomwaffen können nicht gemeinsam existieren.

Dieses deutliche Urteil stammt von den Menschen, die am meisten qualifiziert sind, über das Thema zu sprechen - den Überlebenden der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki, die die Schrecken und den Wahnsinn der Atomwaffen vor 65 Jahren erfahren und durchlitten haben und mit dem Erbe weiterhin leben müssen. Diese Überlebenden arbeiten unbeirrbar an einer atomfreien Welt, die sich Millionen Menschen weltweit zum Ziel gesetzt haben. Über 5.000 Bürgermeister der Welt, einschließlich der US-Bürgermeisterkonferenz haben sich den Bürgermeistern von Hiroshima und Nagasaki angeschlossen, um die Abschaffung der Atomwaffen bis zum Jahr 2010 durchzusetzen.


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Stolzerfüllt stellen wir uns an die Seite der Menschen, die ein Ende der Atomwaffen fordern, wenn wir zum 11. Treffen der Friedensnobelpreisträger nach Hiroshima fahren. Die Gemeinschaft der Preisträger, darunter der Dalai Lama, Michail Gorbatschow, Oskar Arias und Mairead Corrigan Maguire, beabsichtigt diesen Moment zu nutzen, um sich erneut für die vollständige Abrüstung der Atomwaffen stark zu machen. Wir fordern Präsident Obama, der mit seiner inspirierenden Prager Rede das gleiche Ziel beschworen hat, auf, dort mit uns zusammenzutreffen. Auf keine bessere Weise könnte er sein Versprechen erneuern und der weltweiten Bewegung für eine friedlichere und sicherere Welt weiteren Anschub geben.

Das American Friends Service Committee (AFSC) hat nur wenige Tage, nachdem die erste Atomwaffe vor 65 Jahren abgeworfen wurde, seine Arbeit aufgenommen. Wir haben Millionen Bürger motiviert, als Friedensstifter Briefe an ihre Abgeordneten zu schreiben. Wir haben als Teil der weltweiten Kampagne zur Eindämmung der Gefahr durch Atomwaffen mit dem letztendlichen Ziel ihrer endgültigen Abschaffung geholfen, Aufmärsche, Demonstrationen und Mahnwachen zu organisieren. Diese Bemühungen waren von entscheidender Bedeutung dafür, daß fundamentale Verträge über das Verbot von Atomwaffentests und die Reduktion nuklearer Waffenarsenale formuliert und verabschiedet wurden und daß die Nicht-Weiterverbreitung und die Abschaffung von Atomwaffen heute als globale Notwendigkeiten gelten.

Jetzt fordern wir den US-Senat auf, ein weiteres bescheidenes, aber strategisch entscheidendes Abkommen zu verabschieden, den Neuen START-Waffenkontrollvertrag mit Rußland.

Wir hätten uns einen weitergehenderen Vertrag gewünscht. Wenn er vollständig umgesetzt ist, verfügen die USA und Rußland noch immer über 90 Prozent der Atomwaffen weltweit. Dennoch bedeutet der Vertrag für uns alle mehr Sicherheit, weil er

• die Anzahl der installierten Atomwaffen reduziert,
• US-Inspektoren erlaubt, russische Atomwaffen zu überwachen, und
• den Weg frei macht für weitere Schritte zur Eindämmung der atomaren Weiterverbreitung

Wir begrüßen Präsident Obamas Verhandlungsabschluß zu einem Neuen START-Abkommen, aber wir und viele Menschen mit uns sehen einen Widerspruch zwischen seinen Worten, die eine atomwaffenfreie Welt propagieren und seinem Etat, der einen erneuten Rüstungswettlauf unter dem Deckmantel von Forschung und Erneuerung in Gang setzt. Die USA sind bereits führend unter den Atommächten, was die Modernisierung ihrer Waffenarsenale betrifft. Präsident Obamas Etat beinhaltet einen Anstieg der Mittel für Atomwaffenforschung und -produktion von $6,4 Milliarden auf $7 Milliarden im nächsten Jahr, bei weiterer Aufstockung auf $9 Milliarden jährlich bis zum Jahr 2018. Welcher Logik folgen wir, wenn wir uns bemühen, etwas zu modernisieren, das in unser aller Augen abgeschafft werden muß? Traurigerweise haben die Republikaner im Senat die Ratifizierung des Neuen START zurückgehalten, um diesen oder sogar einen noch höheren Anstieg der Mittel zu erreichen, die sicherstellen sollen, daß die Atomwaffen Grundstein unserer nationalen Verteidigung bleiben. Mit diesem Geld könnte man im Sinne der Stärkung unserer nationalen Sicherheit viel mehr erreichen, wenn man es dafür ausgäbe, Waffen abzubauen, die Zwangsversteigerung von Häusern zu verhindern, neue Arbeitsplätze zu schaffen, das Gesundheitswesen auszubauen und den Zugang zur Bildung zu verbessern.

Die Widersprüchlichkeit von Wort und Tat in der Atomwaffenpolitik sollte Anlaß für die dringend erforderliche nationale Debatte sein, wie man wirkliche Sicherheit in einer sich verändernden Welt schaffen kann. Welchen besseren Ort sollte es dafür geben als Hiroshima?

Wir und die Friedensnobelpreisträger gehen davon aus, daß es für alle Seiten akzeptable Verträge und einen glaubwürdigen Mechanismus geben muß, der den Abbau von Waffen und die Vertragserfüllung sichert, um eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Wir haben Vorschläge für Verträge, die einen guten Ausgangsrahmen bieten. Am meisten gebraucht werden jetzt eine politische Vision und der Wille. Wir begrüßen die sozialen Initiativen weltweit, die eine vollständige nukleare Entwaffnung fordern, als entscheidendes Mittel, der politischen Führung das Rückgrat zu stärken.

Präsident Obama ist eingeladen, sich zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Zusammenkunft vom 12.-14. November in Hiroshima mit den Friedensnobelpreisträgern zu treffen, auch wenn es nur für wenige Stunden sein sollte. Es könnte keinen besseren Ort geben, um sein Versprechen, auf das Ende der Atomwaffen hinzuarbeiten, zu erneuern und dann mit seinen Taten zu beweisen, daß er auch gemeint hat, was er sagte. Eine atomfreie Welt bis 2020 ist möglich. Wir in Hiroshima, die diesem Ziel entgegenarbeiten, haben für den Friedensnobelpreisträger, der über das größte atomare Waffenarsenal der Welt verfügt, einen Platz reserviert. Wir hoffen, daß er den Mut und die visionäre Kraft besitzt, zu uns zu stoßen.

Shan Cretin ist Generalsekretär des American Friends Service Committee
Joseph Gerson ist Abrüstungssachverständiger des American Friends Service Committee


Erstveröffentlichung am 25.10.2010 in der Huffington Post
http://www.huffingtonpost.com/shan-cretin/a-nuclearfree-world-await_b_773565.html


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Quelle:
A Nuclear-Weapons Free World Awaits Action - 25.10.2010
von Shan Cretin und Joseph Gerson, American Friends Service Committee
Internet: www.afsc.org
mit freundlicher Genehmigung der Autoren
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2010