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PARTEIEN/107: Rede von Patrick Döring beim Dreikönigstreffen der FDP am 06. Januar 2012


fdk - freie demokratische korrespondenz -/2012 - 6. Januar 2012

REDE von PATRICK DÖRING, MdB FDP-Generalsekretär

beim Dreikönigstreffen der FDP
am 06. Januar 2012 in Stuttgart


Es gilt das gesprochene Wort!


Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freunde,

2011 war ein schwieriges Jahr für die FDP. Wir haben uns lange und sehr öffentlich mit Kontroversen innerhalb der Koalition befasst. Egal ob Steuerpolitik, Energiepolitik oder Familienpolitik - die Kontroverse bestimmte das Bild. Und der innerparteiliche Diskussionsprozess über Europa hat zwar gezeigt, dass wir Demokratie in unserer Partei leben. Aber unser wichtiger Beitrag in der Koalition wurde dadurch nicht deutlicher. Das alles lehrt eines: wer glaubt, die Bürgerinnen und Bürger interessieren sich zu allererst dafür, wer für die FDP wann und wo reden darf; wer in welcher Intensität die Parteiführung oder deren Kurs mitträgt; wer gar wen zum Rücktritt auffordert - wer glaubt, dass die Menschen das von uns erwarten, dem ist nicht mehr zu helfen!

Interne Diskussionen müssen in einer Partei sein.

Aber in der Koalition und in der Auseinandersetzung mit der Opposition, vor allem aber im Gespräch mit den Menschen muss es einzig und allein um die Bewältigung der Probleme unseres Landes gehen - und nicht um uns selbst. Wir müssen zeigen - und da schließe ich meine Person ausdrücklich ein -, dass wir aus den vergangenen zwei Jahren unsere Lehren gezogen haben. Das erwarten unsere Mitglieder vollkommen zu recht von uns. Denn sie sind es, die jeden Tag für unsere Partei eintreten. Jeden Tag, vor Ort, mit ihrem Namen, mit ihrem Ansehen. Und das erwarten auch die Menschen in diesem Land. In der Mitte unserer Gesellschaft wird zu recht erwartet, dass die liberale Partei in Deutschland sich zusammenrauft. Dass wir die Mitte verteidigt wo und wann es nur geht. Denn das ist unsere Aufgabe. Und dieser Aufgabe müssen wir uns in den kommenden zwei Jahren mit aller Kraft und Geschlossenheit stellen.


Anrede,

Ihnen muss ich es eigentlich nicht erklären. Aber an die Adresse der Grünen und der Sozialdemokraten da draußen will ich es noch einmal sagen: Den Wohlstand unseres Landes erschafft nicht der Staat. Es sind die Bürger dieses Landes, die ihn täglich erarbeiten. Deutschland ist es immer gut gegangen, wenn es auf den Fleiß und Kreativität, die Leistungsbereitschaft und den Mut der Menschen gesetzt hat. Diese Kräfte zu wecken, diese Kräfte zu stärken - das ist das Erfolgsgeheimnis der Sozialen Marktwirtschaft. Und das ist das Erfolgsgeheimnis liberaler Politik.

Deshalb wollen wir Chancen statt Verbote. Deshalb kämpfen wir für Toleranz und gute Bildung. Deshalb setzen wir auf faire Regeln für einen fairen Wettbewerb. Deshalb stehen wir für Solidarität. Wer Hilfe oder eine neue Chance braucht, der soll sie bekommen - transparent und zielgenau. Deshalb kämpfen wir auch weiter für Leistungsgerechtigkeit und den Abbau der Kalten Progression. Mit diesem Steuerwucher, mit dieser seit Jahrzehnten andauernden stillen Steuererhöhung auf Kosten der Mitte unserer Gesellschaft, muss Schluss sein.

Wir Liberale dürfen stolz darauf sein, dass wir - gegen große Widerstände - einiges getan haben, um diesen Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft mehr Geltung zu verschaffen. Die Neuverschuldung gegenüber dem Steinbrück-Plan drastisch reduziert, die Bürger um mehrere hundert Euro im Jahr entlastet, die Zahl der Arbeitsplätze auf einem Allzeithoch, zwölf Milliarden mehr für Bildung und Forschung, die Stabilitätsunion in Europa durchgekämpft - und vieles mehr!


Anrede,

Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht - aber nicht so viel, wie wir alle 2009 gehofft hatten. Das hat viele Gründe. Über einige habe ich eingangs gesprochen. Ein realistischer Blick auf die politische Landschaft in Deutschland zeigt aber auch: Die Idee der Freiheit, die vor 20 Jahren die Mauer zu Fall brachte und heute die Menschen in Russland, in Nordafrika und im Nahen Osten begeistert, ist in diesen Tagen nicht die treibende Kraft in Deutschland und Europa. Viel zu sehr regieren Angst und Miesmacherei. Die Idee der Freiheit und die Werte der Sozialen Marktwirtschaft sind heute in Gefahr! Die Sozialdemokraten und Grüne haben sich auf ihren letzten Parteitagen für?s Erste ganz aus der Mitte verabschiedet. Trittin und Gabriel singen wieder das hohe Lied der Umverteilung und der Staatswirtschaft. Die Mitte wird ausgebootet.

Aus der liberalen Gesellschaft soll ein paternalistischer Staat werden, der mit Verboten und Gesetzen alles regelt. Die Grünen haben es da zur Meisterschaft gebracht: Motorrollerverbot, Computerspielverbot, Schnäppchen-Verbot, Sonntagsfahrverbot - wenn grüne Politiker träumen, träumen sie in Verboten. Die Finanz- und Schuldenkrise der Gegenwart missbrauchen SPD und Grüne jetzt für einen neuen Anlauf für wildeste 68er Phantasien. Da werden sogar Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel einmal richtig fleißige Arbeiter: Die Grünen allein haben sich an die zwanzig Steuervorschläge ausgedacht. Keine Steuerschraube, an der da nicht gedreht wird - und von Entlastungen an anderer Stelle keine Spur!

• Mineralölsteuer rauf - Benzin, Diesel, Heizöl teurer
• Spitzensteuersatz rauf
• Ehegattensplitting weg
• Pendlerpauschale weg
• Dienstwagenbesteuerung rauf
• LKW-Maut rauf
• Unternehmensteuer rauf
• Grundsteuer rauf
• Gewerbesteuer rauf
• Kfz-Steuer rauf
• Belastung bei der Mehrwertsteuer rauf

Und beinahe genauso einfallsreich sind die Grünen bei der Erfindung neuer Steuern. Angefangen bei der legendären Tütensteuer über eine einmalige Vermögensabgabe von 100 Milliarden und eine neue Vermögensteuer, eine Steuer auf den Ressourcenverbrauch, damit das produzierende Gewerbe gleich den Geist aufgibt, eine Kerosinsteuer und, last but not least, eine Super-Steuer für die EU - zum Beispiel durch eine europäische CO2-Steuer.

Was die Grünen sich ausgedacht haben, kostet die Menschen in diesem Land wenigstens 26 Milliarden mehr bei Einkommen- und Verbrauchsteuern. Das Prinzip wird klar: Am liebsten verbieten die Grünen - und wenn das nicht geht, dann machen sie eine Steuer drauf.

Die SPD treibt es nicht ganz so wild. Aber das macht es kaum besser. So banal war sozialdemokratische Programmatik zuletzt in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Einkommensteuer rauf, Erbschaftsteuer rauf, Abgeltungssteuer rauf. 30 Milliarden will die SPD bei den Bürgern einsammeln. Beiträge zu Wirtschaftswachstum und Wettbewerb, für neue Chancen und neue Technologien - Fehlanzeige! Und gleichzeitig wendet man sich mit großem Getöse von den eigenen Beschlüssen aus elf Jahren Regierungsbeteiligung ab. Zuletzt von der Rente mit 67. Für ein paar schöne Schlagzeilen nimmt die Sozialdemokratie sehenden Auges in Kauf, dass unser Rentensystem in Zukunft teurer und instabiler wird. Da müssen wir dagegen halten. Gerade weil unser Koalitionspartner an dieser Stelle leichte Schwächeanfälle zeigt.


Anrede,

Politik nach Schema Rot-Grün, das heißt: Erst dem Bürger, dem Mittelstand das Geld nehmen - und es dann mit vollen Händen ausgeben. Die rot-grünen Luftschlösser und Traumlofts sind auf dem Papier der Parteitagsbeschlüsse bereits zu besichtigen! Winfried Kretschmann hat recht, wenn er von einer Steuererhöhungsorgie spricht. Allerdings: Höhere Steuern und höhere Schulden, das gibt es jetzt auch mit Grün-Rot in Baden-Württemberg! Die Grünen machen sich jetzt auf, dieses Land umzuerziehen. Die Politik, erklären sie, die Politik muss eine "übergreifende Transformationsstrategie" entwickeln und der Wirtschaft den richtigen Weg weisen. Auf Deutsch heißt das: Grüne Planwirtschaft statt sozialer Marktwirtschaft! Das alles kostet erst Ihr Geld und dann Ihren Arbeitsplatz!

Deshalb gilt: Mit diesem Kurs, der unser Land gefährdet, dürfen Gabriel und Trittin in Deutschland keine Verantwortung bekommen. Das gilt auch und ganz besonders im Hinblick auf Europa. Denn SPD und Grüne tragen Verantwortung für die Krisen von heute. Es war die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer, die die Finanzmärkte liberalisiert hat - und unsere Warnungen in den Wind schlug, gleichzeitig die Finanzmarktaufsicht zu stärken.

Rot-Grün hat Griechenland in den Euro geholt. Und Rot-Grün hat die Aufweichung des Stabilitätspaktes betrieben. "Auf das Defizitverfahren kann verzichtet werden", befand Kanzler Schröder damals. Damit hat er die Verschuldungsspirale richtig in Schwung gesetzt. SPD und Grüne haben aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Sie setzen nicht auf Wachstum und Eigenverantwortung in Europa. Stattdessen wollen sie Eurobonds, wollen sie die Schuldenunion. Die Grünen haben auf ihrem Parteitag sogar beschlossen, dass die EU gegen Deutschland und andere Staaten mit Exportüberschüssen Sanktionen verhängen soll! Damit wird die Selbstgeißelung Deutschlands zum Prinzip grüner Europapolitik! Es ist doch ein Irrsinn zu glauben, Europa werde stärker, wenn wir uns schwächer machten! Das Gegenteil ist richtig: Die anderen müssen stärker, besser werden, damit wir gemeinsam im Wettbewerb mit den aufstrebenden Nationen Asiens und Südamerikas bestehen können!


Anrede,

Wir wollen dieses Land im Geist der Sozialen Marktwirtschaft an der Spitze halten. Gemeinsam mit der Union. Denn es bleibt dabei: Inhaltlich und persönlich steht uns die Union in vielen Punkten am nächsten. Aber, auch das gehört zur Wirklichkeit: Wir erleben immer wieder, dass Vertreter der Union sich von Positionen verabschieden, die wir vor gar nicht langer Zeit noch für unverrückbar gehalten haben. Dass wir mit der Union einmal unterschiedliche Auffassungen zu Mindestlöhnen, Energiepreisentwicklung und Frauenquote vertreten würden - wer hätte das gedacht!

Wir Liberale haben viel Kraft und Energie darauf verwenden müssen, hier Entwicklungen zu verhindern, die wir nicht für vertretbar gehalten haben - und die oft nicht mit dem Koalitionsvertrag im Einklang stehen. Wir sind ein starkes und wichtiges Korrektiv. Und wir werden auch weiterhin das Land auf einem Kurs der Mitte halten.


Anrede,

aber jetzt zählt der Blick nach vorn. Denn es gibt viel zu tun! Wir müssen den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft auf den Finanzmärkten stärker Geltung verschaffen. Mit der Bankenabgabe, dem Restrukturierungsgesetz, dem Verbot von Leerverkäufen, strengen Eigenkapitalvorschriften ist ein guter Anfang gemacht! Aber wir müssen international weiter kommen. Mit nationalen Alleingängen ist das nicht zu schaffen. Da muss Deutschland weiterhin der Treiber sein - und wir der Treiber in der Bundesregierung.

Wir brauchen solide Staatshaushalte. Da haben wir in den vergangenen zwei Jahren bereits manches erreicht. Aber wir müssen weiter gehen, weiter denken: 1996 haben wir mit der Idee der Schuldenbremse Neuland betreten haben. Heute steht sie im Grundgesetz! So wie damals müssen wir auch jetzt vorangehen. Ich will, dass wir den Schuldenberg abbauen, dass unsere Enkel irgendwann ohne Schulden leben können. Das ist eine Aufgabe für Generationen, keine Frage. Aber diese Debatte muss und wird die FDP auch mit ihrem Grundsatzprogramm vorantreiben.

Wir Liberale verhindern, dass, um es mit Thomas Mann zu sagen, die Freiheit an ihrer Verteidigung stirbt. Wir haben im Internet das Prinzip "löschen statt sperren" durchgesetzt. Wir überprüfen die Terrorismusgesetze auf ihre Wirksamkeit. Wir arbeiten für Lösungen mit Augenmaß bei der Vorratsdatenspeicherung. Und in diesem Geist werden wir weiter arbeiten. Im Zweifel für die Bürgerrechte. Im Zweifel für die Freiheit!

Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Wir drängen niemandem ein Lebensmodell auf. Aber wer sich in Arbeit und Familie selbst verwirklichen will, der muss dazu die Möglichkeit haben. Denn Soziale Marktwirtschaft, das heißt eben: Den Menschen Chancen geben, sich und ihre Fähigkeiten zu entfalten!

Wir werden denen eine Stimme geben, die auch in Zukunft Wachstum wollen, die technischem Fortschritt und den Ausbau unserer Infrastruktur gut finden. Dazu gehört weniger Bürokratie, eine bessere Einbindung der Bürger und eine schnelle und transparentere Planung und frühzeitige Bürgerbeteiligung. Das grüne Prinzip erst meckern, klagen, protestieren und dann unter Wehklagen bauen - dieses Prinzip hat keine Zukunft. Aber wem sage ich das hier in Stuttgart! Zu diesen Zielen stehen wir! So wollen wir die Mitte stärken - und damit die Wachstumskräfte in unserem Land. Wir wollen Wachstum und Wettbewerb damit wir unseren Wohlstand erhalten und mehren. Und damit alle Deutschen mehr Chancen haben. Das ist das Soziale an der Sozialen Marktwirtschaft. Und dafür steht in dieser Klarheit in Deutschland nur die FDP.


Anrede,

Die FDP verkörpert mit ihrer inneren Haltung zentrale Werte unserer Republik. Wir stehen für die republikanische Idee. Freiheit, Recht und Toleranz - das sind nicht nur liberale, das sind auch deutsche Werte! Und mit dieser klaren Haltung, mit dieser klaren Linie werden wir weiter Verantwortung für Deutschland übernehmen! Um Deutschland auf diesem Kurs der Mitte zu halten, müssen wir geschlossen und entschlossen sein. Einige Schlachten werden wir verlieren, andere werden wir gewinnen. Doch entscheidend ist, dass es noch eine politische Kraft gibt, die für liberale Werte und die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft eintritt. Wenn wir nicht wären, würde niemand diese Auseinandersetzung führen. Und das macht jeden Erfolg, den wir erringen, umso wertvoller!

Ich blicke nicht zurück - ich rufe Ihnen zu: Volle Kraft voraus!
Für eine starke Mitte.
Für ein starkes Land mit starken Menschen.
Für Wachstum und Wohlstand.
Als einzige liberale Partei in Deutschland.

Vielen Dank!


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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2012