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MILITÄR/877: Hiroshima - Friedensnobelpreisträger fordern Abschaffung der Atomwaffen (AFSC)


In Hiroshima - Friedensnobelpreisträger fordern Abschaffung der Atomwaffen und Ratifizierung des neuen START-Abkommens

Die Hiroshima-Erklärung zur Abschaffung der Atomwaffen

14. November 2010


Für die unterzeichnenden Friedensnobelpreisträger und Repräsentanten von Friedensnobelpreisorganisationen, die vom 12. bis zum 14. November 2010 in Hiroshima zusammengekommen sind, besteht nach den Ausführungen der Hibakusha kein Zweifel, daß der Einsatz von Atomwaffen gegen welches Volk auch immer als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sehen ist und fortan verboten werden sollte.

Wir erkennen den Mut und das Leiden der Hibakusha an, die die nukleare Bombardierung Hiroshimas und Nagasakis im August 1945 überlebt haben, und ehren die Menschen, die ihr Leben dem Zweck widmen, der Welt die Schrecken des Atomkrieges vor Augen zu führen. Wir verschreiben uns ebenso wie sie einer Zukunft des Friedens, der Gerechtigkeit und der Sicherheit - ohne Atomwaffen und -krieg.

"Atomwaffen sind einzigartig in ihrer Zerstörungskraft, in dem unsäglichen menschlichen Leiden, das sie verursachen, und in der nicht vorhandenen Möglichkeit, ihre Auswirkungen in Raum und Zeit zu kontrollieren, im Eskalationsrisiko, das sie bergen und in der Bedrohung, die sie für die Umwelt, kommende Generationen und für das Überleben der Menschheit darstellen." Wir unterstützen nachdrücklich diese Einschätzung des Internationalen Roten Kreuzes, das dreimal für seine humanitäre Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Vor 25 Jahren haben die Anführer der zwei größten Atommächte in Genf erklärt: "Ein Atomkrieg ist nicht zu gewinnen und darf nie geführt werden."

Seitdem sind substantielle Fortschritte gemacht worden. Durch die Abkommen über Nuklearwaffen mit mittlerer Reichweite (INF), die Reduzierung der strategischen Waffen (START) sowie unilaterale und bilaterale Initiativen zu taktischen Atomwaffen wurden zehntausende Atomwaffen beseitigt. Wir begrüßen die Unterzeichnung des neuen START-Abkommens durch die USA und Rußland sowie den Konsens über den Abrüstungsaktionsplan, der von der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags 2010 angenommen wurde.

Dennoch gibt es immer noch genügend Atomwaffen, um die Welt mehrfach zu zerstören. Die Weiterverbreitung von Atomwaffen und die Möglichkeit, daß sie für Terrorakte genutzt werden könnten, geben zusätzlich Anlaß zu großer Sorge. Die Gefahr durch Atomwaffen ist mit dem Ende des Kalten Krieges nicht verschwunden.

Die Erfindung der Atomwaffen kann man nicht rückgängig machen, aber man kann und muß sie ebenso verbieten wie man chemische und biologische Waffen, Landminen und Streubomben verboten hat. Atomwaffen sollten als die inhumanste aller Bedrohungen verboten werden in Anlehnung an die Abschlußerklärung der Reviewkonferenz 2010 des Atomwaffensperrvertrags, die von neuem feststellte: "daß sich alle Staaten zu jeder Zeit an geltendes internationales Recht einschließlich des internationalen humanitären Rechts halten müssen".

Die Bemühungen, die Welt von Atomwaffen zu befreien, müssen von Maßnahmen wie der Stärkung internationalen Rechts, der Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen und des politischen Denkens begleitet werden; menschliche Bedürfnisse sowie Sicherheitserfordernisse sind zu berücksichtigen. Nukleare Abschreckung, Machtprojektion und nationales Ansehen als Argumente für den Erwerb und Besitz von Atomwaffen sind absolut nicht zeitgemäß und abzulehnen.

Wir unterstützen den Fünf-Punkte-Vorschlag des UNO-Generalsekretärs zur atomaren Abrüstung und die Vorschläge von anderer Seite, einen universellen Vertrag zu erarbeiten, der die Nutzung, Entwicklung, Produktion, Lagerung oder Weitergabe von Atomwaffen und Atomwaffentechnologie sowie -komponenten verbietet und für ihre vollständige und überprüfte Abschaffung sorgt.

• Wir rufen Regierungen, Parlamente, Bürgermeister und Bürger auf, gemeinsam mit uns zu bekräftigen, daß der Einsatz von Atomwaffen unmoralisch und illegal ist.

• Wir fordern die unverzügliche Ratifizierung des neuen START-Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland sowie Folgeverhandlungen über eine weitergehende Abrüstung aller Atomwaffentypen.

• Wir rufen alle Atommächte auf, die existierenden Arsenale deutlich zu reduzieren.

• Wir rufen die entsprechenden Regierungen auf, zügig Schritte zu unternehmen, die Vorschläge zur Realisierung der Ziele der Resolution von 1995 zum Nahen Osten umzusetzen, die laut Abschlußdokument der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags 2010 vereinbart wurden.

• Wir appellieren an China, die Vereinigten Staaten, Ägypten, den Iran, Israel und Indonesien den umfassenden Atomwaffenteststopvertrag zu ratifizieren und an Indien, Pakistan und Nordkorea, den Vertrag zu unterschreiben und zu ratifizieren, sodaß das Abkommen, das bereits von 153 Nationen ratifiziert wurde, voll in Kraft treten kann.

• Wir fordern alle Nationen auf, zusammen mit der Zivilgesellschaft einen universellen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen auszuhandeln.

Wir appellieren mit unserem Aufruf an das Gewissen, weil wir dafür sorgen wollen, daß sich die Schrecken von Hiroshima und Nagasaki niemals wiederholen, und um eine Welt zu bauen, die auf Zusammenarbeit und Frieden beruht. Wir müssen zusammenarbeiten, um zu erreichen, was gut für alle ist, praktisch, legal und notwendig: die Abschaffung der Atomwaffen.

Hiroshima, 14. November 2010


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Quelle:
Hiroshima-Erklärung zur Abschaffung der Atomwaffen, 14.11.2010
weitergeleitet von: Joseph Gerson, AFSC
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. November 2010